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WAZ: Merkel gibt das Tempo vor - Kommentar von Hendrik Groth

Essen (ots)

Der Start der großen Koalition ist für die SPD
schwieriger als erwartet, denn in den Koalitionsverhandlungen haben
Müntefering und Co. der Union ein eher sozialdemokratisches
Regierungsprogramm abgerungen. Ihre Ministerposten wurden unter
allgemeiner Zustimmung zugleich mit honorigem Personal versehen. Die
Partei konnte sich in der warmen Herbstsonne wohlfühlen. Nach
schweren Wahlniederlagen in den Ländern war es nicht zu dem
befürchteten GAU für die sozialdemokratische Seele, dem Machtverlust
in Berlin gekommen.
Doch plötzlich schlägt das Klima um. Angela Merkel ist in der
Offensive. Die Bundeskanzlerin und CDU-Parteivorsitzende macht im
Ausland und damit auch im Inland Eindruck, unaufgeregt hat sie auf
schwierigem Terrain - gleich ob Washington oder Moskau - überzeugend
schnell Tritt gefasst. Der SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier
steht hingegen wegen CIA-Flügen in Europa oder BND-Aktivitäten im
Irak in der Kritik.
Jetzt, vor drei Landtagswahlen im März, rutscht die SPD bundesweit
wieder unter die 30 Prozent, während die CDU gegenüber dem Ergebnis
der Bundestagswahl zulegt. Woran das liegt, darüber lässt sich
wahrlich streiten. Womöglich ist ein Grund für diese Entwicklung
darin zu sehen, dass der neue SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck noch
nicht seine Position gefunden hat.
Die SPD wirkt relativ konturenlos, auch wenn Platzeck zu Protokoll
gibt, dass die soziale Gerechtigkeit das „Herzblut” der SPD sei. Der
Eindruck verfestigt sich aber, dass die Sozialdemokraten in Zeiten
chronischer Haushaltsdefizite und Massenarbeitslosigkeit das
Gerechtigkeitsthema auf Bildungsgerechtigkeit reduzieren wollen. Das
wird für die Partei zu wenig sein, wenn gleichzeitig die Union
versucht, sich in der künftigen Familienpolitik ebenfalls als
Gerechtigkeitspartei zu profilieren. Die Nervosität einiger Genossen
ist verständlich.
Vor allem der Hoffnungsträger Platzeck agiert unglücklich. Bei der
Kabinettsklausur im brandenburgischen Genshagen stimmte er als
Großkoalitionär für einen Kompromiss bei den Betreuungskosten für
Kinder. Eine Woche später kassierte er als SPD-Vorsitzender diesen
Kompromiss wieder ein und schnürte so ein Forderungspaket wieder auf.
Mit „wer nicht lernt, ist tot”, versucht Platzeck sein Vorgehen zu
erklären oder gar zu entschuldigen. Ein netter Satz ist das, mehr
aber auch nicht. Schon Rot-Grün musste, folgt man dieser Logik, 1998
und 2002 viel lernen. Überwiegend erfreulich war die Beobachtung
dieser Lernprozesse nicht. Für die Sozialdemokraten wird es in den
kommenden Wochen nicht leicht. Sie müssen ohne Zick-Zack-Kurs Profil
beweisen, ohne automatisch die Koalition mit der Union infrage zu
stellen.

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