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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Seligsprechung von Johannes Paul II. Mindestens ein Vorbild STEFAN KÜPPER, ROM

Bielefeld (ots)

Ein "Star" war der charismatische Karol Wojtyla ja schon lange, und er blieb es über seinen Tod hinaus und seinen Kritikern zum Trotz. Dafür sorgt die katholische Kirche, die es versteht, ihre Päpste zu inszenieren. Das dreitägige Schauspiel in Rom ist nur ein Beispiel dafür. Das Bild, das direkt nach seiner Seligsprechung auf dem Petersplatz enthüllt wurde, ist ein anderes. Warum so schnell? Das ist zumindest die am häufigsten gestellt Frage. Warum wurden nicht die sonst vorgeschriebenen fünf Jahre nach dem Tod bis zum Verfahrensbeginn gewartet? Natürlich, für den, der Johannes Paul II. seliggesprochen hat, für Papst Benedikt XVI., war der Vorgänger ein "Riese", viel größer als das einnehmende Bild, das enthüllt wurde. Aber gerade weil Johannes Paul II. über seinen Tod hinaus noch die Massen für sich einnimmt, hätten sich der Papst und die Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse doch nicht so beeilen müssen. Allein die "Santo Subito"-Rufe können es ja kaum gewesen sein, lässt sich der Vatikan doch sonst auch nicht von der öffentlichen Meinung treiben. Benedikt sagte gestern in seiner Predigt, schon am Tag seines Todes habe man den "Duft seiner Heiligkeit" spüren können. Er habe gewollt, dass es bei seinem "geliebten Vorgänger" unter Beachtung der Vorschriften rasch gehe: "Und heute ist der erwartete Tag gekommen; er ist schnell gekommen, weil es dem Herrn so gefallen hat." Die Kritiker dieser Seligsprechung werden sich davon sicher nicht überzeugen lassen. Sei es das "Netzwerk Betroffener sexualisierter Gewalt", sei es die konservative Piusbruderschaft, sei es der kirchenkritische Theologe Hans Küng, um nur ein paar zu nennen. Und wer nicht glaubt, dem erschließt sich Selig- und Heiligkeit ohnehin kaum; von einer wundersamen Parkinson-Heilung ganz zu schweigen. Zugleich aber bleibt Johannes Paul II., trotz seiner Fehler, die er wie jeder Mensch sicher auch machte und hatte, eine zutiefst beeindruckende Persönlichkeit. Auch für viele nichtreligiöse Menschen. Und teilweise aus den gleichen Gründen, aus denen gestern in Rom die Menschen in Massen seine Seligkeit bejubelten. Sein Eintreten für die Opposition in seiner polnischen Heimat, sein Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs, sein Engagement für die Religionsfreiheit, die Förderung des interreligiösen Dialogs und das Eingeständnis der historischen Verfehlungen der katholischen Kirche, sein "Mea culpa". All das. Von besonderer Größe zeugt auch sein Besuch im Gefängnis von Ali Agca. Er wollte mit dem Mann, der ihn beinahe umgebracht hätte, sprechen. Und er vergab seinem Attentäter. Auch für die, die im Zweifel für den Zweifel sind, bleibt dieses Verhalten sicher vorbildlich. Und darum geht es ja letztlich. Jenseits der Frage, ob Johannes Paul II. zu schnell seliggesprochen wur-de. Jenseits des Glaubens an Wunder, an Selige und Heilige, an Gott oder die Kirche. Manche nennen einen solchen Menschen ein Vorbild. Für andere ist er mehr.

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