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Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw)

Konjunkturprognose: Osteuropa wächst schwächer, aber hartnäckig - ANHANG

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Wien (ots)

Rezession wird zumeist vermieden; Erholung in der Ukraine mit Fragezeichen; Ölsanktionen gegen Russland greifen (BIP-Prognose 2023: -3%); Inflation hat Höhepunkt überschritten

Trotz Ukraine-Krieg zeigen sich die Volkswirtschaften der 23 Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas (CESEE) resilient. Obwohl sich die Wirtschaftstätigkeit deutlich verlangsamt hat, werden die meisten von ihnen auch 2023 wachsen. Das geht aus der neuen Winterprognose des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) hervor. „Die hohe Inflation stellt Haushalte und Unternehmen zwar vor große Probleme, nicht zum ersten Mal sehen wir aber eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit in der Region“, sagt Richard Grieveson, stellvertretender Direktor des wiiw und Hauptautor der Winterprognose. „Putins Strategie, Energie als Waffe einzusetzen, ist gescheitert, nicht zuletzt, weil auch die Osteuropäer ihren Gasverbrauch deutlich reduzieren konnten“, so Grieveson.

Für 2023 prognostiziert das wiiw den EU-Mitgliedstaaten der Region ein Wachstum von durchschnittlich 1%. Damit lägen sie um 0,8 Prozentpunkte über jenem der Euro-Zone, die praktisch stagnieren wird (0,2%). Vor allem die südosteuropäischen EU-Mitglieder zeigen sich widerstandsfähiger, während in den Visegrád-Ländern das durchschnittliche Wachstum nur 0,6% betragen wird und Ungarn heuer sogar schrumpfen dürfte (-1%). Die Staaten am Westbalkan werden mit 1,8% wachsen, die Türkei mit 3% etwas stärker. Auch wenn das Wachstum damit in den allermeisten Fällen deutlich geringer ausfällt als im Vorjahr, wird eine ganzjährige Rezession mit Ausnahme von Ungarn weitgehend vermieden. Russland bleibt dagegen in der Rezession, wo es mit der Wirtschaft nach -2,5% im abgelaufenen Jahr auch heuer weiter bergab geht (-3%).

Licht am Ende des Tunnels

Generell dürften die meisten Staaten der Region den ökonomischen Schock durch den Ukraine-Krieg bereits zum größten Teil verdaut haben. Zumindest unter der Annahme, dass Russland den Konflikt nicht weiter militärisch eskaliert. „Sofern das nicht passiert, könnte die Konjunktur in Osteuropa ab der zweiten Jahreshälfte wieder anspringen. Der größte Unsicherheitsfaktor bleibt aber der Krieg in der Ukraine“, meint Grieveson. Die Inflation in der Region hat ihren Höhepunkt weitgehend überschritten, wird aber hoch bleiben. Die Geldpolitik der Notenbanken könnte damit wieder etwas gelockert werden, mit positiven Effekten für das Wachstum.

Ukraine: Raketenterror dämpft Hoffnung auf Erholung

Die vom Krieg schwer gebeutelte Ukraine könnte sich nach einem BIP-Einbruch von 30% im letzten Jahr heuer wieder etwas erholen (3%). Diese Prognose ist allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet und hängt vor allem vom weiteren Kriegsverlauf ab. Angesichts der enormen Zerstörungen und des wirtschaftlichen Aderlasses wäre das zudem nur ein kleiner Fortschritt. Russlands Bombenterror gegen das Land hat bereits große Teile der kritischen Infrastruktur zerstört und geht weiter. Die daraus resultierenden Stromabschaltungen erhöhen die Erzeugungskosten und haben durch Produktionsausfälle die wirtschaftliche Aktivität im vierten Quartal 2022 massiv beeinträchtigt. Der Finanzbedarf des Landes dürfte weiter steigen. Angesichts eines für heuer prognostizierten Budgetdefizits von 20% des BIP muss die finanzielle Unterstützung durch den Westen weiterhin gewährleistet bleiben.

Russland: Ölsanktionen greifen

Obwohl sich der Wirtschaftseinbruch in Russland im abgelaufenen Jahr mit -2,5% in Grenzen hielt, und damit geringer war als im Herbst prognostiziert (-3,5%), hat der Abschwung im vierten Quartal 2022 an Fahrt gewonnen. 2023 dürfte das BIP um 3% sinken. Verantwortlich dafür zeichnen neben der Teilmobilmachung und den Ausfällen beim Gas-Export nach Europa vor allem die neuen Ölsanktionen des Westens.

Das EU-Ölembargo und der Preisdeckel auf russisches Erdöl haben dazu geführt, dass Russland sein Öl nun mit einem enormen Preisabschlag verkaufen muss. In den ersten vier Wochen seit ihrem Inkrafttreten stürzte der Preis der wichtigsten russischen Rohölsorte Urals auf 47 US-Dollar je Barrel ab. Gegenüber der Nordseesorte Brent war das ein Abschlag von 43%. Das schmälert die Steuereinnahmen erheblich, schließlich kommen 40% aus dem Energiesektor, bei denen Exportzölle auf Öl eine große Rolle spielen. „Die am 5. Dezember in Kraft gesetzten Sanktionen sind die effizientesten, die bisher verhängt wurden“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte am wiiw.

Dennoch werden sie seiner Meinung nach Putins Fähigkeit zur Finanzierung des Krieges vorerst wenig beeinflussen, da die Lücke über höhere Budgetdefizite finanziert wird. „Defizite von 3% bis 4% des BIP wären aber immer noch verkraftbar“, so Astrov. Höhere Rüstungsausgaben begrenzen zudem die Rezession. Aussagekräftiger als die BIP-Zahlen für die Entwicklung des Landes erscheinen daher Indikatoren wie die Einzelhandelsumsätze. Diese sind seit Beginn des Krieges um 8% bis 10% gesunken. Zudem beeinträchtigt das westliche Export-Verbot für Hochtechnologie die längerfristig ohnehin schwachen Wachstumsaussichten Russlands enorm.

Inflation hat Höhepunkt überschritten

Die meisten Länder der Region verzeichneten 2022 die höchsten Inflationsraten seit 15 Jahren, manche sogar seit den 1990er-Jahren. Im Zuge der fallenden Energiepreise und einer geldpolitischen Straffung durch die Notenbanken dürfte die Teuerung ihren Höhepunkt aber überschritten haben. In allen 23 beobachteten Ländern mit Ausnahme Ungarns sollte sie 2023 wieder rückläufig sein. Allerdings bestehen Aufwärtsrisiken, zum Beispiel durch eine stärkere Rohstoffnachfrage aus China.

Pressekontakt:

Andreas Knapp
Communications Manager
Tel. +43 680 13 42 785
knapp@wiiw.ac.at

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