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Börsen-Zeitung: Monetäre Prävention geboten, Kommentar zur EZB-Geldpolitik von Christian Burckhardt

Frankfurt (ots)

Großer Zustimmung erfreut sich die Geldpolitik
der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn ihr Rat hält den Leitzins
seit Juni 2003 auf dem historischen Tief von 2% und deutet vorerst –
nach dem September- Intermezzo vorsichtiger Zinserhöhungssignale –
keine Abkehr vom expansiven Kurs an. Beifall spenden Ökonomen und
Politiker, die meinen, die EZB müsse mehr im Dienste der Konjunktur
als der Preisstabilität – ihrem Kernmandat – agieren. Ginge es nach
ihnen, sollte sie nun noch eine Schippe drauflegen: die
wachstumsdämpfende Euro-Aufwertung durch Devisenmarkteingriffe
stoppen und den Zins weiter senken. Doch der Rat muss langsam um
seine Glaubwürdigkeit bangen.
So verständlich das von Kurzfristorientierung bestimmte Interesse
vieler Marktakteure und Politiker am billigen Geld ist, so bedenklich
stimmt, wie gering die EZB die Inflationsgefahr auf mittlere bis
lange Sicht trotz gegenteiliger Beteuerung de facto schätzt. Während
die Notenbanken der USA (Fed) und anderer Länder die Wende in
Richtung auf ein neutrales Niveau 2004 vollzogen, blieb die EZB auf
expansivem Geradeaus-Kurs.
Die Folgen sind: Der Realzins liegt bei null oder weniger – weit
unter dem realen Wachstum von fast 2%, und der Geldangebotsüberschuss
steigt wie Europas Butterberg in den achtziger Jahren. Obwohl der
EZB-Rat die These vertritt, dass Inflation langfristig ein monetäres
Phänomen ist, also vom Geldangebot bestimmt wird, duldet er
ungeachtet der eigenen Warnungen das seit Mitte 2001 zu hohe
Geldmengenwachstum. Erst galt es als wenig brisant, weil von
Portfolioumschichtungen getrieben und weil die Konjunktur mau war.
Nun soll die Konjunktur nicht kräftig genug sein, um einschreiten zu
können.
Eine Zinsanhebung auf 2,50% ist unpopulär, aber es gibt dafür gute
Argumente: (1) Der Geldüberschuss erzeugt künftigen Inflationsdruck
bei den Verbraucher- und/oder Vermögenspreisen. In letzterem Fall
droht eine spekulative Preisblase, deren Platzen eine Finanzmarkt-
und Konjunkturkrise auslösen kann. (2) Je länger die Phase des
Niedrigzinses, der einer Subvention ähnelt, dauert, desto schwerer
fällt der Wirtschaft die Anpassung an höhere Zinsen. (3) Die
Geldpolitik wirkt mit etwa zwei Jahren Verzögerung, das verlangt
frühes Handeln. (4) Eine Zinskorrektur würgt nicht den Aufschwung ab.
(5) Das Image der EZB als strenger Geldwerthüterin hat gelitten.
Ihren Warnungen vor monetären Risiken müssen Taten folgen. Geboten
ist ein Kurs der dosierten Prävention wie jener der Fed im Sinne
einer weitsichtigen Geld- und Finanzstabilitätspolitik. Wehret den
Anfängen ist ein Prinzip, das gerade die unabhängige Geldpolitik
beherzigen sollte.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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