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Börsen-Zeitung: Machtspiel, Kommentar zum Konflikt um das Sarrazin-Interview von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Bundesbankpräsident Axel Weber treibt das
Machtspiel auf die Spitze. Das aufmüpfige Vorstandsmitglied Thilo 
Sarrazin soll zur Räson gebracht werden, indem ihm ein Teil seiner 
Zuständigkeiten entzogen wird. Allmählich müssen alle Beteiligten 
aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen. Der Reputationsschaden für
die Währungsbehörde, den Weber als Folge von Sarrazins 
Kopftuchmädchen-Interview konstatierte, droht nämlich nicht allein 
durch das Interview selbst von Tag zu Tag größer zu werden. Am Ende 
könnte er zum Teil auch denen angelastet werden, die den Konflikt auf
immer neue Eskalationsstufen heben, während Sarrazin schweigt - und 
vielleicht genießt, was er angerichtet hat. Der Rückhalt für den 
früheren Berliner Finanzsenator in der Öffentlichkeit und in 
maßgeblichen Teilen der Wirtschaft nimmt jedenfalls offenbar zu, je 
länger und intensiver nicht nur an den Stammtischen über 
Integrationsfähigkeit und -bereitschaft von Türken und Arabern oder 
die volkswirtschaftliche Bedeutung des Obst- und Gemüsehandels 
diskutiert wird.
Sarrazin hat ein Interview gegeben, dessen fünf eng bedruckte 
Seiten die allermeisten, die darüber reden, vermutlich gar nicht in 
Gänze kennen. Die meisten, die den kompletten Text im Zusammenhang 
gelesen haben, dürften darin indes - soweit Sarrazin ihnen nicht 
ohnehin aus dem Herzen spricht - weit weniger Anstößiges finden, als 
es die öffentliche Debatte suggeriert. Volksverhetzung? Geistige Nähe
zu den Nazis? Man lasse doch bitte die Kirche im Dorf. Es ist ja 
niemand gezwungen, sich Sarrazins Meinung zu eigen zu machen. Aber 
das Grundgesetz schützt auch die Meinungsfreiheit von Provokateuren.
Was nach Recht und Gesetz erlaubt ist, mag gleichwohl gegen die 
guten Sitten, den Komment oder den Stil eines Hauses verstoßen. 
Insoweit hätte der Bundesbanker Sarrazin das Interview besser nicht 
gegeben. Das sieht er wohl auch selbst ein, zumindest hat er sich für
seine Äußerungen entschuldigt. Damit sollte es dann aber auch gut 
sein. Wenn Weber Argumente hat, die Sarrazins Entlassung durch den 
Bundespräsidenten wegen gravierender Verfehlungen rechtfertigen, 
sollte er nicht zögern, sie an kompetenter Stelle vorzutragen. Wenn 
nicht, ist es an der Zeit, den Vorgang ad acta zu legen. Andernfalls 
könnte der Verdacht aufkommen, hier solle ein unbequemes 
Vorstandsmitglied weggemobbt werden. Etwas mehr Souveränität wäre 
angebracht - auf beiden Seiten.

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