Niedersächsisches Verbundprojekt präsentiert Ergebnisse zu Langzeitfolgen und zum Umgang mit Long Covid
Welche langfristigen Folgen hat die Covid-19-Pandemie in der Arbeitswelt? Wie gehen betriebliche Akteurinnen und Akteure mit den Pandemieeffekten um? Und wie lässt sich das Wissen über die Pandemiefolgen und über Gestaltungsmöglichkeiten in die Arbeitswelt tragen? Mit diesen Fragen hat sich in den letzten zwei Jahren ein vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Covid-19-Forschungsnetzwerks COFONI finanziertes Verbundprojekt niedersächsischer Universitäten beschäftigt. Anlässlich der Abschlusstagung des COFONI Arbeitswelt-Monitors am 4. Dezember in Oldenburg präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Osnabrück zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Erwerbstätigenbefragung.
137/2025 12.12.2025
Was bleibt von der Pandemie?
Niedersächsisches Verbundprojekt präsentiert Ergebnisse zu Langzeitfolgen und zum Umgang mit Long Covid
Welche langfristigen Folgen hat die Covid-19-Pandemie in der Arbeitswelt? Wie gehen betriebliche Akteurinnen und Akteure mit den Pandemieeffekten um? Und wie lässt sich das Wissen über die Pandemiefolgen und über Gestaltungsmöglichkeiten in die Arbeitswelt tragen? Mit diesen Fragen hat sich in den letzten zwei Jahren ein vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Covid-19-Forschungsnetzwerks COFONI finanziertes Verbundprojekt niedersächsischer Universitäten beschäftigt. Anlässlich der Abschlusstagung des COFONI Arbeitswelt-Monitors am 4. Dezember in Oldenburg präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Osnabrück zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Erwerbstätigenbefragung.
Für die empirischen Untersuchungen des COFONI Arbeitswelt-Monitors waren die Osnabrücker Forschenden Agnes Fessler, Prof. Dr. Hajo Holst und Steffen Niehoff verantwortlich. Parallel organisierte das Netzwerk der Kooperationsstellen Hochschulen und Gewerkschaften in Niedersachsen Dialogveranstaltungen mit Praxisakteurinnen und -akteuren, in denen Forschungsergebnisse diskutiert und Fragen aus der Arbeitswelt aufgegriffen wurden.
„Die Covid-19-Pandemie hat in der Arbeitswelt viel weitreichendere Auswirkungen als gemeinhin angenommen. Für mehr als drei Viertel der Erwerbstätigen hat die Pandemie Veränderungen in der Arbeit mit sich gebracht, die bis heute anhalten“, berichtet Prof. Dr. Hajo Holst, Koordinator des Verbundprojekts. Dabei sind die Langzeiteffekte der Pandemie vielfältig, und keineswegs nur negativ. Erwerbstätige erleben unter anderem auch anhaltende Erleichterungen bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben und eine dauerhaft gewachsene gesellschaftliche Wertschätzung für den eigenen Beruf. „Die Vielfältigkeit der Langzeitfolgen sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es Gewinner und Verliererinnen gibt. Für 40 Prozent der Erwerbstätigen hat die Pandemie negative Langzeitfolgen wie steigende Arbeitsbelastungen oder berufliche Zukunftsunsicherheit mit sich gebracht“, so Steffen Niehoff. Welche gesellschaftlichen Auswirkungen die bald drei Jahren nach dem offiziellen Pandemieende immer noch anhaltenden Arbeitswelteffekte haben, bedarf weiterer Forschung. „Die Ergebnisse des Arbeitswelt-Monitors deuten aber darauf hin, dass Erwerbstätige, die dauerhaft negative Auswirkungen auf die eigene Arbeit erleben, über ein geringeres Vertrauen in die demokratischen Institutionen verfügen.“
Ein Schwerpunkt der Arbeit des Verbundprojekts lag auf dem betrieblichen Umgang mit Long und Post Covid. Die repräsentative Erwerbstätigenbefragung des Arbeitswelt-Monitors vom Sommer 2025 liefert erstmal belastbare Zahlen zur Verbreitung in der Arbeitswelt: 9 Prozent der Erwerbstätigen gaben an, unter Post Covid gelitten zu haben oder aktuell zu leiden. Post Covid bezieht sich nach einer Definition des Robert-Koch-Institut auf Beeinträchtigen, die länger als drei Monate anhalten. Angesichts dieser Zahlen sollte das Thema in Zukunft stärkere Beachtung in den Betrieben finden. Die bislang eher geringe Beachtung des Themas führen auch dazu, dass die große Mehrheit der Betroffenen trotz ihrer Einschränkungen ohne Anpassungen der Arbeitsbedingungen weiterarbeitet. Dabei ist Pacing – die individuelle Belastungssteuerung – aus medizinischer Sicht ein zentraler Hebel für den Umgang mit den Symptomen und die Genesung. Anders als viele anderen Krankheiten nimmt Long Covid keinen linearen Verlauf. Was an einem Tag funktioniert, kann am nächsten Tag schon zu viel Belastung sein. „Problematisch ist, dass nur 10 Prozent der Betroffenen am eigenen Arbeitsplatz konsequent die Möglichkeit haben, Pacing umzusetzen“, führt Agnes Fessler aus. „Dies schränkt die gesellschaftliche Teilhabe von Betroffenen über Erwerbsarbeit ein. Die meisten wollen trotz ihrer zum Teil erheblichen Einschränkungen weiterarbeiten, finden aber jenseits des engen Kollegenkreises wenig Unterstützung.“
Entsprechend des Anspruchs des COFONI Arbeitswelt-Monitors wurden auf der Abschlusstagung nicht nur wissenschaftliche Ergebnisse vorgestellt. Drei Workshops diskutierten konkrete Gestaltungsmöglichkeiten für die betriebliche Praxis. Viel Zulauf hatte der zusammen mit Long Covid Deutschland organisierte Workshop zu pacinggerechter Arbeitsplatzgestaltung. In vielen Betrieben fehlt es noch an Wissen über mögliche Symptome der Krankheit, angemessene Gestaltungsmaßnahmen am Arbeitsplatz und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten durch staatliche Stellen. Angesichts der Verbreitung von Long und Post Covid besteht hier erheblicher Nachholbedarf auf der betrieblichen und überbetrieblichen Ebene. Um hier langfristig Abhilfe zu schaffen, nutzt der COFONI Arbeitswelt-Monitor auch innovative Transferformate. Unter anderem produzieren die beteiligten Partnerinstitutionen auch Transfervideos, in denen niederschwellig über die Langfristfolgen der COVID-19-Pandemie aufgeklärt wird und Gestaltungstipps aus der Praxis präsentiert werden.
Das erste Video hat einen Long- und Post Covid-Schwerpunkt und ist hier abrufbar: https://youtu.be/dgvTPAV3qqY
Weitere Informationen für die Medien:
Prof. Dr. Hajo Holst, Universität Osnabrück
Institut für Sozialwissenschaften
E-Mail: hholst@uos.de
Dr. Oliver Schmidt, Universität Osnabrück Stabsstelle Kommunikation und Marketing Neuer Graben / Schloss, 49076 Osnabrück Tele.: +49 541 969 4516 E-Mail: oliver.schmidt@uni-osnabrueck.de
Weiteres Material zum Download Dokument: 137_PM_Holst_Forpro_~zembember_2025.docx