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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Ankündigung der USA, auf ein Raketenschild in Osteuropa vorerst zu verzichten

Bielefeld (ots)

Erleichterung, Zustimmung, Zufriedenheit. In den
westlichen Hauptstädten ist die Ankündigung von US-Präsident Barack 
Obama, auf den Raketenschild in Osteuropa vorläufig zu verzichten, 
mit stiller Freude aufgenommen worden. Die Welt hat genug andere 
Probleme. Kraftraubende Rüstungswettläufe kann derzeit niemand 
gebrauchen.
Allerdings, und das wurde gestern zunächst überhört, hält Obama nach 
eigenen Worten »am Aufbau eines ABM-Systems fest, das den Bedrohungen
des 21. Jahrhunderts gerecht wird«. Das Kürzel für »Anti ballistic 
missile« ist noch nicht vergessen. Das Abfangen feindlicher Raketen, 
in diesem Fall auch von Kurz- und Mittelstreckenraketen, bleibt ein 
Thema. Vom Tisch ist allein die Stationierung von Raketen und 
Radaranlagen nahe der russischen Grenze. Das sollte ein versöhnliches
Zeichen ein.
Irritierend ist deshalb die an Siegestaumel reichende Reaktion im 
Kreml. Die alte Denke, nach der jede Friedenstaube ein Fressen für 
die Falken ist, scheint dort immer noch - oder schon wieder - Zuhause
zu sein.
Nachvollziehbar sind die Reaktionen aus Polen und Tschechien. Wer nie
wieder unter ein Joch wie den Warschauer Pakt gezwungen werden will, 
fühlt sich ungleich wohler mit US-Raketen und -Radar im Lande. Die 
neue Unruhe unserer beiden Nachbarländer ist verständlicher Ausdruck 
tief sitzender und kaum zu bewältigender Ängste.
 Obama beweist Linie und Verlässlichkeit. Schon im Frühjahr war ein 
mögliches Einlenken in der Raketenfrage gegenüber Russland bekannt 
geworden. Auch in Prag und Warschau muss jetzt niemand total 
überrascht tun. Aber entscheidend ist eines. Obama hat den vom 
Vorgänger entwickelten Raketenplan auf Eis gelegt. In der 
Außenpolitik, insbesondere bei so weitreichender strategischer 
Bedeutung, sind Entscheidungen dieser Qualität äußerst selten.
Obama hat das stärkste sicherheitspolitische Signal seiner freilich 
noch recht kurzen Amtszeit gesetzt. Die »harte« Außenpolitik von 
Vorgänger George W. Bush ist damit vorbei, was nicht automatisch eine
neue weiche Welle bedeutet.
Es ist kaum anzunehmen, dass das Einlenken ohne Gegenleistung 
erfolgte. Wir kennen nicht die Vorabsprachen in den Rüstungsfragen, 
die noch bis zum Jahresende weltpolitisch auf der Agenda stehen.
Am 1. Oktober wird im UN-Sicherheitsrat mit dem Iran über dessen 
umstrittenes Atomprogramm verhandelt. Noch viel wichtiger: Am 5. 
Dezember läuft der Start-I-Vertrag aus. Ohne Verlängerung wäre die 
aktuelle Obergrenze für 1600 Trägersysteme mit bis zu 6000 
Nukleargefechtsköpfen hinfällig. Auch die 1994 festgeschriebene 
Halbierung der Zahl russischer SS 18-Interkontinentalraketen würde an
Gültigkeit verlieren. Mit Obamas Verzicht auf den Raketenschild ist 
der Weg frei für Nachfolgeverhandlungen auf Augenhöhe. Mehr noch: 
Russland ist in der Bringschuld.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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