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Der Tagesspiegel: FDP für Enquete-Kommission zum Thema Antisemitismus

Berlin (ots)

Die FDP-Bundestagsfraktion hat angesichts der
unverändert hohen Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland die 
Bildung einer Enquête-Kommission "Antisemitismus in Deutschland" 
vorgeschlagen. Mit einem solchen Gremium, in dem Vertreter aller 
Fraktionen und Wissenschaftlern sitzen, sei eine "höhere 
Sensibilisierung in Staat und Gesellschaft zu erreichen", sagte 
Markus Löning, europapolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und 
Landeschef der Partei in Berlin, dem "Tagesspiegel" (Freitagausgabe).
Die Chancen stehen nach dem Bericht der in Berlin erscheinenden 
Zeitung offenbar nicht schlecht: In der SPD wird Zustimmung 
signalisiert.
Der Vorschlag der FDP-Parlamentarier ist auch die Antwort auf eine
Bitte, die der prominente jüdische Historiker Arno Lustiger an alle 
Abgeordneten des Bundestages gerichtet hat. Lustiger, der mehrere KZ 
überlebte, fordert einen jährlichen "Bericht der Bundesregierung zur 
Antisemitismusbekämpfung". Der Bericht sollte "über die Verbreitung 
antisemitischer Strömungen in allen Gesellschaftsteilen und 
-institutionen einschließlich der Medien Auskunft geben sowie 
darlegen, welche Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden", schrieb der 
Holocaust-Überlebende im September den Mitgliedern des Parlaments.
In einem Brief an Lustiger betont Löning, die öffentlichen 
Anhörungen einer Kommission böten die Chance "zu einer vielfältigen 
Beteiligung betroffener Bevölkerungskreise und damit zu einer 
komplexeren Erfassung des Antisemitismus in Deutschland". Bei einem 
Regierungsbericht bestünde die Gefahr, es würden nur "Daten der 
Kriminalitätsstatistik reproduziert". Lustigers Antwort steht aus.
In den anderen Fraktionen sind die Kommentare positiv bis abwartend. 
Gert Weisskirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und 
persönlicher Beauftragter des OSZE-Vorsitzenden zur Bekämpfung des 
Antisemitismus, sieht den "großen Vorzug, dass man wissenschaftlichen
Sachverstand an sich zieht und sich nicht in kleinlichen 
Auseinandersetzungen verliert". Es sei zudem denkbar, dass eine 
Kommission den von Lustiger geforderten Regierungsbericht empfiehlt.
Skeptisch äußert sich Siegfried Kauder (CDU), der den 
BND-Untersuchungsausschuss leitet und mahnt, auch eine 
Enquête-Kommission "ist ein Riesenaufwand, das muss man sich genau 
überlegen". Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) lehnte den 
Vorschlag der FDP-Kollegen nicht ab, favorisiert aber eine 
"unabhängige Beobachtungsstelle gegen Rechtsextremismus, Rassismus 
und Antisemitismus". Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der 
Grünen-Fraktion, hat, wie er dem "Tagesspiegel" sagte, "ein offenes 
Ohr" für eine Enquête-Kommission, möchte jedoch erst alle Ideen zur 
besseren Bekämpfung des Antisemitismus sammeln. Aber der Bundestag 
solle sich bald für ein Projekt entscheiden, "denn wir müssen uns 
viel intensiver um den Antisemitismus kümmern".
Rückfragen: Politikredaktion, Telefon 030/26009-295

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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