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Lausitzer Rundschau: Vertrauen und Kontrolle Zum Freispruch im Totschlagverfahren am Landgericht Cottbus

Cottbus (ots)

Wenn sich Richter von der Schuld oder Unschuld eines Angeklagten ein Bild machen, sind sie oft auf Gutachten angewiesen. Besonders dann, wenn es um komplizierte Sachverhalte geht und es keine unmittelbaren Tatzeugen gibt. Dann kann von Gutachten das Schicksal eines Angeklagten abhängen. Denn Richter sind Juristen und keine Experten zum Beispiel für Rechtsmedizin. Was Sachverständige ihnen als erwiesene Tatsachen vorlegen, darauf müssen sie sich verlassen können. Die Verantwortung, die auf Gutachtern lastet, ist deshalb sehr groß. Dass Gutachter unfehlbar sind, wird niemand von ihnen verlangen, wohl aber, dass sie mit höchster Gewissenhaftigkeit arbeiten. Bei der Untersuchung des Todes einer Frau aus Finsterwalde im Frühjahr 2009 ist das aber offenbar nicht geschehen. Wenn sich wie hier herausstellt, dass eine laut rechtsmedizinischen Leitlinien vorgeschriebene Untersuchung nicht stattfand, wenn sich Präparate für die feingewebliche Untersuchung im Nachhinein als unbrauchbar erweisen, dann weckt das erhebliche Zweifel an der nötigen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit der Expertise. Und es wirft die Frage nach der Ursache dafür auf. Ist die Gerichtsmedizin in Brandenburg mit Personal in ausreichender Zahl und ausreichender Qualifizierung ausgestattet? Wie steht es um die interne Qualitätskontrolle in diesem wichtigen Landesinstitut? Übergeordneter Dienstherr ist das Gesundheitsministerium. Jeder Bürger kann morgen schon unter den Verdacht einer schweren Straftat geraten. Er muss dann darauf vertrauen können, dass Gutachter nicht pfuschen. Ebenso müssen Angehörige von Opfern Gewissheit haben, dass Täter nicht ungeschoren davonkommen, weil Rechtsmediziner oder andere Sachverständige ihren Job nicht richtig erledigt haben. Beruhigend an diesem Fall ist jedoch, dass er gleichzeitig die funktionierende Kontrolle des mehrstufigen Rechtssystems unter Beweis gestellt hat. Der Bundesgerichtshof hat die Schwachstellen in dem ersten Urteil erkannt und es aufgehoben. Was jedoch auch der jetzt erfolgte Freispruch des Angeklagten nicht mehr heilen kann, ist die Tatsache, dass Untersuchungshaft und zwei Prozesse sein Leben nachdrücklich beschädigt haben. Die dunklen Haare des nicht vorbestraften Mannes sind in diesen vier Jahren weiß geworden. Für die Angehörigen der Toten endete der Prozess ohne eine klare Antwort auf die für sie sicher wichtigste Frage, die nach den genauen Umständen ihres Sterbens. Eine sorgfältigere rechtsmedizinische Untersuchung hätte ihnen diese Antwort vielleicht geben können.

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