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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Wirtschaftsministerium blockiert Energieeffizienz

Berlin (ots)

Umweltverbände und Unternehmen fordern raschen Ausbau der
   Kraft-Wärme-gekoppelten Energieerzeugung und beklagen 
   unbekümmerten Umgang der Regierung mit dem Gesetz
Die umwelt- und ressourcenschonende Erzeugung von Strom und Wärme
fristet in Deutschland ein "trauriges Nischendasein". Darauf haben
Vertreter von Umweltverbänden und Unternehmen in Berlin hingewiesen.
Schuld an der andauernden Blockade der so genannten
Kraft-Wärme-Kopplung sei die systematische Marktabschottung durch die
dominierenden Stromkonzerne. Die rot-grüne Bundesregierung habe es in
eineinhalb Legislaturperioden nicht geschafft, der kombinierten
Erzeugung von Strom und Wärme zum Durchbruch zu verhelfen. Deshalb
komme der Klimaschutz trotz großer Erfolge bei der Markteinführung
Erneuerbarer Energien kaum noch voran. Die Abhängigkeit von immer
teureren Brennstoffimporten nehme zu statt ab.
Vor Journalisten bescheinigten der Bundesverband
Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), die Deutsche Umwelthilfe (DUH),
Greenpeace, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und der
Naturschutzbund Deutschland (NABU) der Energiewirtschaft ein
"borniertes Festhalten an überkommenen Großkraftwerksstrukturen."
Deutschland als mit Abstand größter Treibhausgas-Verursacher in
Europa verweigere bei der Energieerzeugung einen intelligenten Umgang
mit den immer kostbareren Rohstoffen. Es mache "keinen Sinn, für die
Gebäudeheizung wertvolles Gas zu verbrennen und gleichzeitig die
Restwärme aus der Stromerzeugung ungenutzt in die Umgebung zu
blasen", erklärte Greenpeace-Energieexperte Jonas Mey.
B.KWK-Vizepräsident Prof. Klaus Traube erinnerte daran, dass eine
Koalitionsrunde beim Bun-deskanzler schon Ende 1999 die Verdoppelung
der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung "innerhalb des nächsten
Jahrzehnts" zu ihrem Ziel erklärt habe. Im Sommer 2000 habe die
Regierung dann ein ambitioniertes Quotenmodell zur KWK-Förderung
beschlossen, das vor allem von den Stromkonzernen regelrecht
torpediert und anschließend im KWK-Gesetz von 2002 bis zur
Unkenntlichkeit verwässert worden sei. Traube: Schon jetzt zeigen
alle seriösen Daten, dass das angestrebte CO2-Minderungsziel weit
verfehlt wird. Mit Rechentricks soll versucht werden, einen Erfolg,
wenn schon nicht in der Realität, dann doch wenigstens auf dem Papier
herbei zu argumentieren."
Der Bundesregierung warf Traube einen "unbekümmerten Umgang mit
Gesetzesvorschriften vor, die sie selbst auf den Weg gebracht hat."
Im KWK-Gesetz war für Ende 2004 eine erste Zwischenüberprüfung der
Fortschritte beim Ausbau der umwelt- und ressourcenschonenden
Energieerzeugung festgeschrieben worden. Im Falle einer drohenden
Zielverfehlung sollte die Bundesregierung geeignete Maßnahmen
ergreifen, um das Minderungsziel bis 2010 dennoch zu erreichen.
Traube: "Nichts davon ist geschehen". Der B.KWK forderte die
Regierungsfraktionen im Bundestag auf, unverzüglich eine Novelle des
offensichtlich zu schwach wirkenden Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes auf
den Weg zu bringen.
Der Leiter Politik der DUH, Gerd Rosenkranz, griff insbesondere
das Bundeswirtschaftsministerium scharf an. Minister Wolfgang Clement
ignoriere nicht nur das Gesetz, sondern auch die Kernaussagen eines
von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gutachtens, wonach die effiziente
Erzeugung von Energie in den nächsten Jahren ins Zentrum aller
Energiepolitik rücke. Dennoch "steht der Minister bei der
hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung beharrlich auf der Bremse und
versteht sich offensichtlich als Sachwalter der dominierenden
Stromkonzerne". Es sei bezeichnend, dass der so genannte
