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GeriPAIN: Erste umfassende S3-Leitlinie für Schmerzmanagement bei älteren Menschen in Deutschland erschienen
GeriPAIN: Erste umfassende S3-Leitlinie für Schmerzmanagement bei älteren Menschen in Deutschland erschienen
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. hat in dieser Woche die erste nationale und internationale S3-Leitlinie speziell für ältere Menschen mit akuten und chronischen Schmerzen offiziell veröffentlicht: „Schmerzmanagement bei GERiatrischen PAtIeNt:innen (GeriPAIN)“. Die Leitlinie ist im AWMF-Leitlinienregister (Registernummer: 145-002) unter der Kennzeichnung „S3-Leitlinie“ eingetragen und steht ab sofort allen medizinischen Fachkräften, Pflegenden, Therapeut:innen und Entscheidungsträger:innen in der Gesundheitsversorgung frei zur Verfügung. An der Erstellung der neuen Leitlinie beteiligt war unter anderem Prof. Dr. Erika Sirsch, Professorin für Pflegewissenschaft an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universitätsmedizin Essen.
Schmerz ist kein „normales“ Altersthema – sondern ein Risikofaktor
In Deutschland sind bereits heute über 22 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter – eine Zahl, die weiter steigt. Geriatrische Patient:innen sind durch Multimorbidität, Polypharmazie und kognitive Beeinträchtigungen besonders schmerzempfindlich und gefährdet. Schmerz ist dabei nicht nur ein Symptom, sondern ein wesentlicher Prädiktor für Gebrechlichkeit, Sturzneigung, Pflegebedürftigkeit und erhöhte Sterblichkeit. Trotz dieser Risiken bleibt Schmerz bei älteren Menschen häufig unerkannt oder unzureichend behandelt – oft weil er als „normal“ im Alter abgetan wird. Diese Fehleinschätzung hat schwerwiegende Folgen für die Lebensqualität und das Wohlbefinden.
Evidenzbasierte Empfehlungen für eine sichere und individuelle Therapie
„GeriPAIN“ liefert erstmals eine strukturierte, evidenzbasierte Orientierung für die Diagnose und Behandlung von Schmerzen bei älteren Menschen. Die Leitlinie berücksichtigt spezifische Herausforderungen wie die Erkennung von Schmerzen bei Menschen mit Demenz oder kognitiven Einschränkungen. Sie stellt klare Empfehlungen für nicht-medikamentöse Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie, psychosoziale Unterstützung und Bewegungstherapie bereit. Gleichzeitig werden sichere und wirksame medikamentöse Strategien vorgestellt, die auf individuellen Risiken und Wechselwirkungen beruhen. Invasive Verfahren wie gezielte Injektionen oder Nervenblockaden werden nur bei klaren Indikationen und unter Berücksichtigung des Gesamtrisikoprofils empfohlen.
Ein zentraler wissenschaftlicher Mehrwert liegt in der Integration interdisziplinärer Perspektiven: Ärzt:innen, Pflegekräfte, Therapeut:innen, Sozialarbeiter:innen und Patient:innen werden gleichermaßen in den Versorgungsprozess einbezogen. Dies fördert eine ganzheitliche, patientenorientierte Versorgung, die über die reine Symptombehandlung hinausgeht.
Beteiligung von Betroffenen
Ein besonderes Merkmal der „GeriPAIN“-Entwicklung ist die aktive Einbindung einer Vertreterin der von Schmerz Betroffenen bereits in die Antragsstellung. Heike Norda von der UVSD SchmerzLOS e.V. war nicht nur als Expertin, sondern als Lebenserfahrungsträgerin in den Prozess eingebunden. Dies unterstreicht die Zielrichtung der Leitlinie: Schmerzversorgung auch aus der Perspektive der Betroffenen.
