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Börsen-Zeitung: Auf Entzug, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Die Herz-Lungen-Maschine wird abgestellt, aber
der Patient bleibt auf der Intensivstation. Das ist im Wesentlichen 
die Botschaft, die der geldpolitische "Chefarzt" der Eurozone, 
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, am gestrigen Donnerstag in sein 
ökonomisches Bulletin gepackt hat.
Zwar macht die Europäische Zentralbank jetzt Ernst mit dem 
Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik. Sukzessive werden die
mehrmonatigen Refinanzierungskredite mit den Banken der Eurozone 
eingestellt. Mitte Dezember wird der dritte sogenannte 
Zwölfmonatstender der letzte sein, nach dem 31. März 2010 soll es 
keine Sechsmonatstender mehr geben.
Die extrem expansive Ausrichtung der Geldpolitik - daran wollte 
Trichet keinen Zweifel aufkommen lassen - soll aber weit bis in das 
kommende Jahr hinein beibehalten werden. Das heißt, der Leitzins wird
in den nächsten Monaten unverändert auf dem historisch niedrigen 
Niveau von 1% bleiben, auch der noch deutlich darunterliegende 
Marktzins Eonia soll nicht nach oben treiben, sodass es auch nicht zu
einer verdeckten Straffung des geldpolitischen Umfeldes kommt. Denn 
vorerst werden die Banken weiterhin in den von nun an kurzfristigeren
Refinanzierungsgeschäften mit der Zentralbank so viel Liquidität 
erhalten, wie sie brauchen.
Die EZB stellt dem Patienten Euroraum damit eine geteilte 
Diagnose. Der Bankensektor zeigt sich derart erholt, dass er nicht 
mehr bis zum Sanktnimmerleinstag mit Liquidität zum Nulltarif 
versorgt werden muss. Die Gewinne vieler Banken sprudeln wieder, und 
in einigen Marktsegmenten blubbert es schon wieder spekulativ. Die 
allmähliche Entwöhnung des Finanzsektors von der Droge 
"unkonventionelle Geldpolitik" ist geboten.
Zugleich berappelt sich die Realwirtschaft der Eurozone nur sehr 
zögerlich, und es sind weit und breit keine Inflationsrisiken in 
Sicht. Legt man den Inflationsausblick der europäischen 
Notenbankvolkswirte zugrunde, müssten die Währungshüter die 
Geldpolitik sogar noch expansiver ausrichten, denn in den kommenden 
zwei Jahren wird die Teuerung den Wunschbereich von knapp unter 2% 
deutlich unterschreiten.
Das heißt: Auch wenn nun die Entziehungskur für den Finanzsektor 
beginnt, die Abkehr von dem niedrigen Zinsniveau steht noch nicht an.
Und das ist auch gut so.

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