Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Arbeitsmarkt: Die Mär vom Mindestlohn - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Ein Mindestlohn für alle: Kann es eine ehrenwertere
und einleuchtendere politische Forderung geben als die nach 
wenigstens 7,50 Euro pro Stunde für ehrliche Arbeit? Wer wollte da 
Nein sagen?
Weil es beim Volk gut ankommt, haben sich die Strategen der SPD 
das Thema auf Wiedervorlage gelegt. Den Sozialdemokraten sind die 
Identifikationsthemen ausgegangen, erst recht, nachdem sich die CDU 
räuberisch über die Familienpolitik hermacht und Krippen-Plätze en 
masse fordert. Wozu braucht es da noch die SPD? Für den Mindestlohn 
eben. So einfach das politische Kalkül sein mag, so kompliziert und 
schwerwiegend sind die ökonomischen Folgen. Sollte es in der Tat zu 
einem flächendeckenden Mindestlohn von sieben oder 7,50 Euro in der 
Stunde kommen, wie ihn Parteichef Kurt Beck fordert, wird's duster 
auf dem Arbeitsmarkt. Letztlich würde ein solcher Markteingriff die 
hart treffen, die er vorgibt zu schützen.
Es ist ausgeschlossen, dass der Staat mit der Festsetzung des 
Mindestlohns genau den richtigen Marktpreis für Arbeit trifft. Der 
wird bislang aus gutem Grund zwischen den Tarifparteien ausgehandelt.
Was macht nun ein Arbeitgeber, der einen Mindestlohn zahlen muss, der
höher ist als die Wertschöpfung pro Stunde des Mitarbeiters 
rechtfertigt? Er kauft Maschinen und entlässt Mitarbeiter. Genau so 
ist es in Ostdeutschland geschehen, als der fatale Fehler gemacht 
worden ist, die Löhne Ost zu schnell an die Löhne West anzugleichen. 
Die Angleichung der Lebensverhältnisse war ein ebenso hehres wie 
verdrehtes Ziel. In manchen Gegenden Ostdeutschlands wie 
Westdeutschlands sind die Mieten deutlich günstiger als anderswo, das
Schnitzel mit Fritten und Salat für fünf Euro statt zehn zu haben. 
Und dennoch soll hier wie dort dasselbe auf dem Lohnzettel stehen?
Des Problems der schlecht bezahlten Jobs, der arbeitenden Armen 
kann man sich nicht entledigen, indem man es auf die Lohnhöhe 
reduziert. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe über ein anständiges
Bildungssystem, über Chancengleichheit die Menschen in die Lage zu 
versetzen, höhere Löhne zu erwirtschaften. Wenn dies nicht gelingt, 
ist es die Aufgabe der Gesellschaft, diesen Menschen das 
Existenzminimum zu garantieren. Das geschieht im Übrigen bereits 
jetzt durch das ergänzende Arbeitslosengeld. Der Staat stockt auf, 
wenn's nicht reicht - das ist der richtige Weg. Und auch ein 
würdiger. Von seiner Hände Arbeit zu leben ist immer würdiger als vom
Staat abhängig zu sein. Deshalb ist ein Lohn von fünf Euro niedrig. 
Aber unwürdig?

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 10.04.2007 – 19:38

    WAZ: Gebührenstreit in Bochum: Sackgasse - Kommentar von Christopher Onkelbach

    Essen (ots) - Streiks, Demos und Boykott-Aktionen, nichts hat die Studiengebühren aufgehalten. Auch deshalb, weil die Beteiligung meist mau blieb. Nun versuchen es einige Studenten mit einem Trick. Sie nutzen eine Klausel in der Gebührenordnung aus, nach der "gewählte Vertreter in den Organen der Hochschule, Studierendenschaft, Fachschaft" usw. von den ...

  • 09.04.2007 – 19:13

    WAZ: USA im Irak ohnmächtig: Selbstdemontage ohne Ende - Leitartikel von Hendrik Groth

    Essen (ots) - Der 11. September 2001 hat das Selbstwertgefühl der Vereinigten Staaten schwer beschädigt und ist der Beginn der politischen und moralischen Selbstdemontage der Supermacht USA. Der Krieg gegen den Irak war als Antwort auf Osama bin Laden innenpolitisch und nicht außenpolitisch motiviert und somit zum Scheitern verurteilt. Zum vierten Jahrestag ...

  • 09.04.2007 – 19:11

    WAZ: Glos will die Steuern senken: Warme Worte - Kommentar von Ulf Meinke

    Essen (ots) - Wer will das Steuergeschenk eines Ministers schon ablehnen? Aus der Seele spricht Michael Glos sicherlich vielen Menschen, die regelmäßig von rekordverdächtigen Konzerngewinnen und rasant steigenden Managergehältern hören, aber im eigenen Geldbeutel nichts davon spüren. Zumal in der nachrichtenarmen Osterzeit durfte sich der Politprofi Glos ...