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BERLINER MORGENPOST: Eine Polizei des Bundes ist überfällig - Leitartikel

Berlin (ots)

Wer viele Kritiker hat, hat es richtig gemacht: Stimmt dieser bekannte Spruch, hat der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident und frühere Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) mit seiner Kommission zur Reform der Sicherheitsbehörden in Deutschland ins Schwarze getroffen. Kaum hatte die Kommission - im April eingesetzt von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) - den Vorschlag, Bundeskriminalamt und Bundespolizei zusammenzulegen, veröffentlicht, hagelte es Kritik von allen Seiten. Die einen sagten, die Vorschläge der Kommission brächten weniger statt mehr Sicherheit, andere bezeichneten den Abschlussbericht als zu mutlos, der bayerische Innenminister verglich Bundespolizei und BKA sogar mit Metzger und Bäcker, deren Zusammenlegung ja auch keine besseren Wurstbrote hervorbringe. Was für ein Unsinn. Es ist überfällig, dass die Doppel- oder gar Dreifachzuständigkeiten bei BKA, Bundespolizei und anderen Sicherheitsbehörden endlich angegangen werden. Die so wichtige Arbeit der Polizeien in Bund und Ländern ist im Laufe der Jahre ineffizienter geworden, weil sich die Behörden nicht absprechen, weil jeder seine eigenen Kriminalbereiche aufgebaut hat, weil sich die Strukturen immer mehr verfestigten. Nur ein Beispiel: Auf den Bahnhöfen ist die Bundespolizei im Einsatz, verfolgt werden aber häufig Kleinkriminelle, für die jedoch besser die jeweilige Landespolizei zuständig sein sollte. Generell hat die Bundespolizei seit 2005 immer mehr Aufgaben übernommen - zulasten der Länderpolizeien. Der Vorschlag, BKA - das auch in den Augen der Bundesbürger geradezu heilig ist - und Bundespolizei - die 2005 ja aus dem Bundesgrenzschutz hervorging - zu fusionieren, ist deshalb ein erster großer Schritt. Und wird mehr Effizienz und deshalb auch mehr Sicherheit bringen. Einige, vor allem die FDP und die Gewerkschaft der Polizei wollten gerne noch den Zoll als eigenständige Behörde auflösen und eine Bundesfinanzpolizei schaffen. Sie sind jetzt bitter enttäuscht, dass es dazu nicht kommt. Durch die Einbindung des Zolls würden aber neue Schnittstellen entstehen, es bestünde außerdem die Gefahr, dass Milliarden-Einnahmen verloren gingen, wenn man den Zoll jetzt in eine Superbehörde integrieren würde. Kritik wurde gestern auch geübt, dass es keine Vorschläge zur Terrorismusabwehr gibt. Nun, dieses Thema durfte die Werthebach-Kommission gar nicht bearbeiten - auf ausdrückliche Anweisung des Bundesinnenministers. Dies ist im Nachhinein angesichts der zunehmenden Terrorgefahr natürlich bedauerlich, aber das kann ja dann die nächste Expertengruppe übernehmen. Durch die Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei wird nun eine Polizei des Bundes geschaffen. Offen ließ die Werthebach-Kommission jedoch, ob diese neue Polizei beim Bundesinnenministerium angesiedelt werden soll oder als eigenständige Bundesbehörde agieren soll. An diesem Punkt haben sogar die Kritiker einmal recht: Die Polizei des Bundes muss eigenständig bleiben, so viel Mut hätte die Kommission schon aufbringen können - auch gegenüber ihrem Auftraggeber.

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