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Deutscher BundeswehrVerband (DBwV)

Bundeswehrstruktur IRRWEGE
Von Oberst Bernhard Gertz, Bundesvorsitzender

Bonn (ots)

Sehr geehrte Damen und Herren,
   Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend senden wir Ihnen zur Vorabinformation und ggf. zur
weiteren Verwendung einen Beitrag des DBwV-Bundesvorsitzenden,
Bernhard Gertz, zur Zukunft der Bundeswehr für die April-Ausgabe des
Verbandsmagazins 
   "Die Bundeswehr".
Mit freundlichen Grüßen
   Wilfried Stolze
   Leiter Presseabteilung
Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat es zurzeit wahrlich
schwer. Nahezu täglich enthalten die Gazetten neue Meldungen über
sein politisches Wohlbefinden. Die Spanne reicht dabei von "Minister
in der Klemme" (General-Anzeiger vom 24. März) über "Wie lange hält
Scharping noch durch?" (Die Welt vom 24. März) bis "Scharping kämpft
ums politische Überleben" (Die Welt vom 27. März).
Das Studium dieser und ähnlicher Berichte macht vor allem eines
deutlich: ganz offensichtlich geht es nicht um künftige Aufgaben und
Fähigkeiten, schon gar nicht um die Menschen in der Bundeswehr (die
kommen bestenfalls, in Zahlen ausgedrückt, als Dispositionsmasse
vor), sondern allein und ausschließlich um die Finanzierung, ums
liebe Geld also. Die innovative Kraft von Strukturmodellen wird nach
dieser Logik am Einspareffekt gemessen: Weniger (Menschen) ist danach
angeblich mehr (Haushaltskonsolidierung).
Die publizistische "Siegespalme" wird dann einem Gremium gewidmet,
über dessen Empfehlungen vor dem 23. Mai - bei der ihm auferlegten
Diskretion - eigentlich nichts bekannt sein dürfte. Die Kommission
"Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr" muss wohl ein
Bedürfnis für präventive Öffentlichkeitsarbeit entwickelt haben;
anders lässt sich der Medienrummel um ihre vermeintlichen oder
tatsächlichen Vorschläge kaum erklären.
Angeblich sollen ihre Empfehlungen auf einen Streitkräfteumfang
von 240 000 Soldaten, davon 210 000 Berufssoldaten und Soldaten auf
Zeit sowie 30 000 Grundwehrdienstleistende, abzielen. Über die dazu
passende Stärke des Zivilpersonals in Streitkräften und
Bundeswehrverwaltung wurde dagegen nichts bekannt. Trotzdem braucht
man nach den Konsequenzen eines solchen Modells nicht im Kaffeesatz
zu suchen; die tiefgreifenden Folgen dieses Vorschlags sind
offensichtlich:
Eine Organisationsstruktur für 210 000 Zeit- und Berufssoldaten
sowie 30 000 Grundwehrdienstleistende kann man realistischerweise
nicht so ausplanen, dass die rund 600 ernst zu nehmenden Standorte
der Bundeswehr (mit Klein- und Kleinststandorten sind es über 1 000)
auch nur annähernd erhalten bleiben.
Die Verringerung der Soldatenstärke von 340 000 auf 240 000
Soldaten muss sich in der Organisationsstruktur als drastische
Verminderung der Zahl der präsenten Einheiten und Verbände abbilden
(100 000 Soldaten entsprechen etwa 1 000 Kompanie-Äquivalenten!).
Weil die Idee, von ca. 180 000 tauglich gemusterten, tatsächlich
für den Wehrdienst zur Verfügung stehenden Wehrpflichtigen pro
Geburtsjahrgang nur 30 000 (= 16,6 Prozent) zu einem 10-monatigen
Grundwehrdienst einzuberufen weder verfassungsrechtlich haltbar noch
politisch durchsetzbar ist (Rudolf Scharping: "Wer die
Wehrgerechtigkeit abschafft, schafft die Wehrpflicht ab"), würde der
Grundwehrdienst zu einem dreimonatigen Alibi- oder
Schnupperwehrdienst in
einer Ausbildungsorganisation verkümmern, so dass für weitere 30
000 Soldaten eine Ausplanung auf Dienstposten in der
Organisationsstruktur nicht in Betracht käme.
Standortschließungen in einer Größenordnung zwischen 130 und 350
Standorten und damit ein Rückzug der Bundeswehr aus der Fläche mit
nachhaltigen, desintegrativen Wirkungen wären nicht zu vermeiden.
Beim zivilen Personalkörper (122 000 Dienstposten, 140 000
Beschäftigte inkl. Teilzeitkräfte) könnten bis zu 50 000
Arbeitsplätze wegfallen.
Der vom Bundesvorstand berufene "Beirat Wehrstruktur" mit seinem
Sprecher, Vizeadmiral a.D. Rudolf Böhmer an der Spitze, sowie der
Bundesvorstand selbst treten deshalb wie Bundesminister Scharping
samt Generalinspekteur und Inspekteuren für das Festhalten an einem
lebensfähigen Grundwehrdienstmodell als Bestandteil einer schlüssigen
Wehrpflichtkonzeption ein. Da die Beibehaltung der allgemeinen
Wehrpflicht nur über die sicherheitspolitisch notwendige
Aufwuchsfähigkeit im Verteidigungsfall legitimiert werden kann,
müssen Grundwehrdienst und Reservistenkonzeption gezielt darauf
vorbereiten. Damit verbietet sich ein bestenfalls als
Nachwuchsgewinnungsprojekt instrumentalisierter Schnupperwehrdienst.
Wer es mit der Wehrpflicht ernst meint, kann über die Verkürzung
des Grundwehrdienstes und die damit verbundene Absenkung der Zahl der
gleichzeitig im Grundwehrdienst befindlichen Soldaten auch kein Geld
sparen. Politisch und gesellschaftlich akzeptanzfähig wäre dieser Weg
nur bei gleichzeitiger qualitativer Veränderung der
Reservistenkonzeption, die dann alles abdecken müsste, was im
Grundwehrdienst nicht geleistet werden kann. Finanziell betrachtet
wäre das bestenfalls eine Nullnummer: Ersparnisse beim
Grundwehrdienst würden durch höhere Aufwendungen für die Umsetzung
der Reservistenkonzeption konsumiert.
Wir verbitten uns das Jonglieren mit Umfangszahlen und
Haushaltsplafonds nach dem Motto: "Je kleiner, desto schicker"! Wir
fordern alle Betroffenen auf, ihre Stimme zu erheben und den
politischen Entscheidungsträgern klar zu machen, dass wir ihre
Vorschläge daran messen werden, ob sie Verantwortungsbewusstsein für
die Beschäftigten der Bundeswehr und ihre Familien erkennen lassen.
Wir wollen eine zukunftssichere, solide finanzierte Bundeswehr mit
deutlich verbesserten sozialen Rahmenbedingungen.
Der Bundeswehr-Verband will nicht den Innovationspreis für die
"schlankste" Bundeswehrstruktur gewinnen. Wir werden ein
Umsetzungsmodell erarbeiten, das einen ebenso sozial- wie
systemverträglichen Übergang in die nächste Struktur erlaubt.
Und eines verspreche ich: Wir werden für dieses Umsetzungsmodell
politisch so hart kämpfen, wie es dieses Land von Seiten der Soldaten
noch nicht erlebt hat!

Rückfragen bitte an:

Wilfried Stolze
Tel. 0228/3823-214

Original-Content von: Deutscher BundeswehrVerband (DBwV), übermittelt durch news aktuell

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