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Nachgefragt bei AvD Präsident Lutz Leif Linden: „Zweieinhalb Fahrer hätten den Formel-1-Titel verdient!“

Nachgefragt bei AvD Präsident Lutz Leif Linden: „Zweieinhalb Fahrer hätten den Formel-1-Titel verdient!“
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AvD Präsident Lutz Leif Linden hat eine lange Verbindung zur Formel 1. Bereits in den 1980er Jahren war er als Promoter beim jahrzehntelangen F1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone aktiv. Als Präsident der FIA GT Kommission sowie des FIA Manufacturers‘ Committee ist er weiterhin bestens vernetzt und bei allen entscheidenden Terminen live vor Ort dabei. In einem sehr informativen Interview äußert er sich zu allen wichtigen Themen, die aktuell die Welt der Formel 1 bewegen.

Da das Gespräch mit Lutz Leif Linden so spannend und umfangreich war, wird es in zwei Teilen veröffentlicht. Im ersten Part geht es zunächst um das spannende Finale mit dem Titelkampf in der Fahrerwertung, Überraschungen im Saisonverlauf sowie eine Bewertung des deutschen „Hulk“.

Nach dem Sieg in Sao Paulo führt Lando Norris (390) vor seinem McLaren-Kollegen Oscar Piastri (366) mit 24 Punkten die Gesamtwertung an. Bei noch drei verbleibenden Saisonrennen: Wer wird Weltmeister?

Die gute Performance von Oscar Piastri, dem noch jungen Racer von Down Under, hat mich über die Saison gesehen schon sehr gefreut. Und materialtechnisch sah das lange Zeit eigentlich ziemlich gleich aus. In den letzten drei Rennen hatte ich aber eher den Eindruck, dass sich McLaren ein wenig mehr um Lando Norris kümmert. Von daher glaube ich, dass Lando den Vorsprung jetzt ins Ziel bringen wird.

Glauben Sie, dass es bei McLaren also doch eine Stallorder gibt? Die sogenannten „Papaya-Rules“ besagen ja, dass beide auf Sieg fahren dürfen.

Offiziell gibt es keine Stallorder. Das ist richtig, und ich glaube auch, dass sie das sehr lange beherzigt haben. Nachdem es aber jetzt schon zwei Vorfälle mit teaminternen Kollisionen (Anm. d. Red.: Montreal und Austin) gab und sie dadurch Punkte haben liegen lassen, gehe ich eher davon aus, dass man die Jungs ein bisschen auseinanderziehen will.

Generell muss man sich als Team immer entscheiden: Habe ich eine Rangfolge oder lasse ich die beiden frei fahren? So etwas gab es auch früher schon, bspw. mit Prost und Senna. Das waren zwei absolute Topfahrer und die sollten sich gegenseitig zu noch mehr Speed anstacheln. Ein wenig stellt sich dabei auch immer die Frage nach dem Alter bzw. nach der Erfahrung. Auch ein Max Verstappen war immer schon schnell, ist aber in seiner Anfangszeit hier und da auch mal zu viel Risiko eingegangen und hat das Auto rausgesetzt. Mittlerweile ist er gewachsen, hat das sehr gut im Griff und liefert konstant am Maximum ab.

Sie haben Max Verstappen gerade angesprochen, er hat aktuell einen Rückstand von 49 Zählern. Greift er noch mal in den Titelkampf ein?

Es sieht momentan nicht so aus, ist aber durchaus noch möglich. Es kommen jetzt sehr interessante Strecken. In Las Vegas kann immer etwas Unerwartetes passieren. Leistungsmäßig sind die beiden McLaren mit den Mercedes-Motoren absolut top. Jetzt geht es vor allem um die Reifen und darum, sich von Unfällen fernzuhalten.

Wer hätte den Titel aus Ihrer Sicht verdient?

Zweieinhalb von den Dreien! Max sicherlich, weil es die vermutlich schwerste Saison in seiner gesamten Formel-1-Karriere ist. In den zurückliegenden Jahren war es relativ einfach für ihn, da das Auto extrem überlegen war. Im Vergleich dazu muss er in diesem Jahr deutlich mehr leisten. Oscar hätte es verdient, weil es schon besonders ist, als junger Mann so schnell so weit vorne zu sein. Und er macht dabei auch relativ wenige Fehler – eigentlich nur zuletzt gegen seinen Teamkollegen. Lando würde ich ein wenig abstufen, weil er schon etwas länger bei McLaren dabei ist und manchmal auch ein bisschen mehr Nerven gezeigt hat. Also ist das vielleicht der Halbe.

