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Börsen-Zeitung: EZB-Prognosen revidieren! Kommentar zur Inflation und zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Die Volkswirte der Banken können ihre
EZB-Zinsprognosen getrost in die Tonne treten. Angesichts der für die
Geldpolitik relevanten Daten, die gestern veröffentlicht 
beziehungsweise bekannt wurden, ist eine Zinssenkung in der Eurozone 
in weite Ferne gerückt. Die Inflationsrate im Euroraum springt im 
März auf 3,5%, der öffentliche Dienst in Deutschland, das ein Drittel
der Wirtschaftsleistung sowie der Inflation der Eurozone 
repräsentiert, bekommt um 5,1% höhere Entgelte und die Kreditvergabe 
an Unternehmen expandiert auf Rekordniveau. Unterdessen rechnet der 
Konsens der europäischen Volkswirte damit, dass die Europäische 
Zentralbank (EZB) im zweiten Halbjahr den Leitzins zweimal senken 
wird. Daraus wird aber nichts.
Zwar werden die inflationsrelevanten Lohnkosten im öffentlichen 
Dienst nicht in dem Maße steigen, wie die Monatsverdienste anziehen, 
da die Gewerkschaften offenbar längere Arbeitszeiten akzeptieren und 
Pauschalzahlungen Teil des Paktes sind. Realistisch ist daher, dass 
die durchschnittlichen Stundenentgelte in diesem Jahr um etwa 4½% und
um 1% im nächsten Jahr steigen werden. Dass diese Zuwächse dem 
Produktivitätsfortschritt - dem inflationsneutralen Wert - 
entsprechen, darf getrost bezweifelt werden.
Hinzu kommt, dass die Inflationsrate mit 3,5% inzwischen ein so 
hohes Niveau erreicht hat, dass auch der sanftesten Taube das Gurren 
im Halse stecken bleibt. Zur Erinnerung: Die Zielmarke der EZB liegt 
knapp unter 2%.
Das hartnäckige Argument der Tauben - also der Geldpolitiker, die 
eine strukturelle Tendenz zu Zinssenkung aufweisen - besagt, dass die
Inflationsrate im Jahresverlauf zurückgeht und 2009 wieder unter 2% 
sinkt. Die sich abschwächende Konjunktur und die globale Finanzkrise 
würden den Sonderfaktoren Energie und Lebensmittel, die derzeit die 
Inflation über Gebühr beschleunigen, demnächst den Garaus machen. 
Nur: Es zeichnet sich weder bei den konjunkturellen Daten noch bei 
der Kreditvergabe ein Szenario ab, das vermuten ließe, dass die 
Wirtschaft im Euroraum demnächst so rasant den Bach runtergeht, dass 
die Inflationsrate um 1,5 Prozentpunkte fallen könnte. In dieser 
Gemengelage kann, darf und soll die EZB den Leitzins nicht senken. 
Daran wird sich in diesem Jahr nichts mehr ändern. Volkswirte, es 
wird Zeit, die Zinsprognosen zu überarbeiten.

Pressekontakt:

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Telefon: 069--2732-0

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