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Amnesty International

UNO-Tag der Folteropfer
Mehr Hindernisse als Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge in Deutschland

Bonn/München (ots)

Bitte beachten Sie die Sperrfrist:
Dienstag, 26. Juni 2001, 12.00 Uhr
Folter im Jahr 2000 Realität in mindestens 125 Staaten /
Gefolterte Flüchtlinge schweigen oft aus Scham über Erlebnisse /
Bundesamt erkennt verspätete Darstellungen nicht an / Medizinische
Gutachten ebenfalls nicht anerkannt / Zu wenig Behandlungszentren /
Unsichere finanzielle Lage der Behandlungszentren / amnesty
international fordert bessere rechtliche Stellung von traumatisierten
Flüchtlingen und mehr Behandlungszentren
Anlässlich des UNO-Tages der Folteropfer am 26. Juni weist amnesty
international Deutschland auf Mißstände beim Umgang mit
traumatisierten Flüchtlingen in Deutschland hin. Im Jahresbericht
2001 dokumentiert amnesty international, dass Folter in 125 Ländern
noch immer zum Alltag gehört. In mindestens 80 Ländern sind seit 1997
Menschen an den Folgen von Folter und Misshandlungen gestorben.
Selbst Kinder und Jugendliche werden Opfer von Folter und
Misshandlung. amnesty international liegen entsprechende Berichte aus
rund 50 Ländern vor.
Trotz dieser erschreckenden Zahlen treffen in Deutschland
Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland gefoltert wurden, immer noch
mehr auf rechtliche Hürden als auf fachkundige Hilfe. "Internationale
Untersuchungen gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent aller
Flüchtlinge, die in Europa Zuflucht suchen, Opfer von Folter sind.
Diese Tatsache wird bei Asylverfahren in Deutschland nicht
hinreichend berücksichtigt," erklärt ai-Flüchtlingsexperte Wolfgang
Grenz.
Häufig schweigen Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland gefoltert
wurden, aus Scham über ihre Erlebnisse. Die Mitarbeiter des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sind
ihrerseits nicht ausreichend geschult, um zu erkennen, wenn ein
Flüchtling auf Grund seines Traumas nicht in der Lage ist, die
Geschichte seiner Verfolgung schlüssig darzulegen. Später
eingereichte medizinische oder psychologische Gutachten werden in
vielen Fällen nicht angemessen berücksichtigt. So wurden im
vergangenen Jahr Fachgutachten zu posttraumatischen Belastungen bei
Asylbewerbern vom polizeipsychologischen Dienst regelmäßig ohne
fachliche Auseinandersetzung zurückgewiesen.
Aber selbst wenn Asylbewerber angeben, in ihrem Heimatland
gefoltert worden zu sein, reagieren Anhörer des Bundesamtes in einer
Reihe von Fällen nicht angemessen. So wurde der Antrag einer
kurdisch-türkischen Asylbewerberin als offensichtlich unbegründet
abgelehnt, obwohl sie von Folterungen auf einer Polizeistation
berichtet hatte. Der Anhörer fragte jedoch nicht nach. Ohne weitere
Ermittlungen stufte er den Vortrag der Frau als unglaubwürdig ein.
Hilfe finden Folteropfer in speziellen Therapiezentren, die sie
medizinisch und psychologisch betreuen. Um eine effektive Behandlung
gewährleisten zu können, brauchen sie neben medizinischen und
psychologischen Kapazitäten jedoch auch juristisch und
sozialpädagogisch ausgebildete Mitarbeiter. Solche Zentren gibt es
bislang noch nicht in jedem Bundesland. Die bestehenden Zentren haben
lange Wartelisten. Auch die finanzielle Sicherung der
Rehabilitationszentren ist häufig nicht ausreichend. "Viele bangen
von Jahr zu Jahr um ihre Existenz und damit auch um die Fortsetzung
ihrer Arbeit mit Folteropfern," betont Elise Bittenbinder von der
Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für
Flüchtlinge und Folteropfer (BAFF).
amnesty international fordert deshalb:
  • eine intensivere Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge für den Umgang mit Folteropfern;
  • Unterbrechung des Asylverfahrens bei Anzeichen für erlittene Folterungen. Erst nach Abschluss einer Behandlung des Opfers sollte das Verfahren fortgesetzt werden;
  • keine Abschiebung von Folteropfern in das Land, in dem sie der Folter unterworfen waren;
  • Bund und Länder müssen Behandlungszentren für Folteropfer verstärkt finanziell unterstützen. Ziel muss es sein, dass in jedem Bundesland mindestens ein Behandlungszentrum vorhanden ist, das über medizinische, psychologische, juristische und sozialpädagogische Kapazitäten verfügt;
  • Erkenntnisse der Posttrauma-Forschung müssen in den universitären Lehrstoff von Medizinern und Psychologen integriert werden. Auch die Behörden der Länder sowie Richterinnen und Richter an Verwaltungsgerichten sollten diese Forschungsergebnisse zur Kenntnis nehmen und angemessen berücksichtigen;
  • die Bundesregierung soll die Erklärung nach Artikel 22 der UN-Antifolter-Konvention abgeben. Artikel 22 ermöglicht dem Einzelnen, bei drohender Abschiebung den Antifolter-Ausschuss in Genf anzurufen, wenn sie im Falle der Abschiebung von Folter bedroht sind.
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bitte an:
amnesty international        
- Pressestelle -             
53108 Bonn
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+ 49 - (0)228 - 630036          
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