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Börsen-Zeitung: David und Goliath Kommentar zum Einstieg Porsches ins automobile Massengeschäft von Claus Döring

Frankfurt (ots)

Wendelin Wiedeking liebt seit jeher das Bild vom
David, der sich gegen die Goliaths der internationalen
Automobilindustrie behauptet. Schnelligkeit und Beweglichkeit, das
heißt auf Porsche übertragen: geringe Fertigungstiefe (weniger als
20%), hohe Flexibilität mit Zulieferern, externe verlängerte
Werkbänke. Mit seinem jüngsten Wurf, der 3,5 Mrd. Euro teuren
Beteiligung an Volkswagen, hat sich Porsche bis an den Rand seiner
Möglichkeiten verausgabt. Legte der David bisher immer sehr viel Wert
darauf, noch einige Kieselsteine Vorrat in der Tasche zu haben, ist
aus der für stürmische Zeiten angesammelten Nettoliquidität von
zuletzt 2,35 Mrd. Euro eine Nettoverschuldung geworden. Wie lässt
sich eine solche Investition rechtfertigen?
Zwei Argumente bemüht der Porsche-Chef für die VW-Beteiligung:
erstens die Absicherung der gegenwärtigen und mehr noch der künftig
viel engeren Kooperation mit VW. Diese Zusammenarbeit, die angesichts
des Einkaufsvolumens bei VW von etwa einem Drittel schon eine gewisse
Abhängigkeit Porsches erkennen lässt, wäre durch eine drohende
feindliche Übernahme nach Wegfall des VW-Gesetzes angeblich
gefährdet. Zweitens die Rentabilität des Engagements aus
Dividendenrendite und Wertsteigerung der VW-Aktie. Zweifelsohne
lassen sich Szenarien denken, in denen beide Argumente stechen.
Entscheidend ist die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Eintritts
solcher Szenarien. Wenn Porsche die Beteiligung aufgrund der
behaupteten Unterbewertung der VW-Aktie als so lukrativ erachtet,
stellt sich die Frage, weshalb man nicht schon eher bei viel
niedrigeren Aktienkursen eingestiegen ist.
Der Einstieg bei einem der volumenstärksten Autobauer der Welt
lässt Porsche grundsätzlich in ganz neuem Licht erscheinen. Aus dem
Sportwagenbauer wird mit der vierten Baureihe ein Hersteller
sportlicher Premiumfahrzeuge, der zugleich ins automobile
Massengeschäft einsteigt. Nicht anders ist die künftige Rolle als
dominierender Aktionär von VW zu interpretieren, auch wenn man sich
dessen in Wolfsburg erst allmählich gewahr wird. Die Wechselwirkungen
sind nicht zu übersehen. Porsche wird in der Wahl seiner verlängerten
Werkbänke und Kooperationspartner nicht mehr so frei sein wie bisher,
VW wird die anspruchsvollen Renditeerwartungen des neuen
Großaktionärs spüren. David wird zum Goliath.

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