Den Konstrukteurstitel hat McLaren bereits sicher. Warum ist der Rennstall in dieser Saison so stark?

Zum einen ist das Powertrain von Mercedes aktuell wohl das Maß der Dinge. Das zeigt dann aber auch, wo die Fehler bei Team Mercedes liegen. Das muss man wohl so deutlich sagen. Zudem hat McLaren einen wirklich guten Teamspirit. Andrea Stella und Zak Brown (Anm. d. Red.: Teammanager und CEO) sind beide totale Vollblut-Racer und ziehen an einem Strang. Das hebt McLaren wiederum beispielsweise von Red Bull ab, wo es im Verlauf der Saison auch durch einige Personalwechsel doch etwas Missstimmung gab. Unter dem neuen Teamchef Laurent Mekies geht es jetzt wieder aufwärts.

Man muss aber auch sagen, dass sich McLaren an einem Punkt vielleicht schon zu sicher fühlte und sich nur dadurch noch einmal die Tür für den niemals aufgebenden Max Verstappen einen Spalt geöffnet hat.

Wer oder was hat Sie sonst diese Saison überrascht?

Naja, das Aus von Christian Horner war nach so langer Zeit schon besonders. Nach meiner Einschätzung ging es da auch weniger um eine Affäre mit einer Angestellten als vielmehr darum, dass es zum Schluss nur noch um ihn als Person ging – aus Red Bull Racing war Horner Racing geworden. Ich glaube, das war irgendwann zu viel.

Den schwachen Start von Red Bull hatte ich so auch nicht erwartet. Meine Erklärung dafür wäre, dass man sich für die aktuelle Saison zu gut wähnte und die Planung schon zu früh auf 2026 mit den dann umfangreichen Regeländerungen ausgelegt hatte. Nach den ersten überraschenden Ergebnissen änderte sich der Fokus ja auch und mit der Weiterentwicklung und dem Einsatz neuer Teile wurde das Auto sukzessive wieder schneller. Nur deshalb sind sie in der Meisterschaft nochmal zurückgekommen.

Ehrlich gesagt habe ich auch nicht erwartet, dass Lewis Hamilton eine Chance gegen Charles Leclerc hat. Für mich war die Karriere eigentlich durch, aber dass er in den vergangenen Rennen zu Charles aufschließt und auch mal vor ihm landet, hat mich doch überrascht.

Sehen Sie eine Chance, dass er mit Ferrari doch noch einen Titel holt und damit alleiniger Rekordtitelträger der Formel 1 wird?

Das sehe ich eigentlich nicht. Wir wissen natürlich nicht, wie die Autos in der neuen Saison funktionieren, da es einen großen Technologieschritt geben wird. Ich würde mir auch wünschen, dass Ferrari von Beginn an bei der Musik dabei ist, aber ich glaube, dass die Zeit von Hamilton wirklich vorbei ist.

Erfreulich ist aus deutscher Sicht, dass sich Nico Hülkenberg mit 43 Punkten tapfer in den Top Ten hält, und das mit einem nicht siegfähigen Auto. Wie bewerten Sie seine Performance?

Er hat das Auto weit über die Möglichkeiten qualifiziert. Von daher macht er einen super Job – für einen alten Mann. (lacht) Man muss dazu auch sehen, dass er mit Gabriel Bortoleto einen hochgehandelten jungen Teamkollegen hat, den er absolut beherrscht. Wenn sein Team, besonders zu Saisonbeginn, nicht so viele schlechte Boxenstopps fabriziert hätte, wäre sogar noch mehr drin gewesen. Da tat mir der „Hulk“ ein wenig leid.

Die Formel 1 gastiert noch in Las Vegas (USA), Katar sowie Abu Dhabi (VAE). Was erhoffen Sie sich von den letzten drei Saisonrennen?

Wenn wir Glück haben, dann fällt die Entscheidung erst im letzten Rennen. Die Konstrukteurswertung ist bereits entschieden und wer da eventuell Zweiter wird, ist nicht so spannend. Daher blicken wir jetzt vor allem auf die Fahrer und ich hoffe, es bleibt da so abwechslungsreich wie zuletzt. Vielleicht ist dann auch für Max der Zug noch nicht abgefahren.

Im zweiten Teil des Interviews gibt Lutz Leif Linden seine persönliche Ansicht zu den Reglement-Änderungen für die kommende Formel-1-Saison, den neuen Teams sowie den Chancen für einen erneuten Großen Preis von Deutschland. Dieses folgt zeitnah …

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