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Schwäbische Zeitung: Leitartikel: Erdogans willige Sympathisanten

Ravensburg (ots)

Wer sind diese Türken in Deutschland, die für eine Verfassungsänderung im Land ihrer Väter gestimmt haben? Es waren erschreckend viele, die aus sicherer Entfernung in Hamburg oder in Stuttgart einem Staatsumbau zugestimmt haben, der den Weg in eine Erdogan-Diktatur ebnet, die Rechte des Parlaments beschneidet und die Bürger zu Stimmvieh degradiert.

Angeblich gab es unter den in Deutschland lebenden Türken eine Wahlbeteiligung von lediglich 50 Prozent. Nicht umsonst hatten deutsche Sicherheitsbehörden Erdogan-Gegner gewarnt, zur Abstimmung in die Konsulate zu gehen, da man dort nicht für ihre Sicherheit würde garantieren können. Von jenen, die abstimmten, haben gut 60 Prozent für eine Verfassungsänderung votiert. Es ist also grob gerechnet ein Viertel der in Deutschland ansässigen Türken, die für die Machtvergrößerung eines Präsidenten gestimmt haben, der Bundeskanzlerin Merkel Nazimethoden vorwirft, der Oppositionelle ins Gefängnis steckt, dessen Geheimdienst auf deutschem Boden nicht nur Gülen-Anhänger, sondern auch Bundestagsabgeordnete auskundschaften lässt. Die deutsche Neigung zum Generalverdacht - in diesem Fall gegen alles, was irgendwie türkisch wirkt - sollte durch diese Zahlen etwas gebremst werden.

Viele Erdogan-Anhänger hierzulande kennen die Türkei nur von Ferienaufenthalten. Dass gerade viele junge Türken in Deutschland für diesen Staatschef sind, hat weniger mit Ignoranz gegenüber den harten türkischen Realitäten zu tun als mit verletztem Stolz. Wohl die wenigsten haben eine Ahnung davon, dass es die politischen Freiheiten, die sie hier selbstverständlich genießen, in ihrem Sehnsuchtsland gar nicht gibt.

Dass da irgendetwas nicht funktioniert hat mit der Vermittlung jener Werte von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltentrennung, für die Deutschland steht, war selten so offensichtlich wie jetzt. Und der Mann aus Ankara macht sich diese Fehler zunutze. Jene, die mit friedlichen und demokratischen Mitteln gegen Erdogan wirken, brauchen jetzt Unterstützung.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
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Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

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