Für mehr Sicherheit, Qualität und Teilhabe im Alter
„GeriPAIN“ zielt darauf ab, die Sicherheit von Patient:innen zu erhöhen, Versorgungsbrüche zu vermeiden und die interprofessionelle Zusammenarbeit im Schmerzmanagement zu stärken. Durch klare, evidenzbasierte Empfehlungen wird eine bessere Versorgungsqualität ermöglicht, die gleichzeitig wirtschaftlicher und nachhaltiger ist. Gleichzeitig fördert die Leitlinie die Partizipation älterer Menschen in ihrer eigenen Gesundheitsversorgung – ein zentrales Anliegen der modernen Medizin.
Ein neuer Standard für die Versorgung im Alter
Mit der Veröffentlichung von „GeriPAIN“ wird erstmals ein umfassender, interprofessioneller und sektorenübergreifender Ansatz für das Schmerzmanagement bei älteren Menschen in Deutschland etabliert – in der ambulanten, akutstationären und langzeitstationären Versorgung. Die Leitlinie baut auf der bereits bestehenden S3-Leitlinie „Schmerzassessment bei älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe“ (AWMF-Registernummer 145-001) auf und erweitert sie um zentrale Aspekte der Diagnosestellung sowie der nicht-medikamentösen, medikamentösen und invasiven Schmerztherapie. Damit wird ein bisher fehlender systematischer Rahmen für die ganzheitliche Schmerzversorgung im Alter geschaffen.
Zugang und Verbreitung
Die vollständige S3-Leitlinie „GeriPAIN“ ist ab sofort im AWMF-Leitlinienregister sowie auf der Website der Deutschen Schmerzgesellschaft https://www.deutsche-schmerzgesellschaft.de frei zugänglich. Sie steht damit allen Fachkräften und Interessierten zur Verfügung, um die Versorgung älterer Menschen mit Schmerzen in Deutschland nachhaltig zu verbessern.
Die Entwicklung der Leitlinie wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (Aktenkennzeichen: 01VSF22017) gefördert. Die Koordination lag bei der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. unter der Projektleitung von Prof. Dr. Erika Sirsch (Essen), Prof. Dr. Thomas Fischer (Dresden), Dr. Corinna Drebenstedt (Friesoythe) und Heike Norda (UVSD SchmerzLOS e.V.).
Pressekontakt Dr. Milena Hänisch Dekanat, Referat für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen E-Mail: milena.haenisch@uk-essen.de Telefon: 0201/723-1615 News-Seite: www.uni-due.de/med Social Media: www.facebook.com/medessen | https://www.instagram.com/medizinischefakultaet/
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Über die Essener Universitätsmedizin Die Essener Universitätsmedizin umfasst das Universitätsklinikum Essen sowie 15 Tochterunternehmen, darunter die Ruhrlandklinik, das St. Josef Krankenhaus Werden, die Herzchirurgie Huttrop und das Westdeutsche Protonentherapiezentrum Essen. Die Essener Universitätsmedizin ist mit etwa 1.700 Betten das führende Gesundheits-Kompetenzzentrum des Ruhrgebiets und seit 2015 auf dem Weg zum Smart Hospital. 2020 behandelten unsere rund 10.000 Beschäftigten etwa 64.000 stationäre und 300.000 ambulante Patient:innen. Mit dem Westdeutschen Tumorzentrum, einem der größten Tumorzentren Deutschlands, dem Westdeutschen Zentrum für Organtransplantation, einem international führenden Zentrum für Transplantation, in dem unsere Spezialist:innen mit Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Herz und Lunge alle lebenswichtigen Organe verpflanzen, sowie dem Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum, einem überregionalen Zentrum der kardiovaskulären Maximalversorgung, hat die Universitätsmedizin Essen eine weit über die Region reichende Bedeutung für die Versorgung von Patient:innen. Wesentliche Grundlage für die klinische Leistungsfähigkeit ist die Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen mit ihrer Schwerpunktsetzung in Herz- und Kreislauferkrankungen, Immunologie und Infektiologie, Onkologie, Translationale Neuro- und Verhaltenswissenschaften sowie Transplantation.