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WAZ: Kongresswahlen in den USA: Ende der Alleinherrschaft - Kommentar von Markus Günther

Essen (ots)

Am Tag nach der Präsidentschaftswahl 2004 verkündete
George W. Bush stolz, er habe mit seiner Wiederwahl noch einmal 
kräftig "politisches Kapital gewonnen". Das war schon damals nicht 
ganz richtig, denn in erster Linie hatte Bush seine zweite Amtszeit 
einem schwachen Gegenkandidaten und einer desorientierten Opposition 
zu verdanken. Doch auch wenn es dieses Kapital gegeben hat, so ist es
spätestens jetzt verbraucht, und der Präsident steht zwei Jahre vor 
dem Ende seiner Amtszeit im Weißen Haus vor dem politischen Bankrott.
Denn natürlich war die Kongresswahl ein Votum gegen Bush und seine 
Politik. Er ist der überragende Verlierer dieser Wahl.
Rumsfeld gleich tags darauf hinauszuwerfen, kann von Bushs 
Niederlage nicht ablenken, aber es war unter diesen Umständen eine 
logische Konsequenz: Wenn es für Bush überhaupt noch einmal einen 
Neuanfang geben soll, muss er jetzt rasch handeln. Außerdem kann man 
nun im Nachhinein noch leichter allein Rumsfeld die Schuld für das 
Debakel im Irak anheften.
Den Demokraten ist es gelungen, die Parlamentswahlen auf eine 
Frage zu reduzieren: Weiter so im Irak? "Nein", lautete die Antwort 
der Wähler. Nach dreieinhalb Jahren Krieg, nach immer neuen Verlusten
und den immer alten Durchhalteparolen des Präsidenten hat eine 
Mehrheit ganz einfach die Nase voll. Der Wunsch nach einem 
Kurswechsel im Irak war wahlentscheidend. Sogar republikanische 
Stammwähler in erzkonservativen Bundesstaaten waren bereit, 
ausnahmsweise einmal die Demokraten zu wählen. Seit dem 
Watergate-Skandal, so Meinungsforscher, gab es keine vergleichbar 
aggressive Stimmung gegen einen Präsidenten und eine Partei, wie sie 
jetzt Bush und den Republikanern entgegen schlug.
Doch einen radikalen Politikwechsel wollten die amerikanischen 
Wähler nicht. Trotz der aggressiven Anti-Bush-Stimmung blieben viele 
linke Oppositionskandidaten erfolglos. Gemäßigte Demokraten, die oft 
erstaunlich konservative Töne angeschlagen haben, setzten sich 
dagegen vielfach durch. Damit deutet sich eine Tendenz für künftige 
Wahlen an: Die Demokraten werden sich im nächsten 
Präsidentschaftswahlkampf nicht am linken Gegenentwurf abarbeiten, 
sondern die politische Mitte neu besetzen, die freilich, was für uns 
Deutsche nicht leicht zu verstehen ist, in den USA ein gutes Stück 
weiter rechts liegt: Patriotismus bleibt wichtiger als Pazifismus, 
Amerika bleibt ein religiöses Land, und der Irak-Krieg bleibt in 
dieser Perspektive auch rückblickend legitim, nur soll er siegreich 
beendet werden.

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