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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Festnahme Radovan Karadzic':

Bielefeld (ots)

Die Festnahme von Radovan Karadzic in Belgrad
durch Sicherheitskräfte der Regierung ist ein später und dennoch 
großer Erfolg der weltweiten Rechts- und Menschenrechtspolitik. 
Selbst wenn der Wunsch nach EU-Mitgliedschaft schwerer wog als die 
moralische Läuterung, darf neues Vertrauen in die Gerechtigkeit 
gefasst werden: Ein weiterer Massenmörder und schlimmer 
nationalistischer Hetzer wird sich seiner Verantwortung nicht länger 
entziehen können.
In Serbien ist die neue Regierung gerade erst seit zwei Wochen im Amt
und schon diese spektakuläre Festnahme! Sie befreit damit ihr Land 
vom Geruch eines Verbrecherstaats, der über Leichen geht und selbst 
Massenmörder samt Spießgesellen als Volkshelden feiert. Auch der 
Zugriff auf Ratko Mladic dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.
Man stelle sich beide schon bald vor ihren Richtern in Den Haag vor: 
Ein Sieg des Rechts und Genugtuung für die Angehörigen vieler 
tausender Ermordeter. Karadzics Vertreibungs- und Ausrottungspolitik 
gegen die muslimische Mehrheit wird nicht ungesühnt bleiben. Zugleich
ist der hyper-nationalistische großserbische Anspruch - und das ist 
das Bemerkenswerte - durch aktives Mitwirken der Regierung in sich 
zusammengebrochen.
Allerdings ist keineswegs sicher, dass in Bosnien die Versöhnung nun 
schneller vorankommt. Zu tief sind die dort geschlagenen Wunden. Auch
in Belgrad sind die alten Seilschaften keineswegs mit abgetreten. Es 
bleibt die bittere Erkenntnis, dass es Blutsäufer auch in Europa, 
auch in heutiger Zeit noch geben kann.
Das hoffentlich bald tagende Tribunal signalisiert allen amtierenden 
Gewaltherrschern in der Welt, dass der Arm der Gerechtigkeit lang und
länger wird. Mit der jüngsten Anklageerhebung gegen den amtierenden 
Präsidenten des Sudan, Omar Al-Bashir war das deutlich geworden. In 
den Weiten von Afrikas flächengrößtem Staat wüten Reitermilizen gegen
die Darfuris und andere Volksgruppen. Der mit den Balkankriegen 
entwickelte Begriff der ethnischen Säuberung kann getrost auch auf 
die 200 000 bis 300 000 Toten des dortigen Völkermordes angewandt 
werden.
Trotz aller Rückschläge oder zumindest Hemmnisse von Simbabwe bis 
China nimmt seit Jahren eine neue Ethik politischen Handelns vor 
einer globalen Öffentlichkeit Gestalt an. Der einst eherne 
Schutzwall, der Staatsterroristen vor Verfolgung schützte, zeigt 
zunehmend Risse.
 Es sind eben nicht mehr innere Angelegenheiten, wenn eine Regierung 
bürgerliche Grundrechte mit Füßen tritt. Seit dem Ende der zwei 
großen Blöcke - Kommunismus gegen Kapitalismus - gibt es keine 
mächtigen Paten mehr, die Menschenrechtsverletzungen in ihren 
Hinterhöfen zulassen oder gar fördern. Ob Despotentum in Birma, 
Kindersoldaten von Sierra Leone bis Nord-Uganda oder vom Nachbarn 
gestützte Paramilitärs in Südamerika: Alle Auswüchse kommen an den 
Pranger. Auch wenn dieser Prozess nur schleppend verläuft, er ist 
vielversprechend.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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