Alle Storys
Folgen
Keine Story von Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung mehr verpassen.

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Das gefährliche Schweigen des Westens zu Afrin - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Die türkische Armee hat die kurdische Stadt Afrin im Nordwesten Syriens erobert. Hunderte Zivilisten sind bei den Dauerbombardements ums Leben gekommen. Hunderttausende sind geflohen, ausgerechnet in ein Gebiet, das vom syrischen Regime kontrolliert wird. Die islamistischen Verbündeten Ankaras morden, foltern, plündern und bedrohen Minderheiten. Das alles geschieht mit stillschweigender Billigung westlicher Regierungen, auch der deutschen.

Der Westen hat abgewägt zwischen der Loyalität zu den Kurden, die engste Partner im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) waren, und der Angst, die Türkei könnte aus dem Verbund der Nato ausscheren oder den Flüchtlingsdeal aufkündigen. Die Kurden haben bei dieser Abwägung den Kürzeren gezogen. Sie wurden im Stich gelassen, wie so häufig in ihrer Geschichte.

Dieser Verrat wird sich rächen. Die islamistischen Banden, die jetzt in den ehemals säkularen Kurdengebieten ungestört ihr Unwesen treiben, können die Keimzelle für neue Terrorgruppen sein. Im Südosten Syriens haben die Kurden wegen des türkischen Angriffs auf Afrin den Kampf gegen die Reste des IS eingestellt. Die Dschihadisten haben eine Atempause bekommen, können sich neu organisieren und Pläne gegen den Westen schmieden.

Die Türkei führt, das hat auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kritisch angemerkt, einen Angriffskrieg, der nicht mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen ist. Dabei kommen Panzer aus deutscher Produktion zum Einsatz. In Deutschland können Ditib-Gemeinden ungestraft Kriegspropaganda für Ankara betreiben.

Unter in Deutschland lebenden Kurden wächst deswegen ohnmächtige Wut. Noch sind wir von Szenarien wie in den 1990er-Jahren, als sich Menschen verbrannten und Autobahnen gesperrt wurden, weit entfernt. Zwar gibt es Anschlagsdrohungen kurdischer Jugendorganisationen. Kurdische Dachverbände, auch solche, die der PKK nahe stehen, rufen aber zum gewaltfreien Protest auf.

Es ist offen, was passiert, wenn Erdogan seinen Feldzug gegen die Kurden in Syrien wie angekündigt fortsetzt. Gewalt darf niemals ein Mittel demokratischer Auseinandersetzungen sein. Wenn aber der Kurdenkonflikt auf deutschen Straßen ausgetragen werden sollte, wäre das auch dem Schweigen demokratisch gewählter Regierungen zu den Verbrechen eines autoritären Regimes geschuldet.

Das Mindeste, was Berlin tun müsste, wäre, sämtliche Rüstungsexporte und -genehmigungen einzustellen. Ankara müsste mit Sanktionen belegt, die EU-Beitrittsverhandlungen beendet werden. Nichts von alldem geschieht. Für die Glaubwürdigkeit des Westens ist das eine Bankrotterklärung. Wenn demnächst eine westliche Regierung das Vorgehen beispielsweise Russlands in der Ukraine oder in Syrien kritisiert, muss sie sich nicht wundern, wenn sie nur Spott erntet.

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original-Content von: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 11.03.2018 – 17:55

    NRZ: Lufthansa-Rückzug aus Düsseldorf

    Essen (ots) - Lufthansa zieht sich aus Düsseldorf zurück. Boden- und Kabinen-Personal wird seit Jahren reduziert. Jetzt wurde den 400 verbliebenen Mitarbeitern des fliegenden Personals mitgeteilt, dass die Station im Winterflugplan 2018/2019 geschlossen wird. Das berichtet die "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung" (NRZ, Montagsausgabe). Grund sei die strategische Entscheidung der Lufthansa zur Konzentration auf die Drehkreuze ...

  • 08.03.2018 – 17:16

    NRZ: Gabriel: Der Chef mit zwei Seiten - von MANFRED LACHNIET

    Essen (ots) - Viele kennen das aus der Arbeitswelt: Der Chef wirkt nach außen klug und sympathisch. Aber in der Firma selbst leiden die Mitarbeiter unter seinen Allüren, da ist er ein ganz anderer Mensch. So ähnlich ist das auch mit Sigmar Gabriel und der SPD. Tatsächlich ist der Niedersachse ein großes politisches Talent. Er hat ein gutes Gespür, wann welche Themen die Menschen berühren. Er hat viel Gutes bewirkt, ...

  • 04.03.2018 – 09:52

    NRZ: Gut für Merkel, ungewiss für die SPD - von MANFRED LACHNIET

    Essen (ots) - Abstimmung gut, alles gut? Mit 66 Prozent Zustimmung durch die SPD-Mitglieder hätte man noch vor wenigen Tagen nicht rechnen können. Ganz offensichtlich hat es sich ausgezahlt, dass Nahles, Groschek und Co. in den letzten Tagen unermüdlich diskutiert und argumentiert haben. Reden hilft. Die GroKo-Befürworter haben ihre Partei überzeugt; man könnte ...