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Der Tagesspiegel: Therapeut: Kirche ignorierte Warnungen

Berlin (ots)

Berlin - Im Skandal um sexuellen Missbrauch im
Münchner Erzbistum hat der Psychotherapeut Werner Huth schwere 
Vorwürfe gegen die katholische Kirche erhoben. Mehrmals habe er die 
Bistumsleitung davor gewarnt, den aus Essen nach München versetzten 
pädophilen Pater H. in der Jugendarbeit einzusetzen, sagte Huth dem 
"Tagesspiegel" (Samstags-Ausgabe). Auch in der Amtszeit von Joseph 
Ratzinger als Münchner Erzbischof (1977 bis 1981) habe er seine 
Bedenken leitenden Geistlichen vorgetragen, darunter auch einem 
Weihbischof, sagte der Münchner Psychotherapeut. Die Warnungen wurden
ignoriert. Er sei entsetzt gewesen, als er erfuhr, dass Pater H. bis 
vor zwei Jahren Gemeindepfarrer war und 150 Ministranten betreut 
habe. "Um Gottes willen", sagte Huth, "Pater H. hätte unter keinen 
Umständen mit Kindern etwas zu tun haben dürfen."
H. habe weder genügend eingesehen, dass er ein Problem hat, noch dass
eine Therapie sinnvoll ist, sagte Huth. Der Pater kam auf Druck 
seiner Vorgesetzten. Bereits 1980 habe er H. die Auflagen gemacht, 
Jugendliche zu meiden, keinen Alkohol zu trinken und sich einen 
Pfarrer als Supervisor zu suchen, berichtete Huth. H. hatte seine 
Delikte offenbar meist unter Alkoholeinfluss begangen, erst 
getrunken, dann mit Minderjährigen Pornos angeschaut. Ein halbes Jahr
nach Therapiebeginn wurde H. wieder in einer Münchner Gemeinde 
eingesetzt. Huth musste sich an die Schweigepflicht halten. "Ich 
konnte nicht im Ordinariat anrufen und fragen: Verdammt, was macht 
Ihr da?"
Huth sieht das Versagen vor allem beim damaligen Weihbischof: "Der 
fühlte sich Pater H. gegenüber wie ein Ziehvater und hat ihm keine 
Daumenschrauben angelegt." Der Weihbischof ist vor zehn Jahren 
gestorben. Der frühere Generalvikar übernahm die "volle 
Verantwortung" für die Fehlentscheidungen. Werner Huth ist sich "fast
sicher", dass Ratzinger nichts von dem Fall wusste. "Ratzinger hatte 
eine schwere Amtszeit in München, schrieb seine Bücher. Dass er sich 
mit der ihm sehr fernen Erfahrungswelt eines pädophilen Priesters 
beschäftigt hat, halte ich für unwahrscheinlich."
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Newsroom, Telefon: 030-29021-14909.

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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