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Gedenken an Völkermord in Namibia: Kein Campingplatz mehr auf ehemaliger Todesinsel - „längst überfällig“

Gedenken an Völkermord in Namibia: Kein Campingplatz mehr auf ehemaliger Todesinsel - „längst überfällig“
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Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt die wichtige, aber längst überfällige Ankündigung von Namibia Wildlife Resorts (NWR), sich schrittweise von allen touristischen und betrieblichen Aktivitäten auf Shark Island in ǃNamiǂNûs/Lüderitz zurückzuziehen. Auf Shark Island befand sich von 1905 bis 1907 ein Konzentrationslager der deutschen Kolonialmacht, in dem Tausende Ovaherero und Nama interniert, gefoltert und ermordet wurden.

„Die Entscheidung erfolgt spät und erst nach anhaltendem öffentlichem und zivilgesellschaftlichem Druck. Über Jahre hatten betroffene Gemeinschaften, Aktivisten und Historiker auf die Unvereinbarkeit einer touristischen Nutzung mit der brutalen Geschichte des Ortes hingewiesen“, sagt Laura Mahler, GfbV-Referentin für Subsahara-Afrika. NWR ist ein staatliches Tourismusunternehmen, das rund 30 Lodges, Camps und Resorts in namibischen Nationalparks betreibt, darunter auf der Campingplatz auf Shark Island. Die Verantwortung für das Areal soll künftig beim Namibia Heritage Council (NHC) liegen, der die historische Stätte verwalten und neu gestalten soll.

„Shark Island ist ein wichtiger Gedenkort an den Völkermord, zumal dort noch immer die Gebeine der Ahnen liegen, die für die Nachfahren eine tiefe spirituelle und kulturelle Bedeutung haben. Die Forderungen nach einem respektvollen Umgang mit Shark Island wurden jedoch viel zu lange ignoriert“, kritisiert Mahler. Vertreter traditioneller Autoritäten und Nachkommen der Opfer hatten wiederholt betont, dass Shark Island nicht ein Ort der Erholung, sondern des Gedenkens sein müsse. Trotzdem hatte NWR das Gelände jahrelang als Campingplatz und Tourismusziel vermarktet.

„Erst ein Kabinettsbeschluss und zunehmende mediale Aufmerksamkeit führten nun zur angekündigten Übergabe. Der Rückzug von NWR ist somit kein freiwilliger Schritt, sondern das Resultat einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe Namibias und ein Eingeständnis, dass wirtschaftliche Interessen nicht über historische Verantwortung gestellt werden dürfen“, erklärt Mahler. „Shark Island darf in Zukunft nicht mehr Ort touristischer oder wirtschaftlicher Ausbeutung sein. Für ein angemessenes Gedenken muss ein Raum für historische Aufarbeitung und kollektives Erinnern entstehen“, appelliert Mahler.

Anhaltende Bedrohung der Gedenkstätte durch geplantes Wasserstoff-Projekt

Doch auch über die touristische Nutzung hinaus bleibt Shark Island bedroht: Im Zuge des geplanten Hafenausbaus für das Hyphen-Wasserstoffprojekt steht das Areal erneut unter Druck. Vertreter der Zivilgesellschaft und traditionelle Autoritäten warnen davor, dass infrastrukturelle Großprojekte die Würde und historische Bedeutung des Ortes untergraben würden. Die Nama Traditional Leaders Association (NTLA) erklärt dazu: „Die NTLA wird weiterhin unermüdlich dafür kämpfen, dass die kulturellen Rechte und die Würde von Shark Island bewahrt bleiben. Hände weg von Shark Island, Namport!“

Der Namibia Heritage Council soll künftig ein würdiges, denkmalgerechtes Konzept für die Nutzung von Shark Island entwickeln. In Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wissenschaftlern und Nachfahren der Opfer sollen insbesondere mögliche Massengräber identifiziert und geschützt werden. Hinweise auf solche Gräber wurden unter anderem durch internationale Forschungsteams wie Forensic Architecture bereits vorgelegt.

Der Übergabeprozess soll unmittelbar beginnen und bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. In dieser Zeit wird NWR nach und nach seine kommerziellen Aktivitäten einstellen und das Gelände an die zuständigen Kulturbehörden übergeben.

Sie erreichen Laura Mahler unter l.mahler@gfbv.de oder 03051 / 695825-3.

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