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Börsen-Zeitung: Kommentar von Michael Flämig zum Befreiungsschlag der HypoVereinsbank: Mut der Verzweiflung

Frankfurt (ots)

Die Nachrichten von der HypoVereinsbank (HVB)
mögen auch abgebrühten Investoren die Luft genommen haben: 2,5 Mrd.
Euro Sonderwertberichtigung, 250 Mill. Euro Umbaukosten und im
Resultat ein erneuter Milliardenverlust – alles ohne vorbereitende
Andeutungen. Mit einem Befreiungsschlag beseitigte das Management
Altlasten und will den Boden bereiten für eine ertragreichere
Zukunft.
Sicherlich: Die Aktie hielt sich tapfer, weil die HVB nun als
attraktiverer Übernahmekandidat gehandelt wird. Aber diese Sicht des
Kapitalmarktes ist kein Urteil über die Qualität des Instituts.
Mittlerweile kann man den Glauben in die Bank verlieren. Wann ist
endlich das Ende der Milliarden-Sonderbelastungen erreicht? Vor zehn
Monaten erst mussten die Anleger Abschreibungen auf Goodwill und
Beteiligungen von 2,9 Mrd. Euro verdauen. Zuvor gab der Konzern die
ertragreiche Bank Austria teilweise an die Börse ab – eigentlich
ebenfalls eine Sonderbelastung. Unvergessen auch der Paukenschlag von
3,5 Mrd. DM Wertberichtigungen auf Immobilienkredite 1998.
Seit 2002 hat die Bank voraussichtlich mehr als 5 Mrd. Euro
Nettoverlust aufgehäuft. Eine gigantische Zahl. Die Aktionäre zahlen
dies mit dem dritten Ausfall der Dividende in Folge. Zugleich glichen
sie den Mittelabfluss per Kapitalerhöhung aus. Die Geduld ist
erschöpft. Dies gilt sicherlich auch für Großaktionär Münchener Rück,
den die Neuigkeit auf dem falschen Fuß erwischte. Sollte nicht schon
die Abspaltung der Hypo Group das Immobilienproblem beenden?
Vorstandssprecher Dieter Rampl hat die Feder geführt bei dem
Befreiungsschlag. Seine Radikalität hat ihren guten Grund: lieber ein
Ende mit Schrecken als quartalsweise Schrecken ohne Ende. Aus dieser
Einstellung spricht der Mut der Verzweiflung. Doch auch diese Form
des Mutes beeindruckt. Der Aufsichtsrat musste dem Projekt nicht
zustimmen, er ist nur informiert worden. Viele Fragen soll es auf der
Sitzung gegeben haben. Wie ein Damoklesschwert schwebt außerdem ein
weiteres Abrutschen auf der Ratingskala über der Bank.
Mag Rampl auch nur die Versäumnisse früherer Jahre ausbaden und
unter der verschärften Krise auf dem Immobilienmarkt leiden: Mit
einem Vertrauensvorschuss kann der HVB-Chef nicht mehr rechnen. Nun
muss die angeblich gute operative Leistung auch in den Zahlen
sichtbar werden.
(Börsen-Zeitung, 22.1.2005)

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