NABU: Dem Artenschutz in Deutschland droht erhebliche Verschlechterung
Berlin (ots)
Der NABU kritisiert die geplante Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes. Nach Ansicht der Naturschützer droht damit eine empfindliche Aufweichung der geltenden Schutzbestimmungen und des Artenschutzes insgesamt. Ein Schritt, der nach Auffassung des NABU vollkommen ohne Not geschieht. Zudem widersprechen entscheidende Passagen der Novelle geltendem EU-Recht. "Wir sehen absolut keine Notwendigkeit für die geplanten Änderungen. Wir fordern den Gesetzgeber auf, die Novelle so nicht zu verabschieden", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Mit der Neufassung will das zuständige Bundesumweltministerium eigentlich die Naturschutzrichtlinien der EU in Deutschland besser umsetzen. Ein Ziel, das der NABU begrüßt und unterstützt. Doch dem Anspruch, praktikable Lösungen für den Naturschutz zu finden, wird die Novelle nicht gerecht. Zwar bietet sie Verbesserungen für den Meeres- und Biotopschutz. Doch beim Schutz von Arten drohen erhebliche Verschlechterungen.
Ein zentraler Kritikpunkt der Naturschützer: Die Novelle führt, insbesondere im Bereich Artenschutz, neue Begrifflichkeiten ein, die auf EU-Ebene nicht verankert sind. Dazu zählt unter anderem das geplante "Signifikanzkriterium". Demnach müsste künftig, beispielsweise beim Bau von Windkraftanlagen oder Straßen, nicht mehr zwangsläufig überprüft werden, ob diese Bauten geschützte Arten beeinträchtigen. Stattdessen könnte eine "hinnehmbare Menge getöteter Tiere" bestimmt werden - nach Ansicht des NABU absolut keine akzeptable Option für funktionierenden Artenschutz. Zudem wären aufgrund der unbestimmten Regelungstechnik Rechtsstreitigkeiten künftig vorprogrammiert.
Kritik übt der NABU auch am Vorgehen des Bundesumweltministeriums bei der Abstimmung der Novelle. Trotz der weitreichenden Auswirkungen im Artenschutzrecht wurden die Natur- und Umweltschutzverbände nicht frühzeitig beteiligt. Stattdessen wurde den Verbänden eine unangemessen kurze Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gewährt. Dies liegt deutlich unter den Empfehlungen für eine gute Gesetzgebung.
Zu den möglichen Auswirkungen der Novelle im Detail:
   - Artenschutz: Hier sollen neue, unbestimmte Rechtsbegriffe 
     eingeführt werden. Damit würde das sorgfältige Prüfen möglicher 
     Folgen von Eingriffen in die Natur weniger verlässlich, dem 
     Artenschutz droht insgesamt eine Aufweichung.   - Biotopschutz: Hier wird eine Gesetzespassage konkretisiert zum 
     Schutz von Tieren während der Brutzeit. Bisher war es nicht 
     erlaubt, Hecken und Sträucher zurückzuschneiden oder auf den 
     Stock zu setzen. Einem aktuellen Gerichtsurteil zufolge fiel ein
     komplettes Entfernen von Hecken oder Sträuchern jedoch nicht 
     darunter. Dies soll nun geändert werden. Außerdem werden jetzt 
     auch Höhlen und Stollen in die Liste der gesetzlich geschützten 
     Biotope aufgenommen.   - Biotopverbund: Hier wird ein Zieljahr genannt bis zu dem die 
     Länder den Biotopverbund auf zehn Prozent ihrer Landesfläche 
     umsetzen müssen. Aufgrund fehlender Sanktionsmöglichkeiten des 
     Bundes hat dies jedoch rein deklaratorischen Charakter.   - Meeresschutz: Hier nimmt die Novelle sinnvolle Verweise auf die 
     Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie auf. Dabei fehlen 
     jedoch präzisere Regelungen, zum Beispiel zur Frage der 
     Kompensation von Eingriffen im Bereich der ausschließlichen 
     Wirtschaftszone (AWZ). Die geplante Privilegierung von 
     Windkraftanlagen gegenüber anderen Eingriffsvorhaben lehnt der 
     NABU ab.   - Was komplett fehlt: Der Gesetzgeber lässt die Chance ungenutzt, 
     mithilfe der Novelle auch anderen Handlungsbedarf im 
     Naturschutzrecht "abzuräumen". So fehlt die dringend notwendige 
     Konkretisierung der "guten fachlichen Praxis" in Land- und 
     Forstwirtschaft. Auch der Schutz von Vögeln an Freileitungen 
     wurde nicht an den aktuellen Stand der Technik angepasst.Die komplette Stellungnahme des NABU finden Sie hier: www.NABU.de/imperia/md/content/nabude/naturschutz/naturschutzrecht/161216_nabu-stellungnahme_bnatschg-novelle2017.pdf
Pressekontakt:
NABU-Pressestelle, Tel. 030-284984-1952/-1510, E-Mail: presse@NABU.de
Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell


