Alle Storys
Folgen
Keine Story von Europäischer Ausschuss der Regionen mehr verpassen.

Europäischer Ausschuss der Regionen

Agrarökologie: die Antwort auf Europas landwirtschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen
Ausschuss der Regionen fordert Reform der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Praktiken

Brüssel (ots)

Die COVID-19-Pandemie hat die Fragilität der europäischen Ernährungsversorgung offengelegt. Zudem schaden die gegenwärtigen landwirtschaftlichen Praktiken massiv der Umwelt, indem sie den Verlust biologischer Vielfalt immer weiter beschleunigen und 10 % der jährlichen CO2-Emissionen der EU verursachen. Deshalb hat der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung der Agrarökologie in der EU vorgelegt. Agrarökologie verringert den ökologischen Fußabdruck der Landwirtschaft, begünstigt die biologische Vielfalt und stellt die Bodenfruchtbarkeit wieder her. Außerdem verhindert sie Luft- und Wasserverschmutzungen, erhöht die wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe. Eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist essenziell um die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen - der Strategie, mit der die Union bis 2050 klimaneutral werden will.

Bernd Voß (DE/Die Grünen), Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags, sagte: "Mit vielfältigen, auf die Regionen zugeschnittenen Maßnahmen, die die Weidehaltung, abwechselnde Fruchtfolgen oder den Schutz organischer Böden fördern, werden diejenigen Höfe gestärkt, die sich an den Herausforderungen des Green Deals orientieren. Wir als Grüne fordern aber auch endlich faire Märkte und eine wirksame EU-Marktpolitik, um Überproduktionen zu verhindern. Gegen ruinierte Märkte und Preise helfen keine Subventionen."

Guillaume Cros (FR/Die Grünen), Vizepräsident des Regionalrates der französischen Region Okzitanien und Berichterstatter der AdR-Stellungnahme zur Agrarökologie, sagte: "Die aktuelle Pandemie hat die Schwächen unseres globalisierten Agrar- und Lebensmittelsystems offenbart. In der europäischen Landwirtschaft muss es eine agronomische, soziale und territoriale Wende geben, die für mehr Nachhaltigkeit und Resilienz sorgt. Die Agrarökologie ist die Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen vor denen wir stehen: unsere Landwirtschaft klimaneutraler zu gestalten, die biologische Vielfalt wiederzubeleben, die Bodenfruchtbarkeit wiederherzustellen und die wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe zu verbessern, um gesunde, lokale und erschwingliche Lebensmittel für alle zu gewährleisten. Ausgehend von einem Netzwerk kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe kann die Agrarökologie außerdem zur Wiederbelebung ländlicher Gebiete in der gesamten EU beitragen."

Der AdR begrüßt die Forderung der Europäischen Kommission nach einem wesentlichen Wandel der Agrarpolitik im Rahmen der Strategie "Vom Hof auf den Tisch". Er plädiert jedoch dafür, dass das in dieser Strategie angekündigte neue Gesetz über nachhaltige Lebensmittelsysteme einen verbindlichen Rechtsrahmen enthält, um einen echten agrarökologischen Wandel einzuleiten.

Die AdR-Mitglieder sind sich einig, dass die laufende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eine einmalige Chance bietet, den Agrarsektor umweltfreundlicher zu gestalten, seine negativen Umweltauswirkungen zu verringern und die Ernährungssicherheit in der EU zu gewährleisten.

Das Konzept der Agrarökologie beruht auf kleinen und mittelgroßen landwirtschaftlichen Betrieben. Es kann daher nicht umgesetzt werden, wenn die GAP-Direktzahlungen weiter pro Hektar und nicht pro Arbeitskraft im landwirtschaftlichen Betrieb gewährt werden. Der AdR schlägt vor, schrittweise von einer Basisprämie je Hektar zu einer an die Zahl der Arbeitskräfte gekoppelten Basisprämie überzugehen, und die Direktzahlungen vorrangig kleinen und mittelgroßen agrarökologischen Betrieben zuzuweisen.

Die AdR-Mitglieder fordern die Europäische Kommission auf, eine neue europäische Richtlinie zu landwirtschaftlich genutzten Böden vorzulegen, um den Rückgang organischer Stoffe einzudämmen, der Bodenerosion entgegenzuwirken und dem Bodenleben einen zentralen Platz in der landwirtschaftlichen Praxis zu geben.

