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Deutsche Marine: Pressemeldung - Der tiefste Deutsche: Minentaucher aus Eckernförde stellt neuen Tieftauch-Rekord auf (Reportage)

Deutsche Marine: Pressemeldung - Der tiefste Deutsche: Minentaucher aus Eckernförde stellt neuen Tieftauch-Rekord auf (Reportage)
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Glücksburg (ots)

Obermaat Andreas Güldner hat einen neuen deutschen Rekord im 
Tieftauchen aufgestellt. Der 22-Jährige schaffte im ägyptischen Dahab
eine neue Rekordtiefe von 71 Metern bei seinem Tauchgang mit Flossen,
auch "Constant Weight with Fins" genannt. Dabei handelt es sich um 
die Königsdisziplin im Apnoetauchen. Der Freitaucher taucht dabei aus
eigener Kraft und ohne Hilfe eines Zuggerätes in die Tiefe und auch 
aus eigener Kraft wieder hinauf an die Oberfläche.
Andreas Güldner sitzt im "Taucherkeller", einem Gemeinschaftsraum 
im zweiten Obergeschoss der Minentaucherkompanie in Eckernförde. Der 
22-Jährige ist gut gelaunt, ist Bootsmannanwärter der Deutschen 
Marine - die Freude seines Berufes ist ihm anzumerken. In der 
vergangenen Woche hat der ledige Marinezeitsoldat im ägyptischen 
Dahab - das liegt auf der Sinai-Halbinsel am Roten Meer - einen neuen
deutschen Rekord im Tieftauchen mit Flossen aufgestellt. 71 Meter ist
er im 25 Grad warmen Wasser an einer Leine in die Tiefe getaucht - 
ins Dunkel des Meeres, an dem Touristen normalerweise Urlaub machen. 
Damit hat der Franke den bisherigen Rekord des Hamburgers Tom Sietas 
um einen Meter gebrochen. Vier Jahre lang saß Sietas auf dem Thron 
des Deutschen Rekordhalters im Constant Weight with Fins, wie die 
Disziplin von den Apnoetauchern (Freitauchern) genannt wird. "Jetzt 
bin ich der tiefste Deutsche", scherzt Güldner, Obermaat der 
Verwendungsreihe 37 - Minentaucher.
Maximal 14 Herzschläge pro Minute
Seit seinem 13. Lebensjahr ist Güldner Freizeittaucher. In seiner 
fränkischen Heimat begann er im Freibad von Gräfenberg - das liegt 25
Kilometer von Nürnberg entfernt - mit seinem Hobby. Ein Bademeister 
des Schwimmbades erkannte Güldners Talent, nahm ihn beiseite, 
erzählte ihm vom Freitauchen. Der Jugendliche sah sich den Film The 
Big Blue an und wollte den seltenen Sport erlernen.  Um Erfolgreich 
sein zu können, hörte Güldner als Jugendlicher extra mit dem Rauchen 
auf und fing an, seine Lunge im "positiven" Sinne zu belasten. "Beim 
Freitauchen gibt es keine Atemgeräte. Die Lunge ist zusammengepresst 
und mit Blutplasma gefüllt. Das schafft ein Raucher nicht", sagt der 
Deutsche Meister, der jetzt zu den 30 Menschen auf der Welt gehört, 
die wenigstens zu Trainingszwecken im 80-Meter-Bereich freitauchen 
können. Außerdem seien Konzentration und Entspannung 
Grundvoraussetzungen für diesen körperlich anstrengenden Sport, bei 
dem die Taucher in eine Art Trance verfallen. "Bevor ich abtauche, 
muss ich meinen Herzschlag mit speziellen yogaähnlichen Übungen auf 
12 bis 14 Schläge pro Minute bringen". Normal sind beim erwachsenen 
Menschen zwischen 60 bis 80 Herzschläge in der Minute. Wegen all 
dieser außergewöhnlichen Belastungen, ist beim Freitauchen immer ein 
Arzt anwesend. "Während des Trainings bin ich beim Auftauchen auch 
schon mal bewusstlos geworden. Da hatte ich meine Leistungskraft 
falsch eingeschätzt", sagt Güldner selbstkritisch. Heute gehe er 
vorsichtig an die Planung und das Training für seine Tauchgänge 
heran. "Ich riskiere nichts. Deshalb werde ich auch nie einen 
Schlitten zum Tieftauchen benutzen, mit dem schon Weltrekorde von 
über 200 Meter getaucht wurden. Doch dabei sind auch schon Sportler 
ums Leben gekommen."
Gelassenheit, Mut und Weisheit
Güldner ist ein rationell denkender, bedächtiger junger Mann. 
Deshalb passt er auch zu den Minentauchern der Deutschen Marine. Im 
"Tauchkeller" ist auf einem dunkelbraunen Holzbalken mit schwarzer 
Schrift folgender Leitspruch verewigt: "Neptun, gib uns Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können. Gib uns den Mut, 
Dinge zu ändern, die wir ändern können. Und gib uns die Weisheit, das
eine vom anderen zu unterscheiden."Gelassenheit, Mut und Weisheit - 
drei Dinge, die auch ein Freitaucher mitbringen muss, will er 
erfolgreich sein.
Selbstmordattentat erlebt
Ein Schlüsselereignis erlebte und veränderte Andreas Güldner, der 
von Freunden Andy genannt wird, am 24. April 2006. In dem Jahr hatte 
er sich bei der Marine als Zeitsoldat beworben und gerade seine 
Annahmeprüfung erfolgreich hinter sich gebracht. Bevor er seinen 
Dienst als Funker antreten sollte, verbrachte er noch einen 
Tauchurlaub in Dahab. "Ich war mit zwei Freunden, einem Engländer und
einer Schweizerin in der Stadt verabredet. Doch ich kam 15 Minuten zu
spät zum Treffpunkt. Für mich ein Glück. Für meine Freunde ein 
Unglück", sagt Güldner mit ernstem Blick, "Selbstmordattentäter 
sprengten Touristen und Einheimische an drei belebten Plätzen in die 
Luft. Es gab 25 Tote, darunter ein deutscher Junge. Über 50 Menschen 
wurden verletzt. Die Freundin aus der Schweiz verlor ein Bein, der 
Engländer hat Splitter im Körper. Die schrecklichen Bilder werde ich 
nie vergessen." Da reifte in Güldner ein Entschluss: "Ich hatte 
erlebt, was Sprengstoffe anrichten können. Als Minentaucher wollte 
ich dazu beitragen, dass Sprengfallen und Minen beseitigt werden 
können. Ich bewarb mich bei den Minentauchern."
Bisher keine weiblichen Minentaucher
Die Minentaucher gehören zu den spezialisierten Einsatzkräften der
Deutschen Marine. Zusammen mit den Kampfschwimmern gelten sie 
innerhalb der kleinsten Teilstreitkraft der Bundeswehr zur 
sogenannten Elite. Sie sind weltweit anerkannte Spezialisten. Die 
Soldaten lokalisieren, identifizieren und beseitigen Minen, Bomben 
und Sprengsätze im Meer, in Gewässern oder an Land. Zurzeit gibt es 
nur 50 Minentaucher, die der einzigen Minentaucherkompanie in 
Eckernförde angehören. Der Tagesdienst besteht aus Schwimmen, 
Tauchen, Sport, Qualifizierung und Einsätzen auf der ganzen Welt. 
Wenn es sein muss, sind sie binnen einer Stunde einsatzbereit. Der 
Bedarf an Minentauchern ist jedoch weitaus größer, als diese 50 Mann 
- Frauen haben die Lehrgänge bisher nicht bestanden..
Nur vier von zehn bestanden Lehrgang
"Jeder Marinesoldat kann sich für eine Ausbildung zum Minentaucher
bewerben", sagt Güldners Kompaniefeldwebel, Hauptbootsmann Joachim 
Peters, "doch es bewerben sich nur gut ein Dutzend Soldaten. Und 
schon beim Vorbereitungstest fallen über 70 Prozent der Bewerber 
durch." Und von denen, die weiterkommen, fallen letztlich viele durch
oder geben vorher selber auf. Zurzeit gibt es nur drei Soldaten, die 
es in den viermonatigen Minentaucherlehrgang geschafft haben. In 
Güldners Lehrgang waren anfangs zehn Soldaten. Nur vier bestanden und
erhielten das überall Achtung schenkende Minentaucherabzeichen - eine
Seemine mit einem Sägefisch davor. Peters glaubt für die niedrigen 
Bewerberzahlen und die hohen Durchfallquoten den Grund zu wissen: 
"Die Leute sind nicht mehr bereit, sich zu quälen." Kein Thema für 
Güldner. Er sagt: "Ich habe während des Minentaucherlehrgangs nie ans
Aufgeben gedacht, auch wenn es sehr hart war. Ich will tauchen. Ich 
will viel Wasser um mich haben. Und das finde ich nur bei den 
Minentauchern der Marine." All die Anstrengungen und Mühen versucht 
die Marine zu belohnen: Die Soldaten erhalten eine Minentaucherzulage
in Höhe von 184,07 Euro monatlich. Bei Auslandseinsätzen oder 
Bordverwendungen kommen weitere variable Geldleistungen dazu. Hinzu 
kommt eine verbesserte Chance auf eine Übernahme als Berufssoldat, 
gegenüber anderen Zeitsoldaten und eben der weltweite Einsatz.
Anforderungsniveau schützt Soldaten
Hauptbootsmann Peters kann sich trotz des Mangels an Nachwuchses 
nicht vorstellen, dass die Einstellungsvoraussetzungen nach unten 
geschraubt werden. Er sagt: "Am verlangten Niveau können wir keine 
Abstriche machen. Das würde nur das Leben der Soldaten selbst 
gefährden. Und weil wir eine so harte Auswahl treffen, gab es bisher 
erst sehr wenige Unfälle bei den Minentauchern." Und parallel dazu 
schätzt auch Andreas Güldner das Risiko seines privaten Sports ganz 
rational ein: "Solange ein Freitaucher nicht alleine trainiert und 
nichts riskiert, ist das Abtauchen ungefährlich."

Pressekontakt:

Presse- und Informationszentrum Marine
Presseoffizier
Henning Radtke
Telefon: 04631-6664412
henningradtke@marine.de

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