Alle Storys
Folgen
Keine Story von Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung mehr verpassen.

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Feigheit vor dem Freund - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Deportationen, Massaker, unbeschreibliche Gräueltaten, Hunderttausende, wenn nicht weit über eine Million Tote. Natürlich war das, was Türken und Kurden den Armeniern vor 100 Jahren angetan haben, ein Völkermord. Ein Genozid, den das Deutsche Reich seinerzeit teils billigend in Kauf nahm, teils tatkräftig unterstützte. Die Türkei, allen voran ihr zunehmend zu Paranoia neigender Präsident Recep Tayyip Erdogan, verweigert sich bis heute einer offenen Debatte über das, was damals geschehen ist. Erdogan und andere türkische Offizielle attackieren all jene rüde, die einen ehrlichen Umgang mit der Geschichte anmahnen. Die deutsche Politik steht ihnen dabei zur Seite.

Weder die Bundesregierung noch der deutsche Bundestag wollen das historische Geschehen beim Namen nennen, sei es aus Rücksicht auf die wirtschaftlichen Interessen der vielen deutschen Firmen in der Türkei oder die Millionen türkischstämmiger Wähler in Deutschland. Die Grenze zwischen diplomatisch kluger Wortwahl und opportunistischer Feigheit ist fließend. Die deutsche Politik überschreitet sie mit ihrer Zurückhaltung. Sie kuscht vor dem türkischen Nationalismus.

Wenn nun aber der Christdemokrat Norbert Röttgen als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Bundesregierung in dieser Causa "taktisches" Verhalten vorwirft, dann beschreibt er nur etwas, was integraler Bestandteil deutscher Außenpolitik ist, die deutliche und kritische Worte nur dann wählt, wenn es politisch opportun erscheint. Womit sie sich selbst diskreditiert.

Immer wieder wird das syrische Regime für die Angriffe auf Zivilisten kritisiert. Zu den zahlreichen toten Zivilisten bei den Luftangriffen der arabischen Koalition im Jemen sagt die deutsche Politik nichts. Das iranische Mullah-Regime wird gebrandmarkt, mit dem ungleich rückständigeren und repressiveren Königshaus in Saudi-Arabien macht Deutschland beste Geschäfte. Der Mord an dem russischen Kremlkritiker Nemzow löst einen Aufschrei der Empörung aus. Zu den Morden an russlandfreundlichen ukrainischen Oppositionellen äußert sich die Bundesregierung nicht.

Es ist eigentlich ganz einfach: Menschenrechte sind universell. Wer sie verletzt, gehört an den Pranger gestellt. Wer sie in der Vergangenheit verletzt hat, sollte dazu gedrängt werden, sich der Geschichte zu stellen. Gerade ein Land wie Deutschland, das sich der schauerlichsten Verbrechen an der Menschlichkeit schuldig gemacht hat, ist in der Pflicht, vergangene und aktuelle Menschenrechtsverletzungen beim Namen zu nennen. Auch und insbesondere, wenn Freunde und Partner sie begangen haben oder begehen.

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original-Content von: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 16.04.2015 – 15:56

    NRZ: Der billige Aufschwung - ein Kommentar von PETER HAHNE

    Essen (ots) - Deutschland stehen wirtschaftlich rosige Zeiten bevor. Folgt man den führenden Konjunkturforschungsinstituten bei ihrem Blick in die Glaskugel, wird das Wachstum in diesem Jahr um gut zwei Prozent und damit sehr kräftig zulegen. Gewiss: Solche Prognosen sind immer mit Vorsicht zu genießen und nur solange mit einer gewissen Eintrittswahrscheinlichkeit versehen, wie nichts Unvorhergesehenes dazwischen ...

  • 15.04.2015 – 17:13

    NRZ: Europas größte Schande - ein Kommentar von KNUT PRIES

    Essen (ots) - Wer würde nicht zustimmen, dass man Halunken das Handwerk legen muss, die daran verdienen, dass sie verzweifelten Menschen hohe Beträge abknöpfen, sie auf hochseeuntaugliche Schiffe verfrachten und sie dann ihrem Schicksal, also in vielen Fällen: dem Tod durch Ertrinken, überlassen. Diese "Schleuser" sind Verbrecher. Und ist es nicht logisch, dass man ihnen das schaurige Geschäft erleichtert, je mehr ...

  • 15.04.2015 – 17:04

    NRZ: Das Unmögliche - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - Mit ihrem Klimaschutzplan versucht die Landesregierung das eigentlich Unmögliche: NRW soll kohlebasiertes Industrieland bleiben und gleichzeitig führend beim Klimaschutz werden, das Ganze im Dialog zwischen Politik, Industrie und Zivilgesellschaft. Zumindest der Dialog hat wohl gut funktioniert. Aber wie das so ist: Viel Dialog heißt viel Kompromiss, weswegen im Klimaschutzplan wenig Konkretes, aber um so ...