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Gazastreifen: Mehr Angriffe auf das Gesundheitswesen als in jedem anderen Konflikt weltweit

Berlin (ots)

Im Gazastreifen gab es seit Oktober 2023 pro Monat mehr Angriffe auf das Gesundheitswesen als in jedem anderen Konflikt der jüngeren Vergangenheit. Das zeigt eine Analyse von Save the Children, in der Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgewertet wurden.

Die WHO registrierte zwischen dem 7. Oktober 2023 und Anfang April 2024 mindestens 435 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und -personal im Gazastreifen. Das entspricht 73 Angriffen im Monat - mehr als in jedem anderen von Krieg betroffenen Land seit Beginn der Datenerhebung 2018. An zweiter Stelle folgt die Ukraine mit 67 Angriffen pro Monat.

Das Gesundheitssystem im Gazastreifen ist fast komplett zusammengebrochen. Nur elf von 36 Krankenhäusern sind noch teilweise funktionsfähig. Save the Children ist mit einem medizinischen Notfallteam in einer mobilen Klinik einer Partnerorganisation in Rafah im Einsatz. Dort werden täglich mehr als 200 Menschen versorgt; rund 40 Prozent von ihnen sind Kinder.

"Es kommen immer mehr Kinder zu uns. Sie haben oft schlimme Verletzungen, Arme oder Beine verloren und brauchen mehrere Operationen", berichtet Kinderkrankenpflegerin Becky Platt. "Doch selbst simple Medikamente sind kaum zu bekommen. Bei Amputationen müssen wir mit weniger Schmerzmitteln auskommen als nötig wären. Ich bringe den Kindern dann Seifenblasen oder Spiele auf meinem Handy mit, um sie abzulenken, aber es bleibt natürlich eine Tortur. Wir haben kürzlich einen zehnjährigen Jungen behandelt, dem ein Schrapnell den Oberschenkelknochen zertrümmert hatte. Er kam mit einem externen Fixateur zu uns, hatte viel Muskelmasse und Gewebe verloren und brauchte Hauttransplantationen. Er war so verzweifelt, dass er sein Bein nicht anschauen konnte. Er weinte nur still, es war herzzerreißend. Aber das ist hier inzwischen der schreckliche Alltag."

Vor allem Kinder benötigen Operationen, berichten Ärzte aus dem Gazastreifen. Da viele Mädchen und Jungen mangelernährt sind, heilen ihre Wunden schlechter und sie sind anfälliger für Infektionen. "Wir sehen bei Kindern akute Atemwegsinfekte, Unterernährung, Krätze, Hepatitis A. In den vergangenen zwei Wochen hatte ich hier mehr Fälle von Gelbsucht als in meiner gesamten medizinischen Laufbahn", sagt Dr. Simon Struthers, Kinderarzt in einer mobilen Klinik in Rafah. "Wir behandeln auch viele Kinder mit Magen-Darm-Erkrankungen, die sich über Fäkalien verbreiten. Händewaschen würde helfen, aber viele der Vertriebenen leben in Zelten oder überfüllten Notunterkünften ohne ausreichende sanitäre Einrichtungen und sauberes Wasser. Auch Kinder mit chronischen Erkrankungen können nicht mehr behandelt werden. Und selbst einfache Medikamente wie antibiotische Salben fehlen."

Der Mangel an Sicherheit erschwert die Versorgung zusätzlich. Neben Kliniken kommen auch Krankenwagen, medizinische Hilfskonvois und Zufahrtsstraßen zu Krankenhäusern unter Beschuss. Die WHO meldete, dass zwischen Mitte Oktober 2023 und Ende März 2024 mehr als die Hälfte ihrer Einsätze im Gazastreifen verweigert, verzögert, behindert oder verschoben worden seien.

"Das medizinische Personal im Gazastreifen riskiert täglich sein eigenes Leben, um Kinderleben zu retten", sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland. "Die Angriffe auf das Gesundheitswesen müssen aufhören. Gesundheitseinrichtungen und andere zivile Infrastruktur dürfen nicht für militärische Zwecke missbraucht werden. Die Zivilbevölkerung, darunter über eine Million Kinder, muss ungehindert medizinisch versorgt werden können."

Hinweise für die Redaktion:

  • Save the Children unterstützt seit 1953 Kinder in den palästinensischen Gebieten und arbeitet im aktuellen Konflikt unablässig daran, lebensrettende Hilfe bereitzustellen und in den Gazastreifen zu bringen.
  • Die Notfallteams der Emergency Health Unit (EHU) von Save the Children sind weltweit in gewaltsamen Konflikten, nach Naturkatastrophen und in anderen Krisen für Kinder und ihre Familien im Einsatz. Das medizinische Personal und die Logistikfachkräfte der EHU sind darauf vorbereitet, schnell mobile Gesundheitsstationen zu errichten sowie lebensrettende Medikamente und Spezialnahrung in Krisengebiete zu bringen.
  • Die von Save the Children genutzten Zahlen stammen aus der 2018 eingeführten WHO-Datenbank "Surveillance System for Attacks on Health Care" (SSA) sowie den Gaza Emergency Situation Reports der WHO. Die Erhebung von Daten über Angriffe auf das Gesundheitswesen ist in einigen Kontexten schwierig, etwa wenn nationale Behörden keine regelmäßigen Aktualisierungen bereitstellen. Die Zahlen könnten daher höher sein. Die im Gazastreifen seit Oktober 2023 registrierten Angriffe stuft die WHO alle als bestätigt ein.

Zusatzmaterial zum Download:

B-Roll und Fotos aus der mobilen Klinik in Rafah sowie B-Roll einer Medikamentenlieferung (mit Transkript): https://www.contenthubsavethechildren.org/Share/lb57k0l27q46fkedbep270420sys28ld

Unter © Save the Children ist das Material honorarfrei auch zur Weitergabe an Dritte nutzbar.

Hinweis: Jede Hilfe, die Kinder und Familien im Gazastreifen erreicht, ist wichtig. Dennoch reichen die derzeitigen Lieferungen bei weitem nicht aus. Wir brauchen einen sofortigen und endgültigen Waffenstillstand.

Über Save the Children

Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.

Pressekontakt:

Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Silke Zorn
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 232
Mail: silke.zorn@savethechildren.de

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