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dpa-Faktencheck

Unter Auswanderern sind Ausländer in der Überzahl

Mit dem Schlagwort vom angeblichen "Bevölkerungsaustausch" soll im Netz die Zuwanderung Hunderttausender Flüchtlinge nach Deutschland diskreditiert werden. Unter anderem heißt es: "Im Jahr 2015 ließen sich zwei Millionen Ausländer in Deutschland nieder (darunter knapp 900 000 Asylsuchende), während eine Million Inländer wegzogen (...) - das nennt man Austausch."

BEWERTUNG: Die Zahlen sind richtig - allerdings sind auch diejenigen, die aus Deutschland wegziehen, vor allem Ausländer.

FAKTEN: Beiträge in den sozialen Medien mit dem Zitat über einen angeblichen "Bevölkerungsaustausch" beziehen sich unter anderem auf eine Ausgabe des politischen Magazins "Compact" vom Sommer 2018.

Darin schreibt Chefredakteur Jürgen Elsässer: "Der Volksaustausch ist kein Hirngespinst, sondern Realität. Im Jahr 2015 ließen sich zwei Millionen Ausländer in Deutschland nieder (darunter knapp 900 000 Asylsuchende), während eine Million Inländer wegzogen. Zwei Millionen rein, eine Million raus - das nennt man Austausch. Keiner hat diejenigen, "die schon länger hier leben" - so Angela Merkel über unser Volk - gefragt, ob sie ausgetauscht werden wollen." http://dpaq.de/cVBEn

Die Zahl der Zugewanderten ist richtig: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2015 hatten 2,016 Millionen Zugezogene einen ausländischen Pass, knapp die Hälfte davon waren Bürger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union. Knapp 900 000 waren Asylsuchende. http://dpaq.de/UHmqX http://dpaq.de/FDBpJ

Fragwürdig allerdings ist die Behauptung, dass 2015 "eine Million Inländer wegzogen". Gerade in der Gegenüberstellung zum Begriff "Ausländer" suggeriert die Bezeichnung "Inländer" im "Compact"-Text, es seien deutsche Staatsangehörige gemeint.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren unter den 998 000 Auswanderern aus Deutschland selbst wiederum 859 000 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Nur 138 000 waren Deutsche. http://dpaq.de/UHmqX

Mit dem Begriff "Volksaustausch" unterstellen rechte Kreise in der Regel, Ausländer und Deutsche mit ausländischer Herkunft würden angeblich diejenigen verdrängen, deren Familien schon seit mehreren Generationen in Deutschland leben.

Zudem ist die "Compact"-Aussage irreführend, die Deutschen seien zum Thema Migration nicht befragt worden. Auf Bundesebene drückt sich der Wille der Bevölkerung in der Bundestagswahl aus. Der vergangene Wahlkampf war massiv geprägt von den Positionen der Parteien in der Flüchtlingspolitik. 2017 war erkennbar, wie sich die Zahlen ankommender Flüchtlinge auf die Gesellschaft auswirken. Parteien und Gruppierungen, die Zuwanderung rigoros einschränken wollen, erhielten bei der Bundestagswahl keine Mehrheit.

Seit 2015 sind die Zahlen der Zuwanderer nach Deutschland rückläufig. 2017 kamen laut Statistischem Bundesamt 1,551 Millionen Menschen nach Deutschland, 89 Prozent waren Ausländer. Zugleich wanderten 1,135 Millionen Menschen aus, darunter 885 000 Nicht-Deutsche. http://dpaq.de/fYSVC

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Quellen:

- Facebook-Post 1 mit falschen Angaben zu Migration:

https://www.facebook.com/1740116702977587/photos/a.1740458662943391/2346436745678910/

- Facebook-Post 1 (archiviert) mit falschen Angaben zu Migration:

http://archive.fo/fz08U

- Facebook-Post 2 mit falschen Angaben zu Migration

https://www.facebook.com/719622758181399/photos/a.723001157843559/1353076058169396/

- Facebook-Post 2 (archiviert) mit falschen Angaben zu Migration:

https://web.archive.org/web/20190425131652/https://www.facebook.com/719622758181399/photos/a.723001157843559/1353076058169396/

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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