Der AdR ersucht die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten, die Entwicklung kurzer Versorgungsketten weiter zu fördern. Er empfiehlt technische Schulungen und Beratungsangebote zu kurzen Versorgungsketten und der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse im kleinem Maßstab.

Es bedarf neuer Vorschriften für landwirtschaftliche Flächen und die Stadtplanung. Außerdem die Ausweitung landwirtschaftlicher Schutzgebiete, die Schaffung agrarökologischer Demonstrationsbetriebe und neuer Instrumente um die Umsetzung der agrarökologischen Wende zu überwachen.

Die Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU fordert zudem, genetisch verändertes bzw. durch Mutagenese gewonnenes Saatgut in den EU-Rechtsvorschriften auszuschließen und die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse einzustellen, die nicht den sozialen und ökologischen Produktionsstandards Europas entsprechen.

Um die agrarökologische Wende zu beschleunigen, empfiehlt der AdR den Mitgliedstaaten, im Rahmen der Öko-Regelungen der neuen GAP ein Bonus-Malus-System einzurichten. Beispielsweise könnte ein Bonus für eine stärkere Anbaudiversifizierung gewährt werden, der durch einen Malus auf chemische Düngemittel und Pestizide sowie Antibiotika finanziert wird. Oder ein Bonus für Weidehaltung, der durch einen zur Anzahl der gehaltenen Wiederkäuer proportionalen Malus auf Treibhausgase finanziert wird. Die Öko-Regelungen sollten mindestens 30 % der Mittel der ersten Säule ausmachen.

Im Sinne der öffentlichen Gesundheit und des Tierschutzes, aber auch im Sinne des Klimaschutzes und eines nachhaltigen Lebensunterhalts für die Erzeuger, bestehen die AdR-Mitglieder auf einer Tierhaltung in überschaubarer Größe, die so weit wie möglich im Freien stattfindet und auf Futtermittelautonomie ausgerichtet ist. Im Einklang mit einer kürzlich eingereichten Bürgerinitiative und seiner Stellungnahme zur Reform der GAP fordert der AdR die Einstellung der Käfighaltung.

Um den Konsum und die Produktion agrarökologischer Produkte zu fördern, wird eine Mehrwertsteuersenkung für lokale und saisonale Bioprodukte, die Ausgabe "lokaler" Essensgutscheine und eine Gemeinschaftsverpflegung mit einem beträchtlichen Anteil solcher Produkte vorgeschlagen.

Der AdR plädiert für "langfristige Verträge für die agrarökologische Innovation" zwischen Gruppen von Landwirten und lokalen oder regionalen Behörden und unterstreicht die Notwendigkeit, die Stellung der Landwirte in der Lebensmittelwertschöpfungskette zu stärken.

Die EU sollte - wie beim Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie - ein Netz von Gemeinden koordinieren und moderieren, die sich verpflichtet haben, Maßnahmen für widerstandsfähige und nachhaltige Agrar- und Lebensmittelsysteme zu ergreifen.

Die Stellungnahme des AdR zur Agrarökologie wurde auf der Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen am 3.-5. Februar 2021 verabschiedet.

Hintergrund:

In ihrem Bericht über den Zustand der Umwelt 2020 warnt die Europäische Umweltagentur (EUA), dass Europa vor umweltbezogenen Herausforderungen ungekannten Ausmaßes und noch nie dagewesener Dringlichkeit steht.

"Der Grüne Deal - Going local" ist eine neue Initiative des Europäischen Ausschusses der Regionen. Sie verfolgt das Ziel, die Städte und Regionen in den Mittelpunkt des europäischen Grünen Deals zu stellen und dafür zu sorgen, dass sowohl die EU-Strategie für nachhaltiges Wachstum als auch die Pläne für den Wiederaufbau nach der COVID-19-Krise in Gestalt einer direkten finanziellen Unterstützung der Städte und Regionen und konkreter Projekte für jedes Gebiet in die Praxis umgesetzt werden. Die Initiative wurde am 15. Juni 2020 mit der Einsetzung einer eigenen Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die aus 13 Mitgliedern besteht. Die einschlägige Pressemitteilung können Sie hier nachlesen.

Entdecken Sie 200 Erfolgsmodelle des Grünen Deals auf unserer Online-Landkarte.

Pressekontakt:

David Crous
david.crous@cor.europa.eu
+32 (0) 470 88 10 37

Original-Content von: Europäischer Ausschuss der Regionen, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Europäischer Ausschuss der Regionen
Weitere Storys: Europäischer Ausschuss der Regionen