Energiereport IV des Baseler Prognos-Instituts bisher nicht
veröffentlicht worden sei. Der Report sieht Erdgas im Jahr 2030 als
wichtigsten Brennstoff für die Stromerzeugung in Deutschland und der
Steinkohle nur noch eine Restfunktion zuweist.
BUND-Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm erklärte: "Ohne massive
Effizienzsteigerungen wird die Energiewende nicht gelingen. Dabei ist
der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung entscheidend."  Timm erinnerte
daran, dass in Deutschland nur rund zehn Prozent des Strombedarfs
über die Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden. In Finnland, Dänemark
und den Niederlanden liege der Anteil zwischen 35 und über 50
Prozent. Eine Stromwirtschaft der Großstrukturen blockiere den
Wandel. Die aktuell verkündeten Planungen neuer Mammutkraftwerke
würden die nach dem zweiten Weltkrieg etablierte Kraftwerksstruktur
bis über die Mitte des 21. Jahrhunderts hinaus fortschreiben. Dem
müsse die Bundesregierung entgegenarbeiten. Timm: Fällt unser Land in
seinen Bemühungen um mehr Klimaschutz zurück, könnten auch andere
Staaten ihre Anstrengungen zum Schutz des Weltklimas aufgeben." 
Der Generalbevollmächtigte der Stadtwerke Leipzig, Winfried Damm,
forderte die Bundesregierung auf, "jetzt die Rahmenbedingungen für
die nächste Kraftwerksgeneration richtig zu setzen." Die
Fernwärmestandorte in Ostdeutschland, aber auch vielerorts in
Westdeutschland müssten jetzt entscheiden, ob sie weiter auf die
effiziente und Klima schonende Kraft-Wärme-Kopplung setzen oder Strom
und Wärme künftig wieder getrennt bereitstellen sollen. Damm:
"Sollten die Kraftwerksbetreiber keine verlässlichen
Rahmenbedingungen vorfinden, werden sie die bestehenden Anlagen auf
Verschleiß fahren und in wenigen Jahren endgültig abschalten."  Vor
ähnlichen Entscheidungen, die weitere Arbeitsplätze kosten würden,
stünden neben den Stadtwerken Leipzig mindestens weitere sieben
ostdeutsche Stadtwerke, die ebenfalls kommunale KWK-Anlagen
betreiben.
Karl-Ekkehard Sester, Geschäftsführer der Gesellschaft für
Wirtschaftliche Energieversorgung (GWE): "Die Diskriminierung der
dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung muss beendet werden". Der
Freiburger Projektentwickler ist spezialisiert auf Finanzierung und
Betrieb von KWK-Anlagen für Industrie und große Krankenhäuser. Er
versteht sich als erster Betreiber eines "virtuellen
Industriekraftwerks" mit derzeit etwa 50 Megawatt elektrischer
Leistung, das Strom zwischen den Standorten kostenoptimiert
austauscht und an der Strombörse anbietet oder kauft. Sester ist
überzeugt, dass allein die Dominanz des Stromoligopols in
Deutschland, das 100 Prozent der Stromtransportnetze beherrscht, den
Durchbruch der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung verhindere. Sester:
"Die meisten der jetzt geplanten Großkraftwerke müssen nicht mehr
gebaut werden. Dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung in
Kraft-Wärme-Kopplung wäre volkswirtschaftlich deutlich günstiger.
Nur wegen der andauernden Diskriminierung brauchen wir einen
staatlichen Ausgleich".

Pressekontakt:

Prof. Dr. Klaus Traube (B.KWK), Tel.: 06171/25815; E-mail:
ktraube@t-online.de
Adi Golbach (B.KWK), Tel.: 030/43607910; E-mail:
info@bkwk.de
Dr. Gerd Rosenkranz (DUH), Tel.: 0171/5660577; E-mail:
rosenkranz@duh.de
Dr. Gerhard Timm (BUND), Tel.: 030/275864425, E-mail:
ruediger.rosenthal@bund.net
Dr. Winfried Damm (Stadtwerke Leipzig), Tel.: 03411/213318; E-mail:
damm@swl.de
Karl-Ekkehard Sester (GWE, Freiburg), Tel.: 0171/7596754; E-mail:
sester@gweenergie.de
Jonas Mey (Greenpeace), Tel.: 040/30618304; E-mail:
Jonas.Mey@greenpeace.de
Dr. Frank Musiol (Nabu), Tel.: 0228/4036164; E-mail:
Frank.Musiol@nabu.de
Wolfgang Kühr (BBU), Tel.: 0228/214032; E-mail: bbu-bonn@t-online.de

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