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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

In frühkindlicher Erziehung werden entscheidende Weichen gestellt Landesbischöfin Margot Käßmann beim "Bündnis für Erziehung"

Hannover (ots)

Die Gesellschaft müsse klären, zu welchen Werten
die Kinder erzogen werden. Dies machte Landesbischöfin Margot Käßmann
am Donnerstag, 20. April, in Berlin vor Journalisten deutlich. Die 
Bischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers nahm 
für den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an einem 
ersten Gespräch des "Bündnisses für Erziehung" teil. Zusammen mit dem
Erzbischof von Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky und 
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat sie Motive, Ziele 
und weitere Schritte vorgestellt.
Wörtlich erklärte Landesbischöfin Margot Käßmann bei der 
Pressekonferenz:
Statement bei der Pressekonferenz anlässlich des
Bündnisses für Erziehung
Berlin, 20. April 2006
Die Evangelische Kirche in Deutschland beteiligt sich mit 
Engagement am Bündnis für Erziehung, weil wir überzeugt sind, dass in
der frühkindlichen Erziehung entscheidende Weichen gestellt werden. 
Unsere Werte und die Orientierungsleistung des christlichen Glaubens 
wollen wir gern in dieses Bündnis einbringen.
Dass Kinder nicht nur als Objekte unseres Handelns gesehen werden,
auch nicht als bloße Rentensicherung oder in ihrer Bedeutung für die 
Sozialsysteme, ist für mich entscheidend. Es ist ein Trauerspiel, 
wenn Kinder nur noch als Last und Kostenfaktor berechnet werden. Sie 
sind für mich ein Geschenk Gottes. Es ist ein Segen, mit Kindern 
leben zu dürfen und eine große Verantwortung, sie zu erziehen. Sie 
sind und bleiben Subjekte, mit ihrem ganz eigenen Recht, ihrer 
eigenen Würde und Bedeutung. Im Evangelium ist das angesprochen: 
"Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...".
Vielerorts wird dieser Tage heftig über Gewalt an Schulen 
diskutiert. Der Brief der Rütli-Schule hier in Berlin hat dazu 
traurigen Anlass gegeben. Und es hagelt nur so Lösungsvorschläge von 
pädagogischen Maßnahmen bis zur Ausweisung aus Deutschland. Fast 
scheint es, als wären die Schulen in Deutschland Orte der Gewalt in 
einer ansonsten friedlichen Welt.
Das aber ist ein Irrtum. Zuallererst wird Gewalt in der Familie 
erfahren und gelernt. Wie sind denn diese Jugendlichen aufgewachsen, 
die da prügeln und Pornos auf dem Handy verschicken, die keine 
Grenzen und keinen Respekt kennen und bei alledem ihre eigene Zukunft
verspielen?
In den ersten drei Lebensjahren werden entscheidende Weichen für 
die Beziehungsfähigkeit gestellt. Da lernen Kinder den Umgang von 
Menschen miteinander: Zuwendung und Geborgenheit, Rücksichtnahme und 
Achtung vor dem anderen. Sie lernen Grenzen anzuerkennen und dass 
ihre eigene Verletzbarkeit eine Bedeutung in der Familie hat. Oder 
sie lernen es eben nicht und erfahren gar nicht, dass sie eine eigene
Würde haben. Ihre Gefühle und Empfindsamkeiten werden mit Füßen 
getreten. Das wirkt sich dann dramatisch in ihrem Verhalten gegenüber
anderen aus.
Vom dritten bis sechsten Lebensjahr nimmt das Lernen dann einen 
entscheidenden Platz ein. Wenn Kinder in dieser Zeit nicht gefördert 
werden, keine Anregungen erfahren, wird keine Neugier am Lernen 
geweckt.
Deshalb muss die Lösung der Probleme viel früher ansetzen als in 
der Schule. Junge Eltern brauchen Hilfe und Unterstützung. Ihnen muss
klar werden, dass ihre Kinder anderen nur Respekt und Achtung 
entgegenbringen, wenn sie das selbst durch ihre Eltern erfahren. Wir 
müssen Eltern Angebote machen und sie ermutigen, solche Angebote auch
wahrzunehmen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen 
von Engagement! Horte und Kindertagesstätten könnten Orte werden, an 
denen Erziehungsberatung geleistet wird. Wir brauchen in der Tat ein 
Bündnis für Erziehung! Die nachwachsende Generation sollte uns jede 
Investition wert sein. Auch damit an Schulen wieder gelernt werden 
kann. Denn wir überfrachten die Schulen, wenn wir ihnen nicht nur die
Bildungs- sondern auch noch die Erziehungsaufgabe zumuten.
Zu welchen Werten aber erziehen wir unsere Kinder? Das müssen wir 
als Gesellschaft klären, auch um deutlich zu machen, in welche 
Gemeinschaft, mit welchen Grundüberzeugungen wir Zuwanderer 
integrieren wollen. Die Antwort des Christen, der Christin lautet 
zuallererst: es geht um Gottvertrauen, Nächstenliebe und 
Verantwortung. In der Weitergabe des Glaubens werden auch Werte und 
Lebenshaltung vermittelt. Ich denke etwa das höchste Gebot "Du sollst
Gott über alle Dinge lieben und deinen Nächsten wie dich selbst". 
Auch die 10 Gebote sind für uns auch heute ein guter Leitfaden für 
Erziehung, für Nächstenliebe, Respekt vor der Würde des anderen und 
Achtung von Grenzen.
Mir liegt viel an Tageseinrichtungen für Kinder in kirchlicher 
Trägerschaft, eben weil sie Werte, Tradition und Glauben vermitteln. 
Hier lernen Kinder beten und singen, sie lernen die Geschichten und 
Rituale des christlichen Glaubens kennen und eine Lebenshaltung, die 
andere Menschen und die Schöpfung achtet. Sie tragen so zu einer 
ganzheitlichen Erziehung zu Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit bei und 
dienen damit letzten Endes auch einer Kultur des Friedens. Dies muss 
sich gerade unter den multikulturellen und multireligiösen 
Bedingungen der Gegenwart zeigen und bewähren. Die Zukunft von Kirche
und Gesellschaft wird auch von der Nachhaltigkeit der 
Bildungsprozesse abhängen, die sich täglich in den rund 9.000 
evangelischen Kindertagesstätten ereignen. In ihnen arbeiten etwa 
61.000 Menschen, und es tummeln sich darin mehr als 540.000 zur 
Bildung fähige und Bildung erwartende Kinder. Zu ihrer Konzeption hat
der Rat der EKD 2004 unter dem Titel "Wo Glaube wächst und Leben sich
entfaltet. Der Auftrag evangelischer Kindertagesstätten" seine 
grundsätzlichen Überlegungen zusammengefasst.
Hannover/Berlin, 20. April 2006
Pressestelle der EKD
Christof Vetter / Silke Fauzi
Evangelische Kirche in Deutschland
Hans-Christof Vetter
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail:  christof.vetter@ekd.de

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