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Deutscher Expressionismus im Leopold Museum: Seelenlandschaften und Farbkompositionen

Deutscher Expressionismus im Leopold Museum: Seelenlandschaften und Farbkompositionen
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Wien (ots)

Hochkarätige Werke aus den Sammlungen Braglia und Johenning erstmals in Österreich zu sehen

Das Leopold Museum präsentiert im Rahmen der Ausstellung Deutscher Expressionismus. Die Sammlungen Braglia und Johenning eine umfassende Auswahl expressionistischer Werke aus zwei bedeutenden europäischen Kunstsammlungen. "Rund 100 Exponate der Fondazione Gabriele e Anna Braglia, Lugano und der Renate und Friedrich Johenning-Stiftung aus Nordrhein-Westfalen ermöglichen ein beeindruckendes Pas de deux der beiden Kollektionen", resümiert Leopold Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger. Werke aus der Nolde Stiftung Seebüll, dem Museum Abtei Liesborn, dem Leopold Museum sowie Bilder aus Privatbesitz, darunter die Privatsammlung Leopold, ergänzen die Auswahl.

Die Sammlerpaare

Gabriele Braglia entdeckte die Faszination des deutschen Expressionismus in den 1980er-Jahren mit dem Ankauf eines Werkes von Paul Klee. Bei Friedrich Johenning entzündete der Erwerb eines Aquarells von Emil Nolde in den 1960er-Jahren den Funken der Sammelleidenschaft. Anna Braglia und Renate Johenning teilten jahrzehntelang die Passion ihrer Ehemänner. Die hohe Qualität der Kollektionen beruht in beiden Fällen auf der gemeinsamen Auswahl der Kunstwerke.

"Von ihrer suggestiven Wirkung haben die Werke des deutschen Expressionismus bis heute nichts eingebüßt. Von diesem Gedanken geleitet, widmet sich das Leopold Museum diesem folgenreichen Kapitel der europäischen Moderne." Hans-Peter Wipplinger

Kurator Ivan Ristic weist auf die Vielfalt der Ausdruckskunst hin und betont in diesem Zusammenhang, dass es sich eigentlich um "eine Ausstellung der deutschen ,Expressionismen' und nicht des deutschen Expressionismus" handle. Die hochkarätige Präsentation spannt den Bogen von impressionistisch beeinflussten Werken über frühexpressionistische Beispiele bis hin zu Bildern mit kubistischen und surrealen Einflüssen.

Überwindung der Lichtmalerei

Den Auftakt bilden Werke des Berliner Impressionisten Max Liebermann. Die 1902 in Holland entstandene Pleinair-Freizeitstudie Reitknecht am Strand und eine stimmungsvolle, lichtdurchflutete, in seiner Wannseevilla entstandene Gartenlandschaft (1919) ermöglichen den direkten Vergleich mit um 1910 entstandenen Porträts August Mackes. Obwohl noch vom Impressionismus beeinflusst, kündigt sich bei Macke bereits die Überwindung der Lichtmalerei an. Liebermanns mit dynamischem Pinselstrich hingeworfener realistischer Darstellung holländischer Kinder (1897) stehen die reduzierten, ungeschönten Kinderporträts von Paula Modersohn-Becker gegenüber.

Impressionismus versus Expressionismus

Die Ablehnung expressionistischer Werke durch die Berliner Secession im Jahr 1910 führte zur Gründung der Neuen Secession. Deren Präsident Max Pechstein, Mitbegründer der Künstlergemeinschaft Brücke, schuf 1910 das farbenkräftige Bildnis Junge Dame mit Federhut, das in der Ausstellung neben dem Porträt Emmi Frisch (1908) von Ernst Ludwig Kirchner platziert wurde. Kirchners postimpressionistische Verwendung natürlicher Farbgebung steht in eindeutigem Gegensatz zu der für die Brücke-Künstler typischen Verwendung großzügig angelegter, komplementär kontrastierender Farbkompositionen.

Die Seelenlandschaften der Brücke

Die Exponenten der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergemeinschaft Brücke verlegten ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt um 1910 nach Berlin. Als Kontrast zum frenetischen Leben in der Großstadt mit ihren Varietés und Theatern, den Atelierfesten und Vernissagen aber auch dem unübersehbaren sozialen Elend, suchten Max Pechstein, Erich Heckel, Otto Mueller oder Karl Schmidt-Rottluff in den Sommermonaten eine heterotopische Parallelwelt, ein irdisches Paradies, etwa an den Seen rund um Dresden und Berlin oder an der deutschen Meeresküste. Beeinflusst durch die Tahiti-Bilder Paul Gauguins, die in der Berliner Galerie Paul Cassirer ausgestellt wurden, wollten die Expressionisten zurück zur Natur und reisten bis in die Südsee.

