Der Tagesspiegel: Auswärtiges Amt: Die Skepsis gegenüber dem Verfahren gegen Chodorkowskij wächst
Berlin (ots)
Beim Auswärtigen Amt wächst die Skepsis gegenüber dem Vorgehen der russischen Behörden gegen Michail Chodorkowskij, den Chef des Ölkonzerns Jukos. "Wir sehen die Entwicklung mit großer Besorgnis - auch mit Blick auf die Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben in Russland", sagte eine Sprecherin des Ministeriums dem "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe). "Das Auswärtige Amt erwartet ein rechtsstaatliches Verfahren."
Russlandexperten sind zurückhaltend bei der Bewertung der Vorgänge. Die Ver-haftung sei sehr wahrscheinlich politisch motiviert. "Alles, was die Staatsanwaltschaft Chodorkowskij vorwirft, kann man gegen alle russischen Oligarchen vorbringen", sagte Alexander Rahr, Russlandexperte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem "Tagesspiegel". Gerade deshalb "riecht es bei der Ver- haftung verdächtig nach einer politischen Aktion". Und Andreas Polkowski vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) sagte: "Unter Putin geschieht nichts zufällig." Vorerst dürfte die Verhaftung Chodorkowskijs aber keine tiefen Spuren in der russischen Wirtschaft hinterlassen. "Ich erwarte keine Auswirkungen auf die in- oder ausländischen Investitionen in Russland", sagte Polkowski.
Rahr von der DGAP kann sogar Vorteile, die eine Beschneidung der Macht der russischen Oligarchen mit sich bringen würden, ausmachen. Diese Oligarchen hätten bisher weitgehend die Entstehung eines Mittelstandes in Russland verhindert, der für einen nachhaltigen Aufschwung nötig wäre. Rahrs Schätzungen zufolge kontrollieren sieben Oligarchen etwa drei Viertel der russischen Wirtschaft.
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