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Börsen-Zeitung: Börsen-Zeitung: Kommentar von Peter Roller zu den Auseinandersetzungen um Einsparungen in den deutschen Werken des DaimlerChrysler-Konzerns: Neue Krankheit

Frankfurt (ots)

Plötzlich gibt es die „baden-württembergische
Krankheit“, wie Jürgen Hubbert formulierte, im
DaimlerChrysler-Vorstand für die Mercedes Car Group. Das Musterländle
ist plötzlich keines mehr, weil die Folgen einer Tarifpolitik spürbar
werden, die einst nicht gerade gegen den erklärten Willen der
Arbeitgeber auf den Weg gebracht wurde. Ausbaden sollen es jetzt vor
allem die Beschäftigten des Konzerns in Baden-Württemberg, denen der
Verzicht auf bisherige Lohnbestandteile abverlangt wird.
Großzügigkeit, so sagte Hubbert, könne sich Mercedes-Benz angesichts
eines zunehmenden Konkurrenzdrucks nicht mehr erlauben. Bemerkenswert
ist, dass diese unangenehmen Wahrheiten Hubbert und Personalvorstand
Günther Fleig formulieren müssen, während sich Vorstandsvorsitzender
Jürgen E. Schrempp aus dieser Diskussion heraushält.
Letztlich ist die Auseinandersetzung um Einsparungen von insgesamt
500 Mill. Euro in den deutschen Werken des Konzerns ein
Standortwettbewerb zwischen Sindelfingen und Bremen. Wenn der
Gesamtbetriebsrat nicht zu größeren Zugeständnissen bereit ist, so
droht der Vorstand, werden von der 2007 auf den Markt kommenden
nächsten Generation der C-Klasse keine Fahrzeuge in Sindelfingen,
sondern ausschließlich im produktiveren Werk Bremen und im
kostengünstigeren Standort East London in Südafrika gefertigt. Für
Sindelfingen sowie die Werke Untertürkheim und Mannheim stünden dann
mittelfristig 6000 Arbeitsplätze auf der Kippe.
Doch dabei würde es nicht bleiben, denn in einigen Jahren müssten
solche Standortüberlegungen auch für die Nachfolger der heutigen S-
und E-Klasse-Modelle angestellt werden. Noch befinden sich diese
Baureihen in einem günstigeren Wettbewerbsumfeld als die C-Klasse,
aber angesichts des immer schärfer werdenden weltweiten
Konkurrenzdrucks in allen Automobilsegmenten dürfte dies kaum auf
Dauer so bleiben. Für die künftige C-Klasse hat diese Stunde schon
jetzt geschlagen. Ohne die Einsparungen würde sie, daran ließ Hubbert
keinen Zweifel, ihre Kapitalkosten nicht mehr einspielen.
Was aber macht die Produktion in den baden-württembergischen
Werken und damit in Sindelfingen so viel teurer als in Bremen? Da
gibt es die so genannte „Steinkühler-Pause“ von fünf Minuten pro
Stunde, da müssen Spätschichtzuschläge von 15% bereits ab 12 Uhr
bezahlt werden, da ist die Nachtschichtzulage mit 30% doppelt so hoch
wie an der Weser, und in Baden-Württemberg gibt es auch noch drei
Feiertage mehr. Unterm Strich führt dies dazu, dass in Bremen
jährlich 72 Stunden mehr als in Sindelfingen gearbeitet wird.
(Börsen-Zeitung, 13.7.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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