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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

Weltkonferenz der Deutschen Seemannsmission eröffnet EKD-Ratsvorsitzender: Seemannsmissionare sind Wanderprediger der Moderne

Hannover (ots)

Mit einem Gottesdienst im St. Petri Dom in Bremen
ist heute um 14 Uhr die Weltkonferenz der Deutschen Seemannsmission 
eröffnet worden. In seiner Predigt würdigte der Vorsitzende des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang 
Huber, das Engagement der Seemannsmission für die Rechte und die 
Menschenwürde der Seeleute. An der Gestaltung des Gottesdienstes 
wirkte auch der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, 
Renke Brahms, mit. Im Anschluss an den Gottesdienst stand eine 
Podiumsdiskussion zum Thema "Fair Transport at sea - Würde und 
Gerechtigkeit im internationalen Wettbewerb" im Bremer Rathaus auf 
dem Programm, an der auch der Auslandsbischof der EKD, Martin 
Schindehütte, teilnahm.
Die Bedingungen, unter denen die Seeleute an Bord arbeiten 
müssten, seien extrem hart, sagte der Ratsvorsitzende in seiner 
Predigt. Bei einem Besuch der Deutschen Seemannsmission in Chile habe
er "erschütternde Details zu hören bekommen" über die Lage von 
Menschen, die "eingetaktet sind in das Leben schwimmender Fabriken 
und gigantischer Logistikmaschinerien." Oft sei es den Seeleuten 
verwehrt, bei kurzen Aufenthalten im Hafen von Bord zu gehen. "Dafür 
fehlt schlicht die Zeit, weil sich das Löschen und Neubeladen der 
Containerschiffe mit Hilfe modernster Technik so rasant vollzieht. 
"Längst ist das Löschen von 'Kisten, Kasten und Mandolinen' mit den 
eigenen Händen einem High-Tech-Logistik-Betrieb gewichen, der 
tausende von Tonnen umzuschlagen vermag, ohne dass dafür mehr als 
eine Handvoll Arbeiter gebraucht würde." In der Welt der 
Globalisierung sei die Zuwendung zu den Seeleuten besonders wichtig. 
Sie spürten in der Arbeit der Seemannsmissionare einen verlässlichen 
Anker der Zuwendung. "Seemannsmissionare sind Wanderprediger der 
Moderne", die oft ähnlich bedürfnislos unterwegs seien wie die Jünger
Jesu und ein weltweites Netzwerk bildeten.
Die Deutsche Seemannsmission e.V. unterhält heute nach eigenen 
Angaben im Ausland über 17 Seemannsstationen, die eine 'Heimat in der
Fremde' für Seeleute bieten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 
gehen an Bord und sind für Gespräche, für die Sorgen und Nöte der 
Seeleute da, die langen Fahrenszeiten und immer kürzere Liegezeiten 
in den Häfen haben. In Deutschland sind 16 Stationen mit 
eigenständigen Inlandsvereinen unter dem Dach der DSM organisiert. 
Die diakonisch-missionarische Arbeit an Seeleuten wird von Deutschen 
Seemannsmissionen seit über 150 Jahren getan. Ihre Tätigkeit wird 
durch die evangelische Kirche, private Spenden und freiwillige 
Abgaben von Reedereien finanziert.
Hannover, 28. Mai 2008
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Es folgt die Predigt im Wortlaut
Es gilt das gesprochene Wort!
Bischof Dr. Wolfgang Huber
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Predigt im Gottesdienst zur Eröffnung
der Weltkonferenz der Seemannsmissionen
St. Petri-Dom zu Bremen, 28. Mai 2008
Matthäus 10, 5-15
I.
Eine malerische Bucht an der Pazifikküste Südamerikas. Ihr weiter 
Schwung trennt Wasser vom Land, schwankenden vom festen Boden, 
unendliche Weite von Heimat, Ankunft und Abfahrt. Kleinere Boote 
liegen am Ufer, gewaltige Containerschiffe etwas weiter draußen. Auf 
unzähligen von ihnen sei er gewesen, erzählt der Mitarbeiter der 
Deutschen Seemannsmission. Freilich seien es im Laufe der Jahre immer
weniger Deutsche gewesen, die er auf den Schiffen getroffen habe; 
zudem seien die Bedingungen, unter denen die Seeleute an Bord 
arbeiten müssten, extrem hart.
