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Börsen-Zeitung: Chance vertan, Kommentar von Christof Roche zum "Apotheken-Urteil" des Europäischen Gerichtshofes

Frankfurt (ots)

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)
ist klar. Der Fremdbesitz von Apotheken in Deutschland bleibt 
verboten. Nicht Kapitalmarktinteressen sollen die 
Arzneimittelversorgung leiten, sondern verantwortungsvolle Apotheker.
So weit, so gut der Spruch aus Luxemburg - und das Aus für die Pläne 
des Pharmahändlers Celesio, über seine Apothekentochter DocMorris 
eine weitflächige Medikamentenversorgung in Deutschland zu starten.
Allerdings: Die Argumentation des Gerichtshofes für das 
Grundsatzurteil ist kaum überzeugend. Glauben die Richter 
tatsächlich, dass ein Pharmazeut bei DocMorris Pillen wie Bonbons 
unter die Leute bringt, nur weil er angestellt ist? Erstens ist er 
ebenfalls approbiert und hat den gleichen Ethos-Werdegang wie seine 
Kollegen mit inhabergeführten Häusern durchlaufen. Zweitens ist das 
Gros der Medikamente in den Apotheken, ob Kette oder inhabergeführt, 
rezeptpflichtig und wird von Ärzten verschrieben. Mit anderen Worten:
Die Einflussnahme des Apothekers auf den Verkauf ist nachgeordnet. 
Und drittens wackelt das EuGH-Argument erheblich, den Patientenschutz
über Gewinnstreben zu stellen, wenn man die deutsche 
Apothekenregelung betrachtet. Dort ist es einem Apotheker 
ausdrücklich erlaubt, mehrere Geschäfte unter einem Dach zu führen. 
Was aber ist dies anderes, als Synergieeffekte zu realisieren und 
Gewinne zu maximieren? Ist dies bei einem Apotheker, der selbst wie 
ein Mini-DocMorris agiert, nicht sogar fragwürdiger, geht es hier 
doch um ganz andere Gewinnmargen?
Sicherlich: Der Gesundheitsschutz ist ein hohes Gut. Und richtig 
ist auch: Ohne EU-Angleichung im Gesundheitswesen ist es Sache der 
Staaten, den Medikamentenvertrieb in Eigenregie zu organisieren. Das 
bestätigt der EuGH - und vergibt dennoch eine Riesenchance, tradierte
Strukturen aufzubrechen und in Zeiten, in denen die Gesundheitskosten
explodieren, Effizienzen über Größe und Einkaufsmacht zugunsten der 
Patienten und des Gesamtsystems zu heben. Wenn Ulla Schmidt in Berlin
jetzt applaudiert, die Apothekerschaft müsse dem EuGH-Urteil gerecht 
werden und "Qualität und Wirtschaftlichkeit der 
Arzneimittelversorgung" verbessern, ist dies heuchlerisch. Ehrlicher 
wäre es gewesen, gleich die ganze Botschaft zu nennen: Das 
Fremdbesitzverbot der Apotheken ist politisch gewollt - und wird auf 
Dauer die Medikamente verteuern.
(Börsen-Zeitung, 20.5.2009)

Pressekontakt:

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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de

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