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WAZ: Merkel trifft Putin: Schwierige Verständigung - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Weil Wladimir Putin die westlichen Tischmanieren
durchaus beherrscht und nur selten absichtsvoll verletzt, tritt er im
dunklen Staatsanzug auf und sagt artige Sätze. Seine Muskeln hat er 
der Welt bereits veranschaulicht, auf Fotos, die ihn mit bloßem 
Oberkörper und Gewehr zeigen, sowie in markigen Reden. Die höflichen 
Botschaften des russischen Präsidenten könnte man mit Untertiteln 
versehen. Er wisse gar nicht, was es im deutsch-russischen Verhältnis
zu verbessern gäbe. (Untertitel: Wirtschaftsbeziehungen reichen 
vollkommen aus. Der Rest geht euch nichts an.) Auch nach dem 
Machtwechsel werde Kontinuität aufrechterhalten. (Ich werde 
Ministerpräsident oder bleibe anderweitig an der Macht.) Dem Iran 
könne man keine Angst einjagen. (Mir auch nicht.)
Politische Verständigung im deutschen Sinne ist derzeit nicht 
möglich, woraus Angela Merkel die Konsequenz zieht: Man spricht 
wirtschaftlich. Jenseits aller Bekenntnisse zur Bedeutung der 
strategischen Partnerschaft hat die Kanzlerin die Wahrheit an einer 
Stelle benannt. "Das Herzstück unserer Zusammenarbeit ist die 
wirtschaftliche Zusammenarbeit." Das wird schön illustriert durch den
Kaufvertrag, mit dem Eon die Mehrheit am russischen Stromerzeuger 
OGK-4 übernimmt.
Dass Europa und Russland sich wirtschaftlich enger verflechten 
und zugleich politisch auseinanderstreben, erregt im Westen 
Besorgnis. Putins Machtbewusstsein stützt sich dabei nicht allein auf
den Reichtum des russischen Bodens, sondern auch auf das Bewusstsein,
dass man sein Land für die Lösung internationaler Konflikte benötigt.
Bei aller Besorgnis aber muss Europa sich eingestehen, dass es seinen
Einfluss auf das Riesenreich weit überschätzt hat. Auch daher rührt 
ein Teil der Enttäuschung über die Entwicklung in Russland. Um die 
richtige Relation zu finden, muss man fragen, welchen Einfluss Europa
etwa auf die USA, auf China oder Indien ausübt.
Putin hat in der Vergangenheit in zuweilen grober Ausdrucksweise 
erklärt, dass Russland auf der Weltmachtbühne mitzuspielen gedenkt, 
und dass man von Provokationen besser absehen sollte. Wenn Merkel in 
Russland über Menschenrechte spricht oder zu Chinas Ärger den Dalai 
Lama empfängt, kommt das zwar im Inland gut an, aber nicht immer 
profitiert das diplomatische Außengeschäft davon, wie Peking gerade 
demonstriert. Die Kanzlerin hat auf öffentliche Kritik an Putins 
Demokratievorstellungen diesmal verzichtet, möglicherweise mit dem 
Blick auf die Konfliktfelder Iran und Kosovo.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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