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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Deutsche Umwelthilfe: Viel mehr Betroffene im Dieselfilterskandal als bisher angenommen

Berlin (ots)

Zahlen der Landesfinanzministerien summieren sich
auf insgesamt mehr als 270.000 Nachrüst-Partikelfilter, 100.000 mehr 
als von Umweltminister Gabriel noch Anfang März im Bundestag 
angegeben -  DUH erwartet deshalb wesentlich mehr als bisher genannte
Zahl von 40.000 eingebauten Betrugsfiltern in Diesel-Pkw - 
Kraftfahrtbundesamt und Verkehrministerium verweigern Herausgabe 
aktueller Einbauzahlen der registrierten Betrugssysteme - DUH erhebt 
erneut Untätigkeitsklage gegen Bundesregierung - Filteraustausch 
kommt auch wegen Verweigerungshaltung der Werkstattketten PitStop und
A.T.U. praktisch zum Erliegen - Bleibt es beim derzeitigen Tempo, 
wird der letzte Betrugsfilter im Jahr 2033 ausgetauscht - ARD Magazin
Plusminus berichtet heute über Hinhaltetaktik des 
Betrugsfilterherstellers GAT
8. April 2008: Nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe e. V. 
(DUH) sind offenbar viel mehr Autohalter vom Dieselfilterskandal 
betroffen als bisher angenommen. Eine DUH-Umfrage bei den 
Finanzministern der Länder ergab für die Jahre 2006 und 2007 eine 
Gesamtzahl von 270.591 steuerlich geförderten 
Partikelfilter-Nachrüstungen. (Tabelle mit den Zahlen zu den 
einzelnen Bundesländern im Anhang). Die Summe liegt damit um rund 
100.000 oder 60% über der zuletzt am 5. März 2008 von 
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel anlässlich einer gemeinsamen 
Sitzung der Bundestagsausschüsse für Umwelt und Verkehr genannten 
Zahl von 170.000 Nachrüstfiltern. Damit verdichten sich die Hinweise,
dass erheblich mehr als die bisher angenommenen 40.000 Betrugsfilter 
verbaut wurden. Unklar bleibt jedoch, wie viele der neu aufgetauchten
100.000 Nachrüstfilter den Herstellern nicht funktionierender Systeme
(GAT, Tenneco, Ernst und Bosal) zuzuordnen sind. Die DUH geht bereits
seit Herbst 2007 aufgrund eigener Marktrecherchen von mindestens 
60.000 in Diesel-Pkw eingebauten Betrugsfiltern aus.
"Alle Versuche, die Ungereimtheiten bei den Zahlen zu klären, 
scheitern an der Weigerung des Umwelt- und Verkehrsministerium, die 
tatsächlichen, aktuellen Zahlen zu offenbaren. Der von uns gewählte 
direkte Abfrage der Zahlen über die Länderfinanzministerien belegt 
nun eindeutig, dass die bisher veröffentlichten Zahlen falsch und zu 
niedrig sind. Um endgültig Klarheit zu erhalten, haben wir uns 
entschlossen mit einer Untätigkeitsklage  vor dem Verwaltungsgericht 
Berlin die Herausgabe der Zahlen zu erzwingen", sagte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Auf dem Klageweg verspricht 
sich die DUH, die aktuellen Zahlen der derzeit eingebauten 
Mangelfilter zu erhalten und so auch den weiteren Verlauf der 
Austauschaktion verfolgen zu können. Der Rechtsanspruch ergibt sich 
aus dem Umweltinformationsgesetz (UIG), auf dessen Basis die DUH 
bereits die Veröffentlichung von Messergebnissen von Mangelfiltern 
aus dem Jahre 2006 vor dem Verwaltungsgericht Dessau durchgesetzt 
hatte.
Seit Monaten wartet die DUH zudem auf die Veröffentlichung der 
bereits für November 2007 angekündigten Nachprüfungen aller auf dem 
Markt befindlichen Partikelfiltersysteme durch das KBA. "Für den 
Erfolg der Feinstaubbekämpfung in unseren Innenstädten ist es 
wichtig, dass die Verunsicherung der Autofahrer, welcher Filter 
funktioniert und welcher nicht, endlich ein Ende hat", so Resch. 
Erfreulicherweise habe der ADAC Ende März Testergebnisse 
veröffentlicht, wonach die derzeit angebotenen Systeme von HJS, 
TwinTec, Remus und Volkswagen im Durchschnitt die Rußemissionen um 
rund 45 Prozent reduzieren. Es sei absolut unverständlich, warum die 
amtlichen Nachprüfergebnisse des Kraftfahrtbundesamtes angeblich 
immer noch nicht vorlägen. "Wir fordern die Bundesregierung auf, 
endlich mit offenen Karten zu spielen und in einer gemeinsamen 
Anstrengung mit den vom Feinstaub betroffenen Städten, den Ländern 
und den Auto- und seriösen Filterherstellern für eine breit angelegte
Nachrüstung mit funktionierenden Partikelfiltern zu werben", forderte
Resch.
Während sich für die zukünftige Nachrüstung von Diesel-Pkw 
durchaus "Licht am Horizont" erkennen lasse, setze sich das 
Trauerspiel für die von Betrugsfiltern betroffenen Autohalter fort. 
Das Beharren von Bundesumweltminister Gabriel auf die so genannte 
"Kulanzregelung" habe den Filteraustausch faktisch zum Stillstand 
gebracht. Trotz gegenteiligen Ankündigungen verweigern nach 
Beobachtung der DUH insbesondere die Werkstattketten PitStop und 
A.T.U. weiterhin und auf breiter Front den kostenfreien Austausch. 
Vier Monate nach der Präsentation der "Kulanzregelung" sind nach 
einer Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes
(ZDK) zum 31. Dezember 2008 erst 1.142 Filter nachweislich 
ausgetauscht worden; im März schrumpfte die Zahl bundesweit auf 118. 
"Bliebe es beim derzeitigen Tempo, würde der letzte Betrugsfilter 
etwa im Jahr 2033 ausgetauscht", so Resch.
Unverständlich ist für die DUH insbesondere die geduldige "Kulanz"
der Bundesregierung gegenüber dem hauptverantwortlichen 
Betrugsfilterhersteller, dem Gladbecker Unternehmen GAT. Bereits seit
Herbst 2007 kündigte die Firma immer wieder jeweils für die 
Folgewochen einen neu entwickelten Filter an. Nach Recherchen der DUH
ist jedoch die aktuelle Ankündigung der Markteinführung bis Ende 
April ebenso falsch wie alle früher genannten Termine. Über die 
Praktiken von GAT berichtet heute (Dienstag) Abend auch das 
ARD-Magazin PLUSMINUS. "Die Fehlentscheidung des Ministers, für die 
Betrugsfilter Steuerbonus und günstige Feinstaubplakette weiter zu 
gewähren, hat offenbar jeglichen Anreiz zum Filteraustausch beseitigt
- zur großen Freude der Hersteller, die durch das Verbleiben ihrer 
Betrugsfilter in den Autos einen zweistelligen Millionenbetrag 
sparen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Umweltminister Gabriel hatte Ende November 2007 einer 
Verbändevereinbarung zugestimmt und sie selbst öffentlich 
präsentiert. Die Absprache sah einen freiwilligen und für die 
betrogenen Autohalter kostenfreien Austausch der unwirksamen Filter 
vor. Gleichzeitig sollten die Betroffenen sowohl die Steuerersparnis 
in Höhe von 330 Euro behalten dürfen, als auch die bessere Einstufung
bei der Vergabe von Feinstaubplaketten. GAT hatte die Werkstätten, 
die zunächst für den Filteraustausch aufkommen müssen, mit der 
Ankündigung unter Druck gesetzt, man werde nur für den Austausch 
gegen eigene neue Filter aufkommen. Die gibt es jedoch bis heute 
nicht. Unter Hinweis darauf, dass die Betroffenen im Rahmen der 
"Kulanzregelung" weder um ihre Betriebserlaubnis, noch um ihre 
Steuerersparnis fürchten müssten, werden die Autofahrer - trotz 
intensiver gegenteiliger Bemühungen des ZDK - bis heute in vielen 
Werkstätten und großen Werkstattketten hingehalten - zulasten der 
Gesundheit der Menschen in den hoch belasteten Feinstaubzonen.
Bundesland	          Anzahl steuerlich geförderter Dieselruß-
                      Partikelfilter zwischen 1.1.2006 und 31.12.2007
Baden-Württemberg	 54.000	    (Gesamtzahl bis 15.01.08)
Bayern		 52.271
Rheinland-Pfalz	 12.221
Hessen		 22.818
Niedersachsen	 29.552
Berlin		 10.062
Sachsen-Anhalt           2.989
Brandenburg		  6.157
Nordrhein-Westfalen	 59.180
Mecklenburg-Vorpommern	  1.660
Hamburg		  3.572
Bremen		  1.562
Schleswig-Holstein*  ca. 4.000
Sachsen		  5.436
Thüringen		  2.809
Saarland		  2.302
	            270.591
Alle Angaben basieren auf Auskünften der jeweiligen Landesfinanz- 
bzw. Umweltministerien mit Ausnahme von Schleswig-Holstein auf eine 
Umfrage Anfang April 2008.
*Da Schleswig-Holstein noch keine Zahl nennen konnte hier 
vorsichtige Schätzung.

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil.: 01713649170, Fax.: 0302400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 03024008670, Mobil: 01715660577, Fax: 030240086719,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

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