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Mittelbayerische Zeitung: In Trümmern
Der Vormarsch der IS-Miliz in Syrien und im Irak beweist das Scheitern von Obamas Anti-Terror-Strategie. Leitartikel von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Der erfolgreiche Schlag eines US-Spezialkommandos gegen die Nummer zwei des Islamischen Staats Abu Sayyaf kam wie gerufen. Das Weiße Hause präsentierte die von Präsident Obama persönlich abgesegnete Kommando-Aktion im Osten Syriens als weiteren Beleg für die Fortschritte im Kampf gegen den IS-Terror. In der Rückschau entpuppt sich die PR-Offensive vom Wochenende als klassisches Ablenkungs-Manöver. Denn während die Eilmeldungen den Tod Sayyafs verkündeten, besetzten Kämpfer des Islamischen Staats die strategisch höchst wichtige Hauptstadt der sunnitischen Anbar-Provinz in Irak, Ramadi. Nachdem die Propaganda-Nebel verzogen sind, fällt der Blick frei auf den Ernst der Lage. Der Islamische Staat konsolidiert seine Macht in Syrien und Irak, während die Amerikaner nicht viel mehr als temporäre Erfolge in Tikrit, Kobane und zuletzt mit dem Schlag gegen Abu Sayyaf vorweisen können. Tatsächlich liegt mit dem Fall Ramadis nicht nur das Zentrum der Sunniten-Provinz in Trümmern, sondern auch die von Präsident Obama verfolgte Anti-IS-Strategie. Deren Hauptdefizit besteht darin, falsche Erwartungen zu hegen und auf Partner zu setzen, die es in der Wirklichkeit nicht gibt. In Syrien übernehmen die sogenannten "moderaten" Rebellen, die gleichermaßen Diktator Assad und die ISIS bekämpfen, diese Rolle. In Irak fällt sie den "sunnitischen Stämmen" und der irakischen Armee zu. Leider fehlt es beiden Anti-IS-Gruppen an Mannstärke, Fähigkeit und Kampfeswillen, die synthetischen Träume der Experten amerikanischer Denkfabriken Realität werden zu lassen. In Ramadi liefen Angehörige der sunnitischen Stämme über zu den Glaubensbrüdern des Islamischen Staats und die irakischen Regierungstruppen davon. Wie vor fast genau einem Jahr als die zahlenmäßig unterlegenen Terrortruppen die zweitgrößte Stadt des Irak Mosul einnahmen. Obamas Strategie, sunnitischen Extremismus mit Sunniten zu bekämpfen, entspringt einer richtigen Analyse, zieht aber die falschen Schlüsse. Die paar "moderaten" Kräfte in der Region haben dem sektiererischen Hass wenig entgegenzusetzen, der Schiiten und Sunniten überall im Mittleren Osten einander an die Gurgel gehen lässt. Übrigens nicht nur in Syrien und Irak, sondern auch in vielen anderen Staaten mit signifikanten schiitischen oder sunnitischen Minderheiten. Dieser Hass wird darüber hinaus von den beiden Hegemonial-Mächten Iran und Saudi-Arabien angeheizt, die über Milizen, Stämme und extremistische Gruppen Stellvertreterkriege führen. Solange die USA nicht bereit und willens sind, mit einem massiven militärischen Kraftakt im Mittleren Osten für eine "Pax Americana" zu sorgen, können sie die Ereignisse vor Ort nur partiell beeinflussen. Für eine solche Intervention fehlt bei der Supermacht der Wille. Die USA haben aus der Invasion des Irak gelernt, dass sich historische Prozesse nicht beschleunigen oder gar überspringen lassen. Der Sturz Saddam Husseins führte nicht zu einer Demokratisierung der Region, sondern ließ die Dominos in Richtung Desintegration fallen. So leicht es fällt, Obama das Scheitern seiner Strategie zu bescheinigen, so schwer ist es, eine Alternative aufzubieten. Abermals mit Bodentruppen einzugreifen, macht die Dinge nicht besser. Angesichts der terroristischen Bedrohung durch den IS und andere Extremisten nichts zu tun, lässt sich genauso schwer vertreten. In dieser Perspektive ergibt es Sinn, auf Sicht zu fahren. Lösen lässt sich der historische Grundkonflikt in der Region damit nicht. Aber vielleicht besteht die Chance, das Schlimmste zu verhindern.

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