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Steigende Lebensmittelpreise trotz sinkender Inflation - Lebensmittelhersteller holen Gewinne nach

Hamburg (ots)

  • Lebensmittelpreise treiben Inflation in Europa und Deutschland: Sie machen fast ein Drittel der Teuerung aus (Vorjahr 21 %), in Deutschland sogar fast 40 % (Vorjahr: 20 %)
  • Rohstoff- und Energiepreise sinken, Betriebskosten der Erzeuger steigen durch Lohnkostendruck deutlich
  • Aber: Rund 10 % der Kostensteigerung in Europa können nicht durch historische Dynamik erklärt werden, sondern durch "Profit-Hunger" der Hersteller
  • Sonderfall Deutschland: Profitstreben in Deutschland etwa drei Mal so hoch und können nicht mit traditionellen Kostenreiber erklärt werden, Anzeichen für unzureichenden Wettbewerb
  • Insbesondere Hersteller verpackter Lebensmittel haben Preise deutlich erhöht, sowohl in Deutschland als auch in Europa

Obwohl die Gesamtinflation in Europa - vor allem getrieben durch den Rückgang bei der Energieinflation - zuletzt zurückgegangen ist, bleiben Lebensmittelpreise in Europa weiterhin hoch. Die Inflation bei Nahrungsmitteln, Alkohol und Tabak hat sich in Europa im Jahresvergleich sogar um 1,5 Prozentpunkten (pp) auf knapp 15 % im ersten Quartal 2023 erhöht. In Deutschland war der Anstieg im gleichen Zeitraum sogar noch stärker um mehr als 2 pp auf über

22 %. Das wird nach Einschätzung des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade auch noch eine geraume Zeit so bleiben.

"Wir gehen davon aus, dass Lebensmittelpreise noch mindestens ein weiteres Quartal hoch bleiben, bevor dann eine rasche Normalisierung einsetzt", sagt Andy Jobst, Inflationsexperte und Leiter Makro- und Kapitalmarktresearch bei Allianz Trade. "Lebensmittelpreise sind aktuell allerdings einer der Haupttreiber der Gesamtinflation. Sie machen fast ein Drittel der Teuerung aus und in Deutschland sogar über 40 % - im letzten Jahr war es noch weniger als ein Fünftel."

"Klebrige" Lebensmittelinflation in Deutschland bleibt im Schnitt über 12 % vs. 8 % in Europa

Die Teuerungsrate bei Lebensmitteln in Europa dürfte 2023 durchschnittlich 8,0 % betragen, bevor sie im nächsten Jahr deflationär wird (-3,8 %). Die Inflation bei Nahrungsmitteln ist jedoch aufgrund struktureller Faktoren von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland ist diese durch die hohe Dichte an Discountern und dem hohen Anteil an verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln wesentlich höher als beispielsweise in Frankreich, Italien oder Spanien. Sie dürfte 2023 bei durchschnittlich über 12 % bleiben. Einen langsamen Abwärtstrend sehen die Allianz Trade Experten erst ab Mitte 2024.

"Für das nächste Jahr sind die Aussichten bei der Teuerung von Lebensmittel besser", sagt Jobst. "Allerdings bedeutet das in vielen Fällen eher eine Stagnation der Preise. Durchgesetzte Preiserhöhungen werden erfahrungsgemäß nur selten zurückgenommen."

Woher kommt also die Teuerung der Lebensmittel? Die globalen Rohstoffpreise sind es schon mal nicht: Sie haben sich zuletzt deutlich abgekühlt und sind von ihren Höchstständen im Jahr 2022 stark zurückgegangen. Mais ist zwar noch etwa 30 % teurer als Anfang 2021 und Düngemittel sind weiterhin etwa 50 % teurer als noch vor ein paar Jahren, aber Weizen und Sojabohnen notieren inzwischen auf dem Niveau von 2021.

Hungrig nach Profiten - Betriebskosten erklären Preisanstieg nicht vollständig

"Tatsächlich sind die Betriebskosten der Lebensmittelproduzenten und -einzelhändler ein Grund für das wachsende Ungleichgewicht zwischen vorgelagerten Rohstoff- und nachgelagerten Lebensmittelpreisen - allerdings nicht der einzige", sagt Aurélien Duthoit, Branchenexperte bei Allianz Trade. "Wir beobachten auch, dass insbesondere Lebensmittelhersteller hungrig nach Profiten sind. Sie haben die Preise wesentlich stärker erhöht als die Einzelhändler."

Diese übermäßigen Gewinnmitnahmen der Unternehmen tragen auch einen kleinen, aber trotzdem bedeutenden Anteil zur Lebensmittelinflation im vergangenen Jahr bei. Bei den Betriebskosten waren vor allem Energiepreise der Treiber mit einem Plus im Jahr 2022 von 145 % im Vergleich zum Vorjahr beim Großhandelsstrom und +43 % beim Öl. Aber auch Verpackungsmaterial (+24 % für Glas-, +23 % für Papier-, +18 % für Metall und +16 % für Kunststoffverpackungen) fielen ins Gewicht sowie die Lohnkosten (Lohnstückkosten im Einzelhandel +5 %).

Deutschland: Profit-Hunger besonders ausgeprägt, unzureichender Wettbewerb liegt nahe

"Seit Mitte Mai 2022 können etwa 10 % der Verteuerung der Lebensmittel in Europa in unserem Inflationsmodell nicht durch die historische Dynamik, Erzeuger- und Energiepreise erklärt werden", sagt Jobst. "Das ist deutlich mehr als vor der Pandemie und dem Ukraine-Krieg. Damals lag dieser 'unerklärte Teil' bei weniger als 3 %. Noch eklatanter ist die Situation in Deutschland: Mehr als ein Drittel des jüngsten Anstiegs der Lebensmittelpreise hierzulande können nicht mit den traditionellen Risikotreibern erklärt werden. Es scheint zunehmend Anzeichen für Gewinnmitnahmen zu geben sowie unzureichenden Wettbewerb in den Bereichen mit besonders starken Preissteigerungen wie zum Beispiel bei Herstellern von Milchprodukten und Eiern aber auch bei nicht-saisonalem Gemüse und Obst."

Insbesondere Hersteller verpackter Lebensmittel erhöhen Preise deutlich

Einzelhändler haben die meisten - wenngleich nicht alle - ihrer Kosten an die Kunden weitergegeben: Allein im Jahr 2022 erhöhten die Lebensmittelproduzenten ihre Preise um +17 % (Deutschland: 18,8 %) gegenüber dem Vorjahr Lebensmitteleinzelhandel hingegen um +12 % (Deutschland: 12,6 %). Die Finanzzahlen der börsennotierten Lebensmitteleinzelhändler bestätigen, dass die Kosten Anfang 2022 schneller stiegen als der Umsatz, wobei die Bruttomargen schrumpften und unter das Niveau von vor der Pandemie fielen.

Seit dem zweiten Halbjahr 2022 wächst der Umsatz stärker als der Kostenindex. Das deutet darauf hin, dass die Unternehmen des Lebensmittelsektors Preise erhöht haben, um entgangene Gewinnspannen auszugleichen. Besonders signifikant ist dieser Trend bei den Herstellern verpackter Lebensmittel.

Die anhaltende Teuerung bei den Lebensmitteln hat auch Auswirkungen auf den Binnenkonsum.

"Wenn die Verbraucher mehr für Lebensmittel bezahlen, geben sie weniger Geld für andere Dinge aus, was eine wirtschaftliche Erholung verlangsamen könnte" sagt Jobst. "Ein weiterer Anstieg der Lebensmittelpreise um 20 % könnte zu einem Rückgang der Konsumausgaben um fast 1 Prozentpunkt führen. In Deutschland sind die Auswirkungen ähnlich und würden durchschnittlich rund 0,5 pp beim jährlichen Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kosten."

Die vollständige Studie (PDF, ENG) finden Sie hier:

https://bit.ly/41kVgZg

Allianz Trade ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft und anerkannter Spezialist für Bürgschaften und Garantien, Inkasso sowie Schutz gegen Betrug oder politische Risiken. Allianz Trade verfügt über mehr als 100 Jahre Erfahrung und bietet seinen Kunden umfassende Finanzdienstleistungen an, um sie im Liquiditäts- und Forderungsmanagement zu unterstützen. Über das unternehmenseigene Monitoring-System verfolgt und analysiert Allianz Trade täglich die Insolvenzentwicklung von mehr als 83 Millionen kleiner, mittlerer und multinationaler Unternehmen. Insgesamt umfassen die Expertenanalysen Märkte, auf die 92% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfallen. Mit dieser Expertise macht Allianz Trade den Welthandel sicherer und gibt den weltweit über 70.000 Kunden das notwendige Vertrauen in ihre Geschäfte und deren Bezahlung. Als Tochtergesellschaft der Allianz und mit einem AA-Rating von Standard & Poor's ist Allianz Trade im Schadensfall der finanzstarke Partner an der Seite seiner Kunden. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Paris ist in über 50 Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 5.500 Mitarbeiter weltweit. 2022 erwirtschaftete Allianz Trade einen Umsatz von EUR 3,3 Milliarden und versicherte weltweit Geschäftstransaktionen im Wert von EUR 1.057 Milliarden. Weitere Informationen auf www.allianz-trade.de

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Pressekontakt:

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Antje Wolters
Pressesprecherin
Telefon: +49 (0)40 8834-1033
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