"Das kurzlebige Soziotop Brücke strebte mit Inbrunst eine Neubegegnung mit dem Rousseau'schen "edlen Wilden" [...] an. Die Mal- und Badeausflüge der Brücke-Künstler und ihrer weiblichen Modelle [...] entsprangen gänzlich einer Tropensehnsucht. Es erforderte nicht viel Fantasie, um sich aus der schilfigen Gegend samt versteckten Badeplätzen kurzerhand eine gelungene Heterotopie zu schaffen." Ivan Ristic

Emil Noldes - "Ungemalte Bilder"

Einen Schwerpunkt der Schau bilden Werke von Emil Nolde. Ab 1916 bewohnte der Künstler mit seiner Frau Ada ein Bauernhaus in Schleswig-Holstein. Das raue Klima, die wechselhaften Witterungsverhältnisse, die Wirkung des Lichts, der Übergang vom Land zum Wasser oder tief hängende Wolken bildeten die Basis für Noldes Landschaften. Adolf Hitler, der den Expressionismus rigoros ablehnte, beharrte - trotz Interventionen ranghoher Fürsprecher - auf der Diffamierung von Noldes Schaffen. Nolde äußerte sich antisemitisch, war Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig (NSAN), die 1935 im Zuge der "Gleichschaltung" in der NSDAP Norschleswig aufging. Noldes Geburtsort wurde 1920 in Folge der Volksabstimmung in Schleswig an Dänemark abgetreten, der Künstler wurde dänischer Staatsbürger und blieb es bis zum Lebensende. Noldes Werke wurden 1937 in der Ausstellung Entartete Kunst in München zentral präsentiert, 1941 wurde er mit Berufsverbot belegt. Seine Hoffnung, sich als deutscher Staatskünstler zu etablieren, blieb unerfüllt. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs stilisierte sich der Opportunist zum verfolgten Künstler und kreierte dadurch bewusst eine falsche Legendenbildung.

Der Blaue Reiter - Synthese des Triebhaften und Spirituellen

Ein zentraler Bereich der Ausstellung widmet sich den KünstlerInnen im Umkreis der Redaktion des Almanachs Der Blaue Reiter. Die 1911 von Franz Marc und Wassily Kandinsky in München ins Leben gerufene avantgardistische Interessensgemeinschaft strebte eine Synthese des Triebhaften und Spirituellen an. Kandinsky und Marc organisierten 1911 und 1912 zwei Ausstellungen in München mit dem Ziel, ihre kunsttheoretischen Vorstellungen darzulegen. Rund um die Künstlerpaare Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin sowie Wassily Kandinsky und Gabriele Münter sammelte sich im bayrischen Murnau ein Kreis an KünstlerInnen, Kritikern und Komponisten. Die musikaffinen Künstler Paul Klee und Lyonel Feininger standen ebenfalls in regem Kontakt zum Blauen Reiter. Düstere Aquarelle, prismatische und kristalline Kompositionen Klees, ironisch-humorvolle Szenen und mystische Landschaften Feiningers beschließen den Ausstellungsrundgang.

Ausstellung und Katalog

Deutscher Expressionismus. Die Sammlungen Braglia und Johenning ist von 15. November 2019 bis 20. April 2020 zu sehen. Begleitend zur Ausstellung ist der gleichnamige Katalog erschienen (D/E), herausgegeben von Ivan Ristic und Hans-Peter Wipplinger, mit Beiträgen von Michael Beck, Ute Eggeling, Angelika Katzlberger, Bettina Kaufmann, Ivan Ristic, Andrea Winkler und Hans-Peter Wipplinger.

Podiumsdiskussion

Der problematischen Rolle von Künstlern im Nationalsozialismus widmet das Leopold Museum im Rahmen der Ausstellung das Podiumsgespräch Zwischen Leid, Weltflucht und Mitschuld: KünstlerInnen im Nationalsozialismus, bei dem Journalistin Olga Kronsteiner mit Christian Ring, Direktor der Nolde Stiftung Seebüll, Kunsthistorikerin Sabine Plakolm-Forsthuber, Galerist Michael Beck und Ausstellungskurator Ivan Ristic diskutiert.

Ausstellungseröffnung

Der Einladung zur festlichen Eröffnung der Ausstellung, anlässlich derer Leopold Museum-Direktor Hans-Peter Wipplinger und Ausstellungskurator Ivan Ristic in Anwesenheit von Elisabeth Leopold, Vorstandsvorsitzendem Josef Ostermayer und der kaufmännischen Direktorin Gabriele Langer sprachen, folgten rund 1.200 BesucherInnen, darunter der Sammler Friedrich Johenning, Gaia Regazzoni-Jäggli (Fondazione Braglia), Bettina Kaufmann (Stiftung Johenning), Waltraud Leopold, Barbara und Karin Miele, Christian Ring (Nolde Stiftung Seebüll), die GaleristInnen Michael Beck, Wolfgang Werner, Alois Wienerroither, Florian und Nikolaus Kolhammer, Susanne Bauer, Katharina Husslein und Raimund Thomas, MQ-Direktor Christian Strasser, Ursula Pasterk, Gerald Matt, US-Botschafterin a.D. Helene von Damm, Beat Steffan, Heidi und Paul Senger-Weiss, Renate und Nikolaus Barta, TV Grande Dame Ingrid Turkovic-Wendl, Künstler Walter Vopava, die KunstexpertInnen Verena Traeger (Heidi Horten Collection) und Thomas Zaunschirm, die Leopold Museum-Freundeverein-Vizepräsidenten Leopold Birstinger und RA Thomas Mondl u.v.m.

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Kontakt:

Leopold Museum-Privatstiftung
Mag. Klaus Pokorny und Veronika Werkner, BA
Presse/Public Relations
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presse@leopoldmuseum.org
www.leopoldmuseum.org

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