Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Debatten über Zigarettenverbot und Tabaksteuer: Geld oder Gesundheit
Kommentar von Stefan Schulte
Essen (ots)
Politik kann so einfach sein. Für manche Unions-Gesundheitsexperten ist klar: Zigaretten sind ungesund, also gehören sie verboten.
Die Prognose sei erlaubt, dass die Umsetzung dieser Idee nicht ganz so leicht fallen dürfte wie ihre mit Wortgewalt (Mordinstrumente) erkaufte Verbreitung via Boulevardpresse. Auch kommt ein CDU- Hinterbänkler in Brüssel in der Regel nicht in die Verlegenheit, neben sich auch seinen Wortbeitrag selbst verwirklichen zu müssen.
Eine Debatte darüber lohnt etwa so sehr wie die über ein Verbot von Bier, Kaffee und anderen Volksdrogen. Ärgerlich ist nur, dass über dieses Geplapper ein ernstes Problem in den Hintergrund gerät: Die Industrie verpasst den Zigaretten neben Tabak dutzende Zusatzstoffe, deren Wirkung sie aus naheliegenden Gründen nicht erforscht hat. Was sie sich von Lakritz und Honigaromen erhofft, ist indes klar: Die Raucher sollen bei der Stange bleiben.
Hat die Politik Erkenntnisse, dass solche Stoffe Krebs erregend sind, muss sie diese verbieten. Doch bei aller Aufregung bewahre man bitte die Relationen: Dass Zigaretten süchtig machen und alles andere als gesund sind, dürften die meisten Raucher schon länger geahnt haben.
Mit den Nebenwirkungen der Zigaretten rechtfertigt der Staat ihre Besteuerung. Etwa 14 Milliarden sind es jährlich, und fest verplant. Hier liegt das eigentliche Konfliktfeld, wie der Streit über die jüngste Tabaksteuer-Erhöhung zeigt. Da jubelt die Gesundheitsministerin, dass weniger gequalmt wird der Finanzminister aber grämt sich, weil ihm Einnahmen fehlen. Absurd.
Schon wollen Haushaltspolitiker die zum 1. September geplante letzte Erhöhung um 1,2 Cent je Zigarette kippen. Dabei ist ihr Argument, dass dann nur noch mehr Raucher auf billigen Feinschnitt umsteigen, ja nicht falsch. Die Konsequenz daraus kann aber nur sein, losen Tabak ähnlich zu besteuern wie in Hülsen gestopften.
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