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Lausitzer Rundschau: Der Merkel-Dackel Zu den Ergebnissen des Koalitionsgipfels

Cottbus (ots)

In Autos gab es früher den Wackeldackel. Das Hartplastiktier lag fest auf der Hutablage. Die beweglichen Teile, der Kopf und bei einigen Ausführungen auch der Schwanz, wackelten mit dem Auf und Ab des Fahrzeugs. Lustig. Bei der schwarz-gelben Koalition ist es andersherum. Da wackelt der Schwanz mit dem Hund. Diese Regierung ist der "Merkel-Dackel". Die kleinen Parteien, CSU und FDP, regieren die große. Nicht lustig. Das schlimmste Beispiel dafür ist das am Sonntag beschlossene Betreuungsgeld: Es widerspricht klar der modernen Familienpolitik der CDU. Es widerspricht auch der modernen Bildungs- und Integrationspolitik Angela Merkels und ihrer Partei. Statt das aber intern mit der kleinen Schwesterpartei auszufechten, kommt es nun doch. Weil sich niemand traut, einer CSU, die sich darin inzwischen regelrecht verrannt hat, ein Jahr vor ihrer wichtigen Landtagswahl zu widersprechen. Der Schwanz wedelt mit dem Hund. Beispiel Praxisgebühr: Natürlich, sie hat ihre Lenkungswirkung verfehlt. Aber wenn sie nun sang- und klanglos abgeschafft wird, so ganz ohne Ersatz, dann ist das bloß ein Geschenk an die FDP. Die will ihre Ärzte gerne von den Bürokratiekosten entlasten und ebenso gerne bei den Patienten mit dieser Gabe glänzen. Wie man aber von durchschnittlich über 18 Arztbesuchen pro Jahr und Patient auf erträglichere Zahlen herunterkommt, um die Kosten zu dämpfen, das interessiert offenbar niemanden mehr. Schwanz und Hund. Beispiel Rente: Was da beschlossen wurde, gibt in einem komplizierten Verfahren etwa 35 000 Menschen in Deutschland, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, etwa zehn bis 15Euro im Monat zusätzlich. Das soll sich Bekämpfung der Altersarmut nennen? Das soll der von den CDU-Frauen geforderte Ausgleich für das Betreuungsgeld sein? Es ist lächerlich. All die wirklich wichtigen offenen Probleme der Alterssicherung, von der Anerkennung der Kindererziehungszeiten bis zur Einführung einer allgemeinen Lohnuntergrenze, bleiben ungelöst. Der Ablauf dieses Gipfels war symptomatisch für die komplette bisherige Legislaturperiode: Erst wochenlanges öffentliches Gezerre statt stille, lösungsorientierte Politik. Dann eine lange Nacht der Messer, mit dem üblichen Poker und mit einer wie immer moderierenden Kanzlerin. Dann ein Ergebnis, das ein Formelkompromiss auf sieben Seiten ist, der wenig bewegt und morgen schon wieder im Streit zerredet wird. Einen Unterschied zu früheren Gipfeln gab es am Sonntag allerdings: Es wurde am Tag danach gar nicht erst versucht, ihn als großen Neuanfang, als schwarz-gelbes "Jetzt geht's los" zu verkaufen. Denn die Luft ist endgültig raus. Uneingeschränkt positiv zu werten ist als Einziges die Absichtserklärung, ab 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das war angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen jedoch auch der am leichtesten zu treffende Beschluss. Und er ist zufällig auch der einzige Beschluss, bei dem diese Koalition nicht sofort ihre Ernsthaftigkeit beweisen muss. Wahrscheinlich gar nicht mehr. Denn niemand will dieses Regierungsbündnis noch einmal.

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