Alle Storys
Folgen
Keine Story von Rheinische Post mehr verpassen.

Rheinische Post

Rheinische Post: Gott in San José

Düsseldorf (ots)

Ins weltweite Konzert unserer Jubelrufe über die Rettung der 33 Bergleute aus Chile mischte sich auch diese glaubensgewisse Botschaft: "Gott hat gewonnen!" Das atmete viel Zuversicht, das war eine frohlockende Mutmachzeile. Und doch ist sie falsch: Denn Gott gewinnt nicht und verliert nicht; weil Gott kein Spieler ist. Auch taugt der Triumph von San José nicht zum Gottesbeweis. So wenig Gott die vielen tausend Menschen in Südostasien vor sechs Jahren mit dem Tsunami bestrafte, so wenig hat er nun die Bergleute und deren Familien in Chile belohnt. Wer Gott eine solche willkürliche Macht über Leben und Sterben zuspricht, weist am Ende nur die eigene Verantwortung von sich. Die dramatischen und auch wundersamen Ereignisse von San José öffnen vor christlichem Hintergrund allerdings die Augen für jene Geste bedingungsloser Teilnahme: Mit einem Gott, der bei den eingeschlossenen Bergleuten hockte, mit ihnen litt und mit ihnen gerettet wurde; mit einem Gott, der bei den Angehörigen in den kalten Zelten saß und mit ihnen um die Männer fürchtete; mit einem Gott, der den Rettungskräften zur Seite stand und mit ihnen die immense Verantwortung teilte. Gott ist ein schlechter Superman; er flitzt nicht durch unsere Welt und rettet alles und jeden. Aber er ist stets gegenwärtig, im Leiden wie im Triumphieren. Und: Er verwandelt San José, indem er der Rettungsaktion über den Tag hinaus Bedeutung gibt. Sicher, am Ende war es auch ein Sieg unserer Technik; es wurde getan, was wir so treffend das "Menschenmögliche" nennen - ein Wort, das bei allem Fortschritt doch immer auch auf unsere Grenzen weist. Die Botschaft von San José meint keine technischen Hochleistungen. Die Bergleute selbst sind die Botschaft: Mit ihren Tagen in Dunkelheit, Einsamkeit und mitunter auch in Hoffnungslosigkeit haben sie etwas vom Wert unseres Lebens erfahren. Ihr Glück erinnert uns daran, dass kein Leben selbstverständlich ist. Die lachenden 33 aus San José rufen uns zu: Es gibt keinen Alltag, den man einfach so verleben sollte, als sei man geradewegs unsterblich und als käme es deshalb auf den einen oder anderen Kalendertag nicht an. Das schier unglaubliche Glück des Überlebens wird zum Lobgesang auf das Leben selbst. Darin liegt seine Kraft; und genau darin liegt die Faszination für Millionen von Menschen auf dieser Welt, die ihre Augen nicht von den Bildern dieses Glücks aus Chile lassen konnten. In Platons Höhlengleichnis treten zuletzt die Menschen aus der Dunkelheit heraus und werden geblendet vom Licht. Plötzlich erblicken sie etwas, was wahr und wahrhaftig ist. Es ist auch die Geschichte von San José. Wir sollten sie zu unserer Geschichte machen.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Rheinische Post
Weitere Storys: Rheinische Post
  • 15.10.2010 – 00:00

    Rheinische Post: EU-Kommissar Oettinger: Deutschland kann Zechen-Schließung verhindern

    Düsseldorf (ots) - EU-Energiekommissar Günther Oettinger ist zuversichtlich, dass Deutschland die EU-Pläne zur vorzeitigen Zechen-Schließung stoppen kann. "Die Sache ist noch nicht abgeschlossen. Deutschland kann sich im Ministerrat durchsetzen, wenn die Bundesregierung geschlossen ist und eine Mehrheit für 2018 organisiert", sagte Oettinger der in Düsseldorf ...

  • 15.10.2010 – 00:00

    Rheinische Post: Junge Union lehnt belastende Zuwanderung ab

    Düsseldorf (ots) - Die Junge Union hat sich hinter Horst Seehofers Forderung nach einem Zuwanderungs-Stopp gestellt. "Die Bereitschaft ist erschöpft, weitere Zuwanderung in unsere Sozialsysteme hinzunehmen", sagte JU-Chef Philipp Mißfelder der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post (Freitagausgabe). Mit seinen Äußerungen habe Seehofer "den Nerv vieler Menschen getroffen", unterstrich Mißfelder. "Wir brauchen ...

  • 15.10.2010 – 00:00

    Rheinische Post: DIW fordert Deckelung der Solarstrom-Vergütung

    Düsseldorf (ots) - Angesichts der geplanten drastischen Erhöhung der Ökostrom-Umlage für Stromkunden (EEG-Umlage) fordert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) von der Bundesregierung Gegenmaßnahmen. "Wenn der Markt für Photovoltaik so boomt, weil er so hohe Preissteigerungen auslöst, sollte man politisch handeln", sagte die Energieexpertin des ...