Noch sehr gut erinnere ich mich an diese Begegnung mit der Arbeit der
Deutschen Seemannsmission am anderen Ende der Welt im chilenischen 
Valparaiso. Erschütternde Details bekam ich zu hören über die Arbeit 
auf See, über die Lage von Menschen, die eingetaktet sind in das 
Leben schwimmender Fabriken und gigantischer Logistikmaschinerien. 
Oftmals ist es den Seeleuten verwehrt, bei kurzen Aufenthalten im 
Hafen von Bord zu gehen. Dafür fehlt schlicht die Zeit, weil sich das
Löschen und Neubeladen der Containerschiffe mit Hilfe modernster 
Technik so rasant vollzieht. Die Entwicklung des Containertransports 
und der Containerabfertigung hat das Arbeitsleben der Menschen auf 
See tiefgreifend verändert. Der Container ist einerseits zum Symbol 
für die Globalisierung geworden, für die immer intensivere Vernetzung
der nationalen Märkte. Andererseits zeigt sich an ihnen die immer 
stärker automatisierte und technisierte Arbeitswelt. Längst ist das 
Löschen von "Kisten, Kasten und Mandolinen" mit den eigenen Händen 
einem High-Tech-Logistik-Betrieb gewichen, der tausende von Tonnen 
umzuschlagen vermag, ohne dass dafür mehr als eine Handvoll Arbeiter 
gebraucht würde.
Wieder und wieder stellt sich angesichts solcher Entwicklungen die 
Frage nach dem Menschen: "Mensch, wo bist du?" lautet das Motto für 
den nächsten Deutschen Evangelischen Kirchentag im kommenden Jahr 
hier in Bremen. Was ist der Mensch angesichts einer weiteren Stufe im
Prozess der Industrialisierung.
II.
Hören wir auf Gottes Wort. Ich lese einen Abschnitt aus dem zehnten 
Kapitel des Matthäusevangeliums.
Jesus sandte die zwölf Jünger aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht
den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, sondern
geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel. Geht aber 
und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. 
Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt 
böse Geister aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch.
Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, 
auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch 
keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert. Wenn ihr 
aber in eine Stadt oder ein Dorf geht, da erkundigt euch, ob jemand 
darin ist, der es wert ist; und bei dem bleibt, bis ihr weiterzieht. 
Wenn ihr aber in ein Haus geht, so grüßt es; und wenn es das Haus 
wert ist, wird euer Friede auf sie kommen. Ist es aber nicht wert, so
wird sich euer Friede wieder zu euch wenden. Und wenn euch jemand 
nicht aufnehmen und eure Rede nicht hören wird, so geht heraus aus 
diesem Hause oder dieser Stadt und schüttelt den Staub von euren 
Füßen. Wahrlich, ich sage euch: Dem Land der Sodomer und Gomorrer 
wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dieser Stadt.
Es gibt in den Evangelien nur wenige Abschnitte, die den Abstand 
zwischen der Zeit Jesu und unserer Zeit gleich auf den ersten Blick 
so massiv spüren lassen wie dieser Abschnitt aus dem 
Matthäusevangelium. Jesus gibt seinen Jüngern Anweisungen darüber, 
wie sie sich ausrüsten sollen, wenn sie als Missionare sein Wort 
weitertragen.
Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben. 
Diese Aufforderung ist noch vergleichsweise leicht zu beherzigen; 
Gold, Silber oder Kupfer wird niemand in seinem Gürtel mit sich 
tragen. Doch so leicht auch heute einer solchen Versuchung zu 
widerstehen ist, so wenig selbstverständlich ist das für die Zeit 
Jesu. Denn bei Gold, Silber oder Kupfer geht es um die Materialen, 
aus denen die gängigen Münzen jener Zeit geschaffen waren. Und der 
Gürtel war mit einem Beutel verbunden, in dem man das benötigte Geld 
mit sich führte - so ähnlich, wie es auch heute wieder modern wird, 
wenn man sich vor Taschendieben schützen und seine Zuflucht nicht zu 
einem lästigen Brustbeutel nehmen will.
Aber auch keine Reisetasche mitzunehmen, auch nicht zwei Hemden, 
keine Schuhe, auch keinen Stecken - für so viel Enthaltsamkeit muss 
man wohl bei der Seemannsmission arbeiten! Vielleicht liegt hier der 
tiefere Grund dafür, dass Sie diesen Text als Evangelium für den 
heutigen Tag ausgewählt haben. Es handelt sich, wie es in dem 
großartigen Kommentar zu unserem Evangelium von Ulrich Luz heißt, um 
einen der "am stärksten verdrängten Texte der Evangelien" überhaupt. 
Gibt es eine heimliche Nähe zwischen den Wanderpredigern der frühen 
Christenheit und der Seemannsmission? Jedenfalls für den Besuch auf 
einem weit draußen auf See liegenden Schiff wäre es ja ausgesprochen 
hinderlich, beim Übersteigen der Bordwand mit Hilfe einer 
Strickleiter oder eines schaukelnden Stegs eine Reisetasche mit 
Hemden und Schuhen mit sich zu führen.
Ganz gewiss geht es Jesus nicht in erster Linie um Fragen der 
Ausrüstung. Wer sich für die Predigt seines Wortes in die Welt senden
lässt, soll sich für Verkündigung und Wunder nicht entschädigen 
lassen. Denn Gottes Liebe ist nicht käuflich, sondern Gottes Geschenk
an alle Menschen. Der Verzicht auf umständliches Reisegepäck ist für 
Jesus ein Zeichen dafür, dass ein Mensch in seinem Namen unterwegs 
ist. So wie im Leben Jesu das Gottesreich bereits aufscheint, so soll
das Leben derer, die ihm nachfolgen, Gottes kommendes Heil bezeugen. 
Nicht auf sich selbst, sondern allein auf Gottes Gnade soll sich der 
berufen, der im Namen Jesu predigt. Umsonst habt ihr's empfangen, 
umsonst gebt es auch. Die Vollmacht der Botschaft Jesu geht auf seine
Jünger über. Sie sollen hingehen, taufen und alle Völker lehren. Sie 
sollen Botschafter des Glaubens und Zeugen für Gottes Liebe sein.
III.
Die Liebe gehört uns wie der Glaube. Dieser Satz beschreibt auf 
engste das Miteinander von Glaube und Liebe, von Gottvertrauen und 
helfendem Handeln, um das es schon bei der Aussendung der ersten 
Jünger geht. Die Liebe gehört uns wie der Glaube. Diesen Satz findet 
man allerdings nicht im Neuen Testament. Es handelt sich vielmehr um 
den wohl am häufigsten zitierten Satz von Johann Hinrich Wichern, 
dessen zweihundertsten Geburtstag die evangelische Kirche in 
Deutschland in diesem Jahr feierlich begeht. Wichern gehört zu den 
großen Gründergestalten der modernen Diakonie; von seinen Impulsen 
zehren wir bis zum heutigen Tag.
Einen gewissen Impuls hat auch die Deutsche Seemannsmission durch 
Wichern erhalten; in seiner berühmten Stegreifrede in Wittenberg, die
1848 zur Gründung der Inneren Mission führte, nahm er auch die 
Deutschen außerhalb ihres Vaterlands genauso wie die Mission an der 
Themse oder die Zustände in deutschen Häfen und in Übersee in den 
Blick. Auch an ihnen war die Entchristlichung des Volkes abzulesen, 
der Wichern mit der Inneren Mission ein neues Programm der 
Durchchristlichung des ganzen Volkes entgegensetzen wollte.
Die Liebe gehört uns wie der Glaube.  Wichern hat dieses Wort über 
die christliche Kirche gesagt. Die meisten, die dieses Wort gern vor 
sich her tragen, haben es dabei vor allem auf die Liebe abgesehen. 
Wicherns Aussage soll nahe legen, dass die christliche Kirche schon 
ganz in Ordnung ist, wenn sie ihre Liebestätigkeit gut organisiert. 
Diakonie - darauf kommt es an! Doch weder Wichern noch der Kirche 
wird man damit gerecht. Wichern war beides gleich wichtig: die Liebe 
und der Glaube. Zahlreiche Einrichtungen zeugen von seinem 
Unternehmergeist aus christlichem Glauben und von seinem 
entschlossenen Willen, die Einrichtungen der christlichen 
Nächstenliebe mit dem Geist des christlichen Glaubens zu 
durchdringen.
Christliches Handeln und das Bekenntnis des Glaubens gehören 
zusammen. Immer wieder meinte man in den vergangenen Jahrzehnten, in 
den Kirchen das eine ohne das andere praktizieren zu können. Doch der
Glaube ohne die Tat der Liebe ist wie ein Schiff, das ohne Kiel auf 
dem Trockenen liegen muss: es taugt nicht, um auf See bestehen zu 
können. Und die Tat der Liebe ohne den Glauben ist wie ein Schiff, 
das ohne Segel auf dem Meer dahin treibt, das kein Ziel und keine 
Richtung kennt.
Jedes helfende Handeln geschieht unabhängig von den Voraussetzungen 
der Person, die der Hilfe bedarf. Das weiß man nirgendwo besser als 
in der Seemannsmission. Nationale Herkunft oder religiöse Bindung, 
Alter oder Ansehen sind für die Seemannsmission ohne Bedeutung. 
Geholfen wird dort, wo Hilfe nötig ist. Aber das schließt nicht aus, 
sondern ein, dass alle Beteiligten spüren, welcher Glaube uns dazu 
verhilft, Menschen als Menschen zu sehen - ohne alle Abstufungen nach
vermeintlicher Würdigkeit, allein nach ihrer Würde. Wichern sah in 
der Diakonie die Signatur der Christenheit, das Zeichen also, an dem 
sich der christliche Glaube erkennen lässt. Dass Gott nicht unbewegt 
über den Dingen schwebt, sondern in Jesus Mensch wird, bestimmt das 
Gottesbild wie das Menschenbild des christlichen Glaubens.
Jesus fordert seine Jünger dazu auf, den Glauben zu verkündigen und 
Liebe zu üben. Es ist, als ob er seinen Jüngern eine geistliche 
Überlebensweste anlegt: Predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe
herbeigekommen. ... Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert. Die 
Zuwendung zum Menschen und die Predigt vom nahenden Gottesreich - 
beides fügt er zusammen. Und er ist fest davon überzeugt, dass der, 
der reichlich gibt, auch empfangen wird, was er braucht.
IV.
Menschen brauchen die Liebe und den Glauben. In der Welt der 
Globalisierung, die sich zwischen den Häfen und während des oftmals 
einsamen Wegs auf hoher See noch rauer aufspannt als auf anderen, 
schnelleren Verbindungswegen, ist die Zuwendung zu den Seeleuten 
besonders wichtig. Sie spüren in der Arbeit der Seemannsmissionare 
einen verlässlichen Anker der Zuwendung. Besonders deutlich wird dies
in dem Ausspruch eines Matrosen, der den Hafen, in den sein Schiff 
eingefahren ist, an der Person des Seemannsmissionars erkennt, der 
ihm schon von ferne zuwinkt. Gerade derjenige, der auf hoher See 
unterwegs ist, braucht einen Ankerplatz für seine Gefühle, einen 
Hafen für seine Seele.
	Seemannsmissionare sind Wanderprediger der Moderne, oft ähnlich 
bedürfnislos unterwegs, wie Jesus seine Jünger auf den Weg schickt. 
Sie bilden ein weltweites Netzwerk und sind darin auf ihre Weise ein 
Baustein der weltweiten Christenheit. Oft ist es die helfende Tat, 
mit der sie einen Seemann auffangen, oft ist es das befreiende Wort. 
Auch für den Dienst der Seemannsmission gilt: Die Liebe gehört uns 
wie der Glaube. Herzlich danke ich Ihnen allen für Ihren selbstlosen,
oft aufopferungsvollen Dienst. Gebe Gott dazu auch weiterhin seinen 
Segen. Amen.

Pressekontakt:

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Hans-Christof Vetter
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Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: christof.vetter@ekd.de

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