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Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: Streit um die Zukunft der Renten

Cottbus (ots)

Die Rechnung ist einfach und überschaubar: Vor 40
Jahren kam in Deutschland ein Rentner auf fünf Beitragszahler. Im
Jahr 2030 werden einem Ruheständler nur noch zwei Beitragszahler
gegenüber stehen. Wer sich die dramatische Alterung unserer
Gesellschaft vor Augen führt, kann nur zu dem Schluss kommen, dass
Veränderungen in der Sozialversicherung unausweichlich sind.
Gleichwohl tut sich die Politik immer noch schwer damit. Über
Jahrzehnte galt der deutsche Sozialstaat weltweit als Vorbild. Seit
die Konjunktur im Keller ist und eine düstere Wachstumsprognose die
andere jagt, stößt das Vorbild an Grenzen. Alle Bundeskabinette, ganz
gleich ob rot oder schwarz dominiert, reagierten darauf nur mit
Flickschusterei. Welche Partei mochte es sich schon mit den Senioren
verderben? Arbeitsminister Norbert Blüm erhöhte die Mehrwertsteuer,
um den Zuwachs in die Rentenkasse zu leiten. Rot-Grün sattelte noch
die Ökosteuer drauf. Doch genützt hat es nichts. Im Gegenteil. Der
Geldregen milderte eher den Reformdruck anstatt ihn zu beflügeln.
Andererseits haben sich die Arbeitskosten in einem Maße verteuert,
das jedes Jobwunder in weite Ferne rücken lässt. Umso bitterer
scheint nun die Ankunft in der Realität zu sein. Am Wochenende hat
die Regierung einen Vorgeschmack darauf gegeben. Für das Jahr 2004
zog sie bei den Rentnern die Notbremse: Nullrunde, höhere
Pflegebeiträge, Auflösung der Rentenreserve, noch mehr Schulden - ein
hoher Preis, um den Beitragssatz wenigstens noch weitere 14 Monate
stabil bei 19,5 Prozent zu halten. Was danach kommt, ist ungewiss.
Denn die langfristig ins Auge gefassten Maßnahmen folgen eher dem
politischen Muster der Vergangenheit: Irgendwie wursteln wir uns
schon durch. Sicher, mit einem zusätzlichen Kürzungsfaktor sollen die
Rentenzuwächse ab 2005 weiter beschnitten werden. Doch wegen der
geringen Lohnerhöhungen fällt das Plus bei den Altersbezügen ohnehin
schon dürftig aus. Die Nullrunde im kommenden Jahr spart gerade eine
Milliarde Euro. Dass der "Nachhaltigkeitsfaktor" die Lohnnebenkosten
langfristig stabilisiert, ist daher ziemlich zweifelhaft. Eine
Entscheidung über die von Rürup angeregte Rente mit 67 verschiebt
Rot-Grün dagegen auf den St. Nimmerleinstag. Aus Angst vor dem
Volkszorn. Auch das hat mit verlässlicher Rentenpolitik wenig zu tun.
Wäre bereits klar, dass die Anhebung der Altersgrenze schrittweise ab
dem Jahr 2011 greift, dann könnten sich die Betroffenen schon jetzt
mit einer stärkeren privaten Vorsorge darauf einrichten. Auf lange
Sicht ist ein späterer Rentenbeginn jedenfalls unumgänglich. Das
größte Manko besteht freilich darin, dass sich Rot-Grün nicht um die
Systemfrage schert. Die steigenden Kosten für die Altersversorgung
können weder wegdiskutiert noch weg reformiert werden. Auch den
Rentenabschmelzungen sind Grenzen gesetzt. Was hätte die heutige
Rentenversicherung noch für einen Sinn, wenn ihre Leistungen in 30
Jahren höchstens auf Sozialhilfeniveau liegen würden? Es muss ja
nicht das Kopfpauschalenmodell der CDU sein. Der verbissene Kampf um
die zwei Eichel-Milliarden im jüngsten Rentenstreit sollte die Union
nachdenklich stimmen. Bei ihrem Umverteilungsmodell wären deutlich
höhere Beträge aus dem Steuertopf erforderlich. Über die Einfrierung
des Arbeitgeberbeitrages sollte auch in der Rentenversicherung
nachgedacht werden. Sonst geht die Flickschusterei munter weiter.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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