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Aachener Nachrichten: Sturm im Wasserglas - Die russischen Militärmanöver und die nato; Ein Kommentar von Joachim Zinsen

Aachen (ots)

Was für ein Sturm im Wasserglas! Die Russen halten Manöver über der Ostsee, der Nordsee und dem Atlantik ab, die Nato macht Meldung und die meisten deutschen Medien hyperventilieren. Fast alle Online-Portale beschäftigten sich gestern stundenlang ausführlich mit dieser Nachricht. Häufig in schrillen Tönen. So, als sei tatsächlich Gefahr im Verzug. Gut, die Militärflüge waren nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme der Russen. Man kann sie als Muskelspiel interpretieren. Man kann sie als Provokation kritisieren. Aber gleiches muss dann auch für Manöver gelten, die die Nato in jüngster Vergangenheit in russischer Grenznähe abgehalten hat. Was das Militärbündnis den Russen im konkreten Fall vorwirft, war bei der ganzen Aufgeregtheit gestern nicht so richtig ersichtlich. Den Luftraum eines Nato-Mitgliedstaates haben Moskaus Maschinen jedenfalls nicht verletzt. Ihre Flüge waren völlig legal. Allenfalls kann den russischen Militärjets vorgehalten werden, dass sie teilweise ihre Transponder ausgeschaltet hatten, sie also keine Daten über ihre Flugrouten an die internationale Flugsicherung übermittelt und so die zivile Luftfahrt gefährdet haben. Dieser Vorwurf ist von der Nato auch prompt erhoben worden. Doch Vorsicht: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Im vergangenen Juni gab es nämlich einen Vorfall. Damals verschwanden in Österreich und angrenzenden Staaten über Stunden dutzende Flugzeuge von den Bildschirmen der Luftraumüberwachung. Tagelang wurde in der Alpenrepublik über die Ursachen des mysteriösen Vorgangs spekuliert. Bis sich herausstellte, dass zur fraglichen Zeit die Nato in Ungarn elektronische Kampfführung geübt hatte. Ziel des Manövers war es, die Transponder von Flugzeugen zu blockieren. Dabei muss den Militärs wohl ein Fehler unterlaufen sein, so dass auch die zivile Luftfahrt betroffen war. Der Vorfall sorgte im neutralen Österreich tagelang für dicke Schlagzeilen. Im Nato-Staat Deutschland hingegen blieb er medial nahezu unbeachtet. Stattdessen wird jetzt aus einem vergleichsweise nichtigen Grund Alarm geschlagen. Vielleicht, weil nicht nur im Kreml, sondern auch im Nato-Hauptquartier und in deutschen Schreibstuben einige testosterongesteuerte Falken sitzen, die den Kalten Krieg wieder aufleben lassen wollen.

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