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Pleitgen verlangt neue Impulse zur Einführung von MHP als digitalen Fernsehstandard

Berlin/Köln (ots)

WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat neue Impulse
und Initiativen zur Einführung von MHP (Multimedia Home Plattform)
als einheitlichen digitalen Fernsehstandard in Deutschland und Europa
angemahnt. Es fehle "der durchschlagende politische Wille, die
vorhandenen Mittel zur Markteinführung von MHP einzusetzen",
bemängelte Pleitgen heute in einer Keynote-Rede vor Journalisten und
Fachleuten auf der Internationalen Funkausstellung IFA 2003 in
Berlin. Scharfe Kritik richtete Pleitgen an die Bundesregierung. Sie
tue so gut wie nichts für den von ihr gewünschten "schnellen
switchover von der analogen zur digitalen Technik". Die Verpflichtung
der EG-Mitgliedstaaten zur Förderung von MHP - und auch des
Digitalradios DAB - werde von der Bundesregierung "in
unverantwortlicher Weise nicht zur Kenntnis genommen. Offensichtlich
erkennen die Verantwortlichen nicht die Tragweite ihrer Trägheit oder
sind sonst wie ihrer Aufgabe nicht gewachsen", sagte Pleitgen.
Der WDR-Intendant und stellvertretende Vorsitzende der
Europäischen Rundfunkunion (EBU) verwies auf das Beispiel des
belgischen Flanderns. Dessen Regierung fördere die Einführung des
digitalen interaktiven Fernsehens auf MHP-Basis mit mehreren
Millionen Euro. Dieses Beispiel zeige, dass die Mitgliedstaaten
"nicht zur Untätigkeit verdammt" seien.
Die Bundesregierung strebt nach einem früheren Beschluss an, die
analoge Fernsehausstrahlung bis 2010 vollständig und flächendeckend
durch die Digitaltechnik abzulösen. MHP ist ein interoperabler
Standard, der im digitalen Fernsehen geräte- und plattform-unabhängig
multimediale und interaktive Zusatzangebote ermöglicht. ARD, ZDF,
RTL, die frühere Kirch-Gruppe und die Landesmedienanstalten hatten
sich 2001 in der Mainzer Erklärung geeinigt, MHP auf dem deutschen
Markt zum Durchbruch zu verhelfen.
Den Landesmedienanstalten warf Pleitgen vor, bisher keine
konkreten Schritte zur Durchsetzung von MHP unternommen zu haben. Um
der Entwicklung in Deutschland neue Impulse zu verleihen, hätten ARD
und ZDF mit dem Zentralverband der Geräteindustrie vereinbart,
gemeinsam die Markteinführung von MHP für den deutschen
Satellitenmarkt voranzutreiben. "Bis Ende 2004 wollen wir gemeinsam
erreichen, dass sich eine nennenswerte Anzahl von Fernsehhaushalten
in Deutschland mit MHP-Boxen ausstattet", kündigte Pleitgen an.
Deutliche Kritik übte Pleitgen an den großen Kabelnetzbetreibern.
Deren Ankündigung zur Einführung von digitalen Kabelempfangsgeräten
jenseits von MHP lasse nichts Gutes erwarten. Hier sei der deutsche
und europäische Mediengesetzgeber dringend an seine Verpflichtung zu
erinnern, im digitalen interaktiven Fernsehen vollumfängliche
Interoperabilität herzustellen. Die Kabelnetzbetreiber müssten
MHP-Boxen an ihren Netzen zulassen und für deren volle Funktionalität
sorgen. Gegebenenfalls müssten sie dazu rechtlich verpflichtet
werden.
Entschieden lehnte Pleitgen die von einigen Kabelbetreibern
verfolgte sogenannte "Lean MHP"-Lösung ab. Dahinter stehe die
Absicht, offene und interoperable technische Systeme für das digitale
Fernsehen zu verhindern. Die Folgen dieser Entwicklung wären
"Zugangsbeschränkung, eingeschränkte Wahlmöglichkeiten, abgeschottete
Märkte, Gefährdung von Angebotsvielfalt und Medienpluralismus".
Dieses Beispiel, so Pleitgen, mache deutlich, dass das
Freiwilligkeitsprinzip für die Umsetzung von EG-rechtlichen Vorgaben
im Bereich der elektronischen Kommunikation auf jeden Fall im
deutschen Kabel "schnell, zu schnell an Grenzen stößt".
Der WDR-Intendant ging auch auf die Kritik kommerzieller
Fernsehanbieter ein, wonach MHP nicht refinanzierbar sei. "Wie ich
höre, soll Murdoch mit BskyB beträchtliche Gewinne mit interaktivem
Fernsehen einstreichen. Die Rede ist von 218 Millionen Pfund
Jahresumsatz und zweistelligen Zuwachsraten." Ähnlich verlaufe die
Entwicklung in Frankreich. Obwohl von niemandem in Frage gestellt
werde, dass MHP der beste digitale Fernsehstandard sei, versuche "der
eine oder andere seine eigene Tour zu gehen - ohne Rücksicht auf die
Gesamtentwicklung". Damit bestehe die Gefahr, einen schweren Fehler
aus der Vergangenheit zu wiederholen, "als uns in Deutschland die
untaugliche d-box als proprietärer Standard aufgezwungen werden
sollte", kritisierte Pleitgen. Um diesen "Irrweg" auszuschließen, sei
die Politik gefordert.
Fotos finden Sie unter www.ard-foto.de
Ihre Fragen beantwortet:
Gudrun Hindersin
Stellv. WDR Unternehmenssprecherin
Telefon: 0221 220 2407

Original-Content von: WDR Westdeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell

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