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Schwäbische Zeitung: Mysterium Maut
Leitartikel

Ravensburg (ots)

Viel ist geschrieben worden über die Maut und darüber, wie verunglückt dieses Gesetz daherkommt. Es wurde gerechnet, wie viel Einnahmen am Ende übrig bleiben. Verkehrsminister Dobrindt spricht von einer halben Milliarde Euro, Kritiker kommen nur auf einen Bruchteil dieser Summe. Wobei sogar die optimistisch gerechneten 500 Millionen kein großer Wurf wären - umgerechnet auf 16 Bundesländer und zahllose teure Projekte. Zur Orientierung: Schon die gut sieben Kilometer lange Umfahrung für Friedrichshafen soll nach derzeitigem Stand 122 Millionen Euro kosten.

Wer sich einen Modernisierungsschub durch die Maut-Einnahmen erhofft, dürfte enttäuscht werden. Ein bürokratisches Ungetüm samt europarechtlich gewagter Rückvergütung für Inländer über die Kfz-Steuer ist Dobrindt hingegen recht eindrucksvoll gelungen. Gut möglich, dass der Europäische Gerichtshof das Gesetz kassiert. Die Maut, sie bleibt Murks.

Sie ist aber auch ein politisches Mysterium. Dass es dieses CSU-Projekt vom Wahlkampfversprechen des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer wohl bis ins Bundesgesetzblatt schaffen wird, ist ein Beispiel für das Versagen legislativer Sicherheitsmechanismen in einer parlamentarischen Demokratie. Die Opposition fand harsche Worte - nichts geschah. Die Öffentlichkeit schwankte zwischen herber Kritik und beißendem Spott - nichts geschah. Auch das Versprechen der Kanzlerin, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben, war irgendwann nichts mehr wert. Die CSU mauschelte die Maut dreist und hartnäckig an allen Widerständen vorbei, obwohl sogar die CDU mit dem Lieblingskind ihrer Schwesterpartei nichts anfangen kann.

Nicht einmal der sonst so nassforsch auftretende Koalitionspartner SPD tat etwas, obwohl auch die Sozialdemokraten das Gesetz für wenig geistreich halten. Der Anschein des Zusammenhalts von Schwarz-Rot sollte um jeden Preis gewahrt werden, ausgerechnet beim wohl sinnbefreitesten Projekt dieser Regierung. Koalitionsräson siegte über Vernunft - bis zum bitteren Ende, das der Bundestag nun besiegelt hat.

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