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WAZ: Teurer Sprit - Politischer Preis fürs Tanken - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Ein Dialog neulich an der Zapfsäule: "78 Cent
Steuern", sagt die Dame. Die andere gegenüber schüttelt bloß den 
Kopf. "Gibt's doch nicht." Doch, gibt es. Und da sich zunehmend 
herumspricht, dass der Liter Super ohne Mineralöl-, Öko- und 
Mehrwertsteuer statt für 1,50 Euro für 60 Cent zu haben wäre, ist es 
keine Propheterie vorherzusagen: Die Spritpreise werden zunehmend zu 
einem explosiven Gemisch für die Bundesregierung.
Die Energie macht's: Nicht Rente oder Klimawandel, auch nicht der
nachlassende Aufschwung oder hohe Sozialabgaben bewegen die Bürger im
Lande D so sehr wie die steigenden Preise für Strom, Gas und Benzin. 
So jedenfalls der Befund des Allensbach Institut für Demoskopie aus 
dem Dezember 2007. 69 Prozent der Befragten gaben eine "starke 
Belastung" durch den Spritpreis an, 39 Prozent eine "sehr starke 
Belastung". Damals, vor sechs Monaten, lag der Preis für Super noch 
14 Cent unter dem heutigen Niveau. Und nach einer aktuellen 
Forsa-Umfrage würden 82 Prozent der Bürger einer Senkung der Steuern 
auf Benzin und Diesel begrüßen.
Und nun? Der Bundesfinanzminister weist das Ansinnen auf 
Steuersenkungen zurück und verweist auf den Markt. Diese Politik des 
schlanken Fußes kennt man, inzwischen aber zieht sie nicht mehr. 
Ehrlicher wäre es, wenn Steinbrück und Co. zugäben, dass der hohe 
Spritpreis politisch gewollt ist. Wie sonst ist es zu erklären, dass 
auch Angela Merkel im Wahlkampf 2005 die Reduzierung der Ökosteuer 
auf Sprit um drei Prozent gefordert hat, bisher aber nichts geschehen
ist? Obschon heute Super zehn Cent teurer ist als 2005.
Es gibt gute ökonomische Gründe dafür, ein Produkt, das endlich 
ist und noch dazu die Umwelt schädigt, zu verteuern: um die Industrie
zur Entwicklung sparsamerer Technologien zu zwingen, um eine noch 
größere Schädigung der Umwelt zu vermeiden. Und je spritschluckender 
einer fährt, desto mehr muss er bezahlen. Das ist durchaus ein 
vernünftiges System.
Allerdings trifft die Belastung der hohen Benzinpreise 
Niedrigverdiener tendenziell stärker als Besserverdiener, weil der 
Anteil der Sprit-Ausgaben am Einkommen deutlich höher ist und wächst.
Und das - mit Verlaub, Herr Steinbrück - ist natürlich bei 
Spritpreisen von 1,50 Euro und vermutlich bald darüber hinaus ein 
gewaltiges Problem. Es wäre also nur recht und billig, wenn das 
Finanzministerium die ohnehin verfassungsrechtlich fragwürdige 
Kürzung der Pendlerpauschale zurücknähme.

Pressekontakt:

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Telefon: 0201 / 